Nachhaltigkeit ist heute in aller Munde, doch ihre Definition ist von Person zu Person und von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich. Nicht alle teilen die gleiche Wahrnehmung angesichts der Verknappung der Ressourcen, des Klimawandels oder der demografischen und gesellschaftlichen Umwälzungen. Die 17 Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und die Umsetzung des Pariser Abkommens stellen viele Managerinnen und Manager vor grosse Herausforderungen.

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Um diese Herausforderungen zu meistern, hat der Verband Swiss Leaders in Zusammenarbeit mit Sanu Future Learning einen achttägigen Zertifikatslehrgang eingeführt. Er ist Teil des europäischen Projekts «Sustainable Leaders». Das Programm ist dicht und gibt innerhalb weniger Monate allen Managerinnen und Managern das notwendige Handwerk, «um die wichtigsten relevanten Auswirkungen, die die Organisation auf das gesamte Ökosystem der Stakeholder erzeugt, zu identifizieren und die Fähigkeit zu entwickeln, zwischen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Risiken zu unterscheiden», erklärt Claire-Lise Rimaz, Co-Direktorin von Swiss Leaders.

Eine Herausforderung, die von der Geschäftsleitung verkörpert wird

Der Kurs trifft auf grosse Nachfrage, denn Nachhaltigkeit bedeutet heute mehr als die Installation von Solarzellen oder die Subventionierung des Kaufs von Elektrofahrrädern. Marc Münster, Co-Geschäftsführer von Sanu, sagt: «Wir konzentrieren uns zu oft auf bestimmte technische Elemente. Ein Unternehmen nachhaltig zu führen, bedeutet, die drei Säulen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt zu berücksichtigen – auch mit den starken Antagonismen, die sich daraus ergeben können.»

Das sei nicht immer einfach, und nur an der Spitze könne der Stein ins Rollen gebracht werden: «Heute haben die Unternehmen bestenfalls einen Nachhaltigkeitsbeauftragten. Oder delegieren diese Aufgabe an ein externes Beratungsbüro», so Marc Münster. «Doch genau wie die Personalabteilung vor einigen Jahren muss Nachhaltigkeit zu einem strategischen Thema werden, das von der Geschäftsleitung verkörpert wird.»

Diese Meinung teilt auch Christian Petit, CEO von Romande Energie, der am ersten Barometer für nachhaltige Führung teilgenommen hat. «Die Qualitäten eines nachhaltigen Managers? Er muss sich persönlich von diesen Herausforderungen betroffen fühlen, die in seinen Alltag auf der gleichen Ebene wie die wirtschaftlichen Belange integriert sind.» Das bedinge, dass ein Manager sich bei all seinen Initiativen und Entscheidungen frage, wie er den ökologischen Fussabdruck seiner Tätigkeit verringern könne. «Dies geschieht durch die Auswahl und Selektion von Lieferanten und Materialien, durch die vollständige Analyse des Lebenszyklus der Produkte, die er herstellt oder vertreibt, durch die Mobilitätslösungen, die von seinen Teams und Logistikpartnern genutzt werden und so weiter», so Petit. Damit das aber gelingt, bedarf es neuer Kompetenzen sowie der Bereitschaft, sich weiterzubilden und zu verstehen, wie sich die eigene Tätigkeit auf die Umwelt auswirkt.

Leadership-Barometer

Rund 220 Personen haben auf das erste Barometer für nachhaltige Führung geantwortet, das von der Vereinigung Swiss Leader, B Lab Schweiz und Sanu durchgeführt wurde. Daraus geht hervor, dass die Mehrheit der befragten Schweizer Führungskräfte der Meinung ist, dass sie eine Führung praktizieren, bei der die Angestellten in die Entscheidungen einbezogen werden. «Hingegen besteht in den Bereichen Handeln und Engagement gegenüber externen Stakeholdern noch Raum für Verbesserungen», wird im Bericht festgestellt.

Weitere Informationen unter sustainableleaders.ch.

