Bisher war Inait hauptsächlich Connaisseurs der künstlichen Intelligenz (KI) bekannt. Nun hat das Start-up, 2016 in Lausanne gegründet, seinen internationalen Durchbruch: Mitte März kündigte es eine Partnerschaft mit dem Softwareriesen Microsoft an. Gemeinsam sollen Forschung, Produktentwicklung, Markteinführungsstrategien und Co-Selling-Initiativen in Angriff genommen werden, zunächst in den Bereichen Finanzen und Robotik. Von einem «entscheidenden Moment in der Firmengeschichte» spricht Henry Markram (63), Gründer und VR-Präsident von Inait.
Die Firma entwickelt KI-Modelle auf der Basis von Gehirnsimulationen. «Die einzige bewiesene Form von Intelligenