Es war ein klares Versprechen, das Jan Jenisch an der Bilanzpressekonferenz vor zwei Jahren Öffentlichkeit und Aktionären gab: «Ich hoffe, meine Karriere bei Holcim zu beenden», und «ich habe immer gesagt, ich bin committed für die nächsten zehn Jahre», gelobte der CEO des Zementkonzerns.

Doch seit er die Pläne für die Abspaltung und die Börsenkotierung des US-Geschäfts bekannt gab, will Jenisch von seinem Treueschwur nichts mehr wissen. Jetzt ist es offiziell: Er gibt das VR-Präsidium bei Holcim an der nächsten Generalversammlung ab an Danfoss-Chef Kim Fausing, seit 2020 einfaches VR-Mitglied (den CEO-Posten hatte er bereits letzten Mai an Miljan Gutovic weitergereicht). Stattdessen wird Jenisch CEO und Chairman der bald unabhängigen US-Tochter.

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Überraschend ist das nicht, denn in den USA ist das Doppelmandat nicht wie in der Schweiz verpönt, sondern gängig. Vor allem aber ist es deutlich besser bezahlt als hierzulande. Das zeigt ein Blick auf die Konkurrenz: J. Thomas Hill, CEO und Chairman von Vulcan Materials (7,8 Milliarden Dollar Umsatz), kassiert 13,5  Millionen Dollar. Kollege C. Howard Nye von Martin Marietta Materials (6,8  Milliarden Umsatz) kommt auf 18,5 Millionen. Michael Haack von Eagle Materials kann sich trotz vergleichsweise bescheidener Umsätze von 2,3  Milliarden Dollar über ein Salär von 8  Millionen freuen. Bei Holcim America mit einem Umsatz von ungefähr 10  Milliarden Dollar darf Jenisch also auf ein Gehaltspaket nördlich von 20  Millionen Dollar hoffen.Nicht dass er es nötig hätte: 2023 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) verdiente er im Doppelmandat beim Mutterkonzern 9,5 Millionen Franken. In seiner Amtszeit seit 2017 summierten sich die Bezüge auf total 60  Millionen Franken. Das Salär für 2024 ist da noch gar nicht mitgerechnet. «Die Entlöhnung spielt überhaupt keine Rolle», sagt Jenisch – wenig überraschend – zu seiner Entscheidung: «Dies war keine persönliche Zielsetzung meinerseits, sondern ein Ergebnis aus den Erfordernissen und dem Wunsch des Verwaltungsrates.»

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Für den im Frühling geplanten Börsengang ist Noch-Chairman Jenisch ebenfalls verantwortlich. Das bringt ihn in einen Interessenkonflikt: Als aktueller VR-Präsident muss er das Wohl des Gesamtkonzerns im Auge behalten, als zukünftiger Leiter der Amerika-Tochter nur die US-Anliegen vertreten. So gibt intern zu reden, dass die Schadenersatzforderungen amerikanischer IS-Opferfamilien nicht dem US-Geschäft, sondern allein dem Restkonzern zugewiesen werden sollen.

Auch stellt sich die Frage nach der Aufteilung der Schulden. Zwei Ansätze gibt es dazu: sie entweder nach dem Ausmass der kreditfinanzierten Zukäufe in den letzten Jahren zu verteilen. Dann müsste die US-Tochter das Gros der Schulden schultern. Oder sie proportional zur Grösse der Unternehmen aufzuteilen. Dann würden zwei Drittel beim verbleibenden Konzern landen. Jenisch soll – erneut wenig überraschend – die zweite Variante favorisieren.