Absolute Kontrolle über den eigenen beruflichen Werdegang haben – das wünscht sich praktisch jede Person, die nicht selbst Chefin oder Chef ist. Der neue Karrieretrend «Managing Up», der gerade auf der sozialen Medienplattform X (früher Twitter) kursiert, verspricht nun, diesen Wunsch zu erfüllen.
Bei «Managing Up» geht es darum, strategisch eine gute Beziehung zum eigenen Vorgesetzten aufzubauen. Durch das «Führen von unten» sollen Mitarbeitende dem Chef oder der Chefin die eigenen Führungsqualitäten unter Beweis stellen und durch offene Kommunikation und proaktive Zusammenarbeit dazu bringen, mehr auf die eigenen Bedürfnisse – wie beispielsweise die berufliche Weiterentwicklung – einzugehen.
Also soll der Chef zum Freund werden? Nein, meint Linkedin Karriereexpertin Gaby Wasensteiner: «Grundsätzlich schadet es natürlich nicht, eine gute Beziehung zur eigenen Führungskraft zu haben», sagt sie, «Aber es gehört nicht zu den Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihre Vorgesetzten zu führen.»
Karriere-Expertin Gaby Wasensteiner
Gaby Wasensteiner ist als Senior Brand Manager bei Linkedin verantwortlich für den Markenaufbau. Sie hat Japanologie studiert und sich eine Expertise im Bereich Brand Marketing, Event Management und Strategische Partnerschaften aufgebaut.
Statt die Führungsverantwortung zu übernehmen, die eigentlich nicht ins eigene Aufgabenfeld gehört, sollte man die eigenen Bedürfnisse und Herausforderungen klar kommunizieren. Auch ohne «Managing Up» kann berufliche Zufriedenheit und Weiterentwicklung erreicht werden. Gaby Wasensteiner gibt vier Tipps, wie das gehen kann:
1. Zeigen Sie Ihre Qualitäten, statt den Chef zu führen
Auf den ersten Blick mag «Führen von unten» wie die richtige Herangehensweise klingen, um Ihr Führungspotenzial unter Beweis zu stellen. Dass Sie dadurch aber tatsächlich den beruflichen Aufstieg beschleunigen können, ist zu bezweifeln.
Suchen Sie sich lieber Projekte, bei denen Sie Verantwortung übernehmen können, und schreiben Sie sich die kleinen und die grossen beruflichen Erfolge auf. Steht das nächste Personalgespräch an, können Sie damit punkten – ganz ohne den Chef oder die Chefin managen zu müssen.
2. Sprechen Sie offen über Ihre Bedürfnisse
Der einzige Weg, Probleme und Herausforderungen im Job anzugehen, ist, darüber zu sprechen. Im Gespräch sollten Sie nicht nur an die negativen Auswirkungen des Problems denken, sondern die positiven ins Zentrum rücken. Und sich fragen: Was sind die Veränderungen für Sie selbst und für das Unternehmen?
Solche klaren Vorstellungen können Ihnen dabei helfen, eine Balance zwischen den eigenen Bedürfnissen und den Anforderungen im Job zu finden.
3. Stellen Sie selbst die Weichen
Die Methode des «Managing Up» wird grösstenteils aus einem Grund angewendet: wegen eines unerfüllten Veränderungswunsches. Geht Ihre Chefin oder Ihr Chef nicht auf diesen ein, können Sie es aber auch selbst in die Hand nehmen.
Das können Sie tun, indem Sie sich beispielsweise einer neuen Aufgabe annehmen, die nicht in Ihr normales Aufgabengebiet fällt. Oder indem Sie in eine andere Abteilung wechseln.
Fehlen Ihnen die nötigen Fähigkeiten dazu, sind digitale Lernplattformen die erste Anlaufstelle. Damit können Sie sich von überall aus – von zu Hause, einer Bibliothek, einem Café – weiterbilden, dazulernen und weiterentwickeln. Und die neuen Fähigkeiten in Ihrem Job anwenden.
4. Wissen, wann es Zeit für etwas Neues ist
Zeit, sich nach einer neuen Stelle umzusehen? Dafür ist es an der Zeit, wenn Sie keine Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven im Job sehen und sich nicht mehr glücklich fühlen. Doch überstürzen müssen Sie nichts. Am besten halten Sie nebenbei nach offenen Stellen Ausschau und bewerben sich bei demjenigen Arbeitgeber, der potenziell zu Ihren Werten passt.