Gold ist unter Anlegern umstritten. Ist Gold ein Metall, dessen begrenzter Nutzen sich darin zeigt, dass es meist nur ausgegraben wird, um in einem Tresor versteckt zu werden? Eine Anlage, die im Gegensatz zu Aktien, Anleihen und Immobilien keine regelmässigen Erträge abwirft und daher gemieden werden sollte? Oder ist Gold das einzige sichere Wertaufbewahrungsmittel, weil es seine Kaufkraft seit Jahrtausenden bewahrt hat und in Krisenzeiten besonders gefragt ist?

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Diese Frage müssen sich auch die Zentralbanken stellen. Wenn diese in Gold investieren, hätten sie die Gewissheit, dass ihre Währungen die Kaufkraft wie Gold auf lange Sicht behalten. Das ist jedoch gar nicht ihr Ziel. Alle grossen Zentralbanken streben eine positive Inflation an und nehmen einen Kaufkraftverlust ihrer Währungen in Kauf. Dabei konzentrieren sich die Zentralbanken darauf, die Zinssätze auf einem Niveau zu halten, das je nach Konjunkturzyklus «angemessene geldpolitische Bedingungen» gewährleistet.

In der Krise kaufen die Zentralbanken damit staatliche Schuldpapiere, um die Zinsen dieser Schuldpapiere und somit auch das Zinsniveau in der gesamten Wirtschaft zu drücken, was die Nachfrage stimuliert und den angestrebten leichten Kaufkraftverlust ermöglicht. Statt Gold halten die Zentralbanken der grossen Währungsräume so die Schuldpapiere der eigenen hoch verschuldeten Staaten in ihren Bilanzen – Schulden, die nur dann tragbar sind, wenn sie durch Inflation entwertet werden.

Adriel Jost ist Ex-SNB-Mitarbeiter, Fellow am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) in Luzern und Präsident des Thinktanks Liberethica.

Die Ausgangslage der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ist anders. Die SNB kauft keine Schweizer Bundesobligationen, um die Zinsen tief zu halten, sie interveniert aber am Devisenmarkt, um den Franken zu schwächen. Die SNB investiert die erworbenen Devisen dabei ausgerechnet auch in die Schuldpapiere der Länder, deren Schulden nicht nachhaltig sind. Die SNB könnte mit den Devisen Gold kaufen, die einzige Währung, die gegenüber dem Franken an Wert gewinnt, doch sie monetarisiert die Schulden anderer Länder freiwillig mit.

Warum ist das so? Erstens muss die Nationalbank die Liquidität ihres Portfolios sicherstellen. Sie braucht Anlagen, die im Notfall rasch und mit geringer Marktreaktion verkauft werden können. Die Obligationenmärkte der grossen Nationen gelten als sehr liquide. Diese Liquidität wäre aber auch mit einem höheren Goldanteil als dem heutigen von weniger als zehn Prozent gewährleistet.

Die ausbleibenden Goldkäufe lassen sich auch nicht mit einer klassischen Portfoliooptimierung erklären, bei welcher die Eigenschaften von Gold mit denen von Anleihen und Aktien verglichen werden und jeder Anlageklasse ein fixes Gewicht zugeordnet wird. Die Nationalbank hält seit 2009 1040 Tonnen Gold, unabhängig von der Höhe ihrer Bilanz, sodass der Goldanteil stark fluktuiert.

Drittens versucht die SNB womöglich den Eindruck zu vermeiden, dass sie mit ihren Goldverkäufen in den Nullerjahren einen Fehler gemacht hat. Die heutige Ausgangslage für die SNB lässt sich allerdings kaum mit derjenigen von damals vergleichen, sodass diese Kritik zurückgewiesen werden könnte.

Als wahrer Grund, warum die SNB kein Gold kauft, ist darum eher zu vermuten, dass die SNB ihren ausländischen Kolleginnen und Kollegen nicht auf die Füsse treten will. Zentralbanken legen viel Wert darauf, sich gegenseitig nicht zu kommentieren. Goldkäufe wären aber eine kaum verhohlene Kritik an der Leistung anderer Länder, es wäre ein klares Misstrauensvotum der SNB gegenüber deren Währungen. Es ist zu hoffen, dass das Direktorium den Mut zu dieser Unabhängigkeit bald findet.