Was erhoffen sich Firmen eigentlich, die ihre Mitarbeitenden mit Drohungen und Lockangeboten aus dem Homeoffice ziehen wollen? Beispiel Google: Dort kursiert ein Lohnrechner, der Mitarbeitenden Kürzungen von bis zu 25 Prozent prognostiziert, wenn sie es wagen, auf Dauer im Homeoffice und dazu in einer günstigeren Nachbarschaft zu bleiben.
Zur Erinnerung: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Softwarekonzerns sind die wohl begehrtesten Arbeitskräfte der Welt. Sie können ihre Bedingungen jedem anderen Arbeitgeber diktieren und werden sich von einem Lohnrechner sicher nicht von einem Lebensstil abbringen lassen, der für sie nachhaltiger ist.
Homeoffice-Arbeitende sind Misstrauen und Unterstellungen gewohnt
Beispiel Goldman Sachs: Am Londoner Standort wird die Kantine zum Gourmettempel hochgerüstet. An Tagen mit wenig Mitarbeitenden im Büro wird ein Drei-Gang-Menu kredenzt. Das soll die Mitarbeitenden zurück an den Standort locken. Aber welcher hoch bezahlte Banker wird wirklich sein neues Lebensmodell über Bord werfen, nur weil er in der City mittags eine Krabbe auf den Teller bekommt?
Die Sticheleien gegen das Homeoffice haben Konjunktur und kommen überraschend oft von jenen Firmen, die man gerne als Vorreiter einer neuen Arbeitswelt sieht. Grosse Tech-Konzerne, die sich daran stören, dass ihre Mitarbeitenden die heiligen Hallen des Grossraumbüros und die superteuren Campus-Anlagen nicht mehr betreten wollen.
Für Homeoffice-Arbeitende sind Misstrauen und Unterstellungen nicht neu. Vor Corona war ihr Arbeitsmodell als Spleen einer privilegierten Minderheit verschrien. Seit dem Beginn der Pandemie gibt es immer absurdere Attacken auf das Modell, das Millionen Angestellte langfristig behalten wollen.
Tiefpunkt des Homeoffice-Bashings ist das Papier eines Deutsche-Bank-Analysten, der eine Strafsteuer für Heimarbeiter und Heimarbeiterinnen fordert, weil sie keinen Kaffee in den Innenstädten trinken. Etwa 10 Franken pro Homeoffice-Tag sollten sie in die Staatskasse geben und damit unter anderem die serbelnde Gastronomie subventionieren.
Nicht einmal Apple kann alle ins Büro zwingen
Klar, viele Firmen wie Helsana, Axa oder Novartis haben ohne viel Tamtam gute Homeoffice-Modelle eingeführt. Die Debatte dominieren aber Chefs, die schrille Rückkehrbefehle ausgeben.
Dabei schafft es nicht einmal die wertvollste Firma der Welt, Apple, ihre Mitarbeitenden zurück ins Büro zu zwingen. Apple-Boss Tim Cook fordert bekanntlich drei Tage Büropräsenzpflicht pro Woche. In einem offenen Brief kritisierten Angestellte diese Pläne und kündigten an, dass viele deshalb «ihre Zukunft bei Apple überdenken werden».
Prompt kam es zu einer Kündigungswelle, die der Apple-Insider und Bloomberg-Journalist Mark Gurman auch den starren Homeoffice-Regeln zuschreibt.
Die Mentalität vieler Angestellter hat sich verändert. Viele Büros werden für immer leer bleiben. Das kann man mit schrillen Tönen bekämpfen. Aber ändern wird man es wohl nicht mehr.