René Benkos Signa-Pleite gleicht langsam einer Soap-Opera. Jede Woche werden wir mit noch mehr Details über den ach so charismatischen Tiroler gefüttert, der letztlich nicht mehr ist als ein Hochstapler, vielleicht auch ein Betrüger. Letzte Woche publizierte der «Spiegel» einen Artikel, in welchem René Benkos Umgang mit Geschäftspartnern und sein Habitus nochmals detailliert beschrieben werden.
Die Gastautorin
Karin Kofler ist Geschäftsführerin der Zuger Wirtschaftskammer und freischaffende Publizistin.
Dabei tönt das Nachrichtenmagazin in seiner Geschichte einen weiteren interessanten Aspekt der Causa Benko an: Dass das Spiel des Selfmademans nur funktioniert hat, weil sein groteskes Protzgehabe bei seiner Gefolgschaft – erfolgreichen Geschäftsmännern in fortgeschrittenem Alter – offenkundig nicht dasselbe Befremden ausgelöst hat wie bei Frauen. Es ist zumindest bemerkenswert, dass die eine oder andere Gattin dem Wirtschaftswunderkind kritischer gegenüberstand als der Ehemann. «Ein Aufschneider, ein unfassbarer Angeber», zitiert ein Investor die warnenden Worte seiner Frau. «Was willst du mit dem Buberl», meinte sie abschätzig.
Privatjet, Zigarren, Jagd, teure Bordeauxweine: René Benkos Art des Geschäftens wirkt wie aus der Zeit gefallen. Und doch wurde sie von seiner vorwiegend männlichen Entourage toleriert, ja vom einen oder anderen sogar unverhohlen bewundert. Das «Buberl» habe etwa versucht, Fressnapf-Gründer Torsten Toeller mit einem Helikopter zu beeindrucken, den er ihm wegen eines Bänderrisses entgegenschickte. Andere lud Benko zur Jagd ein oder liess sie über eine Nachahmung der berühmten Grotte von Capri in seinem Tiroler Privathaus staunen. Der gefallene Immobilienmilliardär setzte auf plumpe männliche Inszenierung. Man habe dem jungen Benko das neureiche Gehabe gegönnt, sagt ein Investor lapidar.
Gönnen kann man ihm es – misstrauisch machen müsste es allemal. Das Tolerieren dieses Geschäftsgebarens erinnert unangenehm an die Causa Pierin Vincenz, wo regelmässige Puffbesuche und exzessive Spesenritte jahrelang auch als «Business as usual» verkauft und in einer Art Fraternisierung von anderen gedeckt oder abgesegnet wurden. Auch da rieb sich Frau verwundert die Augen. Wird so im 21. Jahrhundert wirklich noch geschäftet?
«Das Chefbüro wirkt heute als Bühne für die Unternehmenswerte. Es kann sowohl zur Inszenierung von Wunschwerten dienen als auch über die tatsächlich gelebten Werte Auskunft geben», schrieb das Fachmagazin «Psychologie heute» kürzlich. Wer in Benkos opulentem Office im noblen Palais Harrach in Wien ein- und ausgegangen ist, hätte sich schon mal ein paar Gedanken machen müssen. Stattdessen attestierten ihm seine Geschäftspartner anerkennend eine «Riesenklappe, aber super Deals» (so ein Investor).
Genau diese eindimensionale, männliche Sicht aufs Business stört Frauen und ist immer noch weit verbreitet. Dass sie misstrauischer sind, mehr hinterfragen und risikoaverser sind, ist erforscht. Dass sie Aufschneidern und Selbstinszenierern kritischer gegenüberstehen, kann ich aus meiner Erfahrung bestätigen. Der Fall Benko zeigt indes, dass dieser Typus bei einigen Entscheidungsträgern leider immer noch hohes Vertrauen geniesst, obwohl in der Wirtschaft alles von «Werten» spricht. Das ist bedauerlich. Die Herren im Signa-Sumpf hätten besser auf ihre Ehefrauen gehört.
4 Kommentare
@peergynt: Diese männliche Potenz und Ego-Show einzelner Protagonisten hat in der Wirtschaft schon viel Schaden angerichtet. Dabei spricht alles von nachhaltigem Wirtschaften. Ich wollte in dem Artikel sagen, dass es Zeit ist, andere Bewertungsmassstäbe amzuwenden als die beschriebenen männlichen.
Die Geschichte könnte ein Roman von Friedrich Dürrenmatt sein. Dieser hätte seinem Protagonisten in Anlehnung an dessen Widersacher «Bänker» eher wie nicht den Namen «Benko» gegeben, auch um damit anzudeuten, dass die Genome der beiden sich nicht ein Jota unterscheiden. Benko hat das Credo jeder erfolgreichen Bankverbindung schnell begriffen, dass er nicht bei Nötzli einen Kreditantrag stellen, sondern beim gemeinsamen «Hole in one» dem VR Notz beiläufig von den phänomenalen Renditeerwartungen seiner Projekte erzählen muss. Die reale Selbstinszenierung Benkos übertrifft alles, was in der dramaturgischen Umsetzung des Romans möglich gewesen wäre. Sich in deren Glanz zu sonnen, war den Bankern ein paar hundert Millionen wert. Die Beantwortung der Grundfrage, wer in seinem Roman der wahre Held, wer der Täuscher und wer der Getäuschte sei, überliesse Dürrematt wohl dem Leser. Auch im wahren Leben ist sie nicht einfach zu beantworten…
Ich weiss nicht, ob der Artikel ein 1 April Scherz ist oder nicht. Wenn er denn nur zu 50% stimmen würde, dann müssten wir vor ca. 3/4 der hohen Managerkaste Angst bekommen. Denn alle die hier, auch in diesem Medium, immer wieder beschrieben werden, gehören doch genau zu dieser Art von CEO.
Na, der Artikel stimmt nicht etwa nur zu 50 sondern zu 100%.
Es ist schon seit hunderten von Jahren immer eine Schaustellung männlicher Potenz, die mit Verblendung, Ausgrenzung, Arroganz und Ausbeutung die Wirtschaft in der gesamten Welt dominiert...wie dieses Wort schon offensichtlich zeigt.
Und wenn die Potenz dann mal nachlässt, heißt es schönredend "burn-out" und nicht etwa Impotenz.
Auch die treffende Analyse eines Karl Marx fusst auf diesem Prinzip, in dem der durch Arbeitspotenz geschaffene Mehrwert nur von Einigen abgeschöpft, daß heißt übersetzt, ausgebeute(l)t wird. Also business as usual...um auch noch die Schwächsten "verwerten" zu können, werden diese fleißig "inkludiert und die, die dieses Grundprinzip angreifen, werden ausgeschlossen oder weggesperrt, wenn nicht abgeschoben...oder wie vor gut 2000 Jahren ans Kreuz geschlagen.
Ihnen noch Alles Gute für die kommende Fröhliche Feierzeit bis zur Erleuchtung auch Ihres Geistes zu Pfingsten....