Die Tage in den USA sind turbulent: Das vereitelte Attentat auf Präsidentschaftskandidat Donald Trump am Wochenende ist ein Gamechanger im Rennen ums Weisse Haus. Und die Diskussionen um Joe Bidens Gesundheitszustand werden mit Sicherheit nicht von der Agenda verschwinden.

Seine bis dato hartnäckige Weigerung, sich aus dem Rennen zu nehmen, rückt für mich die Frage ins Zentrum, ob Ehefrau und Familie wirklich immer die besten Beraterinnen sind in Jobfragen. Joe Bidens Gattin Jill, so war dieser Tage zu lesen, soll grossen Einfluss auf ihren Ehemann haben. «Sie ist der ausschlaggebende, wenn nicht sogar der einzige Player», wird eine Vertrauensperson in der «Washington Post» zitiert. Doch bis dato, so scheint es, steht Mrs Biden felsenfest hinter Joe. Ja, sie vertritt sogar die Meinung, dass nur ihr Göttergatte den Sieg von Donald Trump verhindern könne. Die NZZ sieht diese «berührende Loyalität» der First Lady zu Recht zwiespältig: «Inzwischen stellt sich die Frage, ob Jill Biden ihrem Gatten mit dieser bedingungslosen Unterstützung nicht einen Bärendienst erweist.»

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Die Gastautorin

Karin Kofler ist Geschäftsführerin der Zuger Wirtschaftskammer und freischaffende Publizistin.

Die eigene Frau als engste Beraterin: Auch Topmanager erwähnen zuweilen, dass sie in Businessfragen gerne ihre Liebste konsultieren. Das ist nachvollziehbar: Je weiter es im Karrierelift nach oben geht, desto einsamer wird es – ein paar wenige Vertrauenspersonen zu haben, ist zentral. Aus der Wissenschaft gibt es Indizien, dass CEOs in ihren Entscheidungen sogar auch indirekt von ihren Gattinnen beeinflusst werden. So zeigt beispielsweise eine Studie, die im «Journal of Corporate Finance» publiziert wurde, dass sich das Risikoverhalten von Ehefrauen auf das geschäftliche Risikoverhalten von CEOs auswirkt.

Das Ehepaar als verschworene Einheit – was sympathisch klingt, kann im beruflichen Kontext zum Problem werden, weil Partnerinnen und Partner eben nicht immer das Korrektiv sind, das es in kritischen Situationen braucht. Objektiv sind sie schon gar nicht. In einer langjährigen Ehe (die Bidens sind seit 1977 verheiratet) und mit zunehmendem Alter gleichen sich Paare stärker an. Teilweise schützen und decken sie nach aussen die Defizite des anderen. Wissenschaftler haben zudem herausgefunden, dass ältere, schon länger verheiratete Paare im Vergleich zu jüngeren dazu neigen, Probleme, die sie besonders beschäftigen, weniger anzusprechen – dass bei ihnen also häufig eine Art Verdrängungsmechanismus am Werk ist. 

Gut möglich also, dass Jill Biden die Leistungsfähigkeit des US-Präsidenten aus der Innensicht einer jahrzehntelangen Ehe tatsächlich positiver bewertet als die meisten anderen, die seine Aussetzer miterlebt haben. Nur so ist für mich erklärbar, dass sie ihren betagten Mann nicht zu einem Rückzug überredet und so verhindert, dass eine grosse Politfigur sich am Ende noch selber demontiert. Besser noch hätte sie ihn gar nicht erst zu einer zweiten Amtszeit antreten lassen. Risikofaktor Ehefrau – das Schicksal der Welt hängt gerade von Jill Biden ab.