Die Tochter stöbert im Schmuckkästchen und stellt zufrieden fest: «Ich bin das einzige Mädchen in der Familie, also werde ich einmal deinen ganzen Schmuck erben.» Makaber und aufgeweckt in einem Atemzug – das können nur Teenager. Tatsächlich ist das Thema Erben für junge Frauen bedeutender, als sie denkt. Denn wir befinden uns am Beginn des «Great Wealth Transfer». In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird es den grössten Vermögenstransfer der Geschichte geben. Weltweit werden die Babyboomer der nächsten Generation einen zweistelligen Billionenbetrag vererben. Von dieser gigantischen Geldverschiebung könnten Frauen deutlich mehr profitieren als Männer. Das wiederum hätte grosse Auswirkungen auf unsere Gesellschaft.

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Die Investmentplattform Ellevest führte dazu im Februar eine Umfrage unter mehr als 2000 Frauen in den USA durch. 45 Prozent der Befragten haben bereits eine Erbschaft erhalten oder rechnen mit einer. Im Durchschnitt beträgt dieser Geldsegen 300'000 Dollar – für die meisten der Frauen eine substanzielle Summe. Zudem gaben mehr als 70 Prozent der Studienteilnehmerinnen an, dass sie in der Lage sein würden, selbst ein Erbe zu hinterlassen.

Für Ellevest-Gründerin und -CEO Sallie Krawcheck ein Zeichen dafür, dass schon die Aussicht auf ein Erbe Frauen mehr finanzielles Selbstbewusstsein verleiht. Bisher war man davon ausgegangen, dass Frauen weniger Vermögen besitzen, weil sie weniger Selbstvertrauen im Umgang mit Geld haben – doch wahrscheinlich ist genau das Gegenteil wahr: Der bestehende Vermögens-Gap selbst verursacht das mangelnde Selbstvertrauen. Eine wohlhabende weibliche Bevölkerung würde somit zu grossen Veränderungen führen. Laut Krawcheck unterstützen Frauen eher Wohltätigkeitsorganisationen. Diese würden profitieren. Die Studie brachte noch eine weitere überraschende Erkenntnis zutage: 25 Prozent der Frauen gaben an, ihren Partner wahrscheinlich zu verlassen, sobald sie den Geldsegen erhalten haben.

Mit einem silbernen Armband am Handgelenk schlendert die Tochter aus dem Zimmer. Man hört noch: «Kann ich mir das mal leihen?»

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