Schulung in nachhaltiger Führung

Zu den Teilnehmenden des Leadership-Trainings, das in der ersten Hälfte dieses Jahres stattfand, gehörte auch Debora Akinci-Lopez, Mitglied der Geschäftsleitung von Corpus Architecture Urbanisme, die in Genf rund dreissig Mitarbeitende beschäftigt. Akinci-Lopez kommt aus dem HR-Bereich und hat sich mit der Entwicklung eines Modells für nachhaltige Unternehmensführung befasst. «Im Bauwesen sind wir in Sachen Nachhaltigkeit an vorderster Front, und es gibt zahlreiche Labels wie etwa ‹Minergie›. Um diese Strategie umzusetzen, muss man sie auch in der Führung verkörpern können.»

Zu diesem Zweck hat die Geschäftsführerin eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Diese soll das Geschäftsmodell neu definieren und dabei die Unternehmenskultur sowie Massnahmen zur Verbesserung der Bereiche, die sich auf die Nachhaltigkeit auswirken – etwa Unternehmensführung, Mitarbeitende, Kundinnen oder Umwelt – miteinbeziehen. Mit im Boot ist der Verwaltungsrat, der alles bestätigt. Dabei wird Akinci-Lopez von zwei Kollegen begleitet, die ebenfalls Weiterbildungen – in nachhaltigem Bauen und Digitaltechnik – absolviert haben. Zu den bereits getroffenen Entscheidungen gehört eine B-Corp-Zertifizierung, für die bereits im Frühjahr ein Self-Assessment eingeleitet worden war. «Dieser Prozess wird einen wichtigen Schritt beinhalten, nämlich die Statuten des Unternehmens zu ändern, um die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt unserer Identität zu stellen», so Debora Akinci-Lopez.

Nachhaltig führen und gestalten

Der Verband Swiss Leaders bietet gemeinsam mit Sanu Future Learning den Kurs «Nachhaltig führen und gestalten» an. Es geht hier darum, dass Nachhaltigkeit im Unternehmen verankert wird und vom Schlagwort zu effektiver Tat wird. Der Kurs startet im Februar 2024.

Mehr Informationen finden sich hier.

 

Auch Baptiste Constantin, Direktor von Nendaz Tourisme, nahm am Kurs teil. Gerade im Tourismus beschäftigt ihn das Thema Nachhaltigkeit. Der ausgebildete Ökonom, der sich als «Kind von Nendaz» bezeichnet, muss für seine Branche die Herausforderung der Nachhaltigkeit annehmen, indem er das richtige Gleichgewicht zwischen dem lokalen Leben und den Touristenströmen findet. «Der Begriff der nachhaltigen Führung ist völlig neu», stellt er fest. «Man berücksichtigt die Interessen von zahlreichen Beteiligten auf partizipative Weise und versucht, sowohl die Wirtschaft der Gemeinde und der 7000 ganzjährigen Einwohnerinnen und Einwohner als auch die touristischen Aktivitäten und ihre Auswirkungen auf die Umwelt in Einklang zu bringen.»

Luc Zamparo, geschäftsführender Gesellschafter und Leiter der Infrastrukturabteilung von Biogen, betont, wie wichtig es ist, auf höchster Ebene des Unternehmens zu handeln. «Sobald man eine Position mit einem gewissen Einfluss hat, sind die Auswirkungen auf die Umwelt grösser als auf individueller Ebene. Ich arbeite in einem sehr internationalen Unternehmen mit 37 verschiedenen Nationalitäten und unterschiedlichen Sensibilitätsgraden in Bezug auf Nachhaltigkeit.»

Im Anschluss an seine Ausbildung konnte der Maschinenbauingenieur die Geschäftsleitung des Pharmaunternehmens, das in Luterbach SO rund 600 Mitarbeitende beschäftigt, davon überzeugen, eine Gruppe zu gründen, die die Umweltauswirkungen verschiedener technischer Anlagen wie Belüftung und Warm-Kalt-Systeme oder den Wasserverbrauch messen soll. «Wir beginnen mit dem Einfachsten, nämlich der Senkung unseres Energieverbrauchs, wobei die beste Energie diejenige ist, die wir nicht verbrauchen», erklärt Luc Zamparo. «Wenn wir das geschafft haben, schauen wir uns an, was wir verbessern können, vor allem in Bezug auf Energieverluste – und schliesslich, als letzten Schritt, beginnen wir unseren Wandel hin zu erneuerbaren Energien.»

Dieser Artikel erschien zuerst bei «PME» unter dem Titel «Quand la durabilité s’incarne au sommet de la hiérarchie».