Es passt irgendwie nicht ins Bild, das uns täglich vorgebetet wird, von Medien wie auf Management-Foren: Die Leitungsgremien der grossen Banken werden mit langjährigen Profis aus der Branche bestückt; mit Figuren, die man andernorts ja gern als «Old White Men» abserviert. Es sind Branchenexperten, deren Leistungsausweis nicht spektakulär oder glamourös ist, sondern lang und breit: Erfahrung, das ist offenbar der gesuchte Wert. Und Alter ist kein Nachteil.
Vorbei die Zeit, als Branchenfremde – etwa aus dem Silicon Valley oder aus einer Hochschule – gefragt waren. Am bevorstehenden Wechsel im UBS-Präsidium zeigt es sich: Neuer VR-Präsident wird mit Colm Kelleher ein Banker, 64 Jahre alt, der die globale Finanzwelt aus dem Effeff kennt. 2019 wurde er pensioniert, davor arbeitete in über dreissig Jahren in den USA, in Europa und in Asien. Er löst bei der UBS Präsident Axel Weber ab, einen Intellektuellen, ehemaligen Notenbanker und Volkswirtschaftsprofessor; zweifellos ein Brain der Sonderklasse, aber bei Amtsantritt ohne jede Erfahrung aus den Niederungen einer internationalen Privatbank.
Und auch Lukas Gähwiler, der das Vize-Präsidium bei der UBS übernehmen soll, hat 40 Jahre auf dem Buckel und ist ein vielseitiger Banker, der seine Karriere in den 1980er Jahren bei der St. Galler Kantonalbank lancierte.
58 Dienstjahre im Banking
Derselbe Shift bei der Credit Suisse: Urs Rohner, ehemaliger Medienmanager und Wirtschaftsanwalt wurde diesen Frühling durch den Portugiesen António Horta-Osório abgelöst, der 30 Jahre im Banking unterwegs ist, unter anderem eine Investmentbank leitete oder die britische Lloyds Bank wieder auf Erfolgskurs brachte. Er hat zwei neue Verwaltungsräte berufen, Ulrich Körner und Juan Colombas; gemeinsam bringen die beiden geschlagene 58 Dienstjahre im Banking auf die Waage.
Vorbei die Zeit bei der Credit Suisse, in der AI-Vordenker oder Volkswirtschaftsprofessorinnen berufen wurden. Dieses Rekrutierungsmuster zeigt sich im Risikomanagement der Grossbank. Lara Warner, eine ehemalige Aktienanalystin, die gerade mal 5 Jahre in Compliance und Risikomanagement arbeitete, musste nach der Archegos- und der Greensill-Affäre die Credit Suisse verlassen. Ihr folgt demnächst David Wildermuth nach, ein Riskokmanagement-Profi von Goldman Sachs. Seine Erfahrung in der für die Grossbank künftigen zentralen Funktion: 35 Jahre.
Die Beispiele zeigen: Im globalen Banking mit seinem Gestrüpp von Regulatorien und vielfältigen Risiken bleiben die alten Hasen als sicherer Wert – Personen also, welche das Geschäft von den Niederungen her kennen und sich durch das Alltagsgeschäft hochgearbeitet haben.
Die Deutsche Bank meldete am Freitag, dass Alexander Wynaendts das Aufsichtsrats-Präsidium übernehmen soll, 61 Jahre alt und pensionierter Allfinanz-Manager: Er hatte seine Karriere bei ABN und insbesondere beim Lebensversicherungs-Konzern Aegon absolviert. Dass Raiffeisen nach dem HSG-Professor Johannes Rüegg-Stürm wieder auf Vollblut- und Vollzeit-Banker setzte – jetzt mit dem neuen Verwaltungsratspräsidenten Thomas Müller: Auch das ist ein Zeichen dieser Normalität alter Schule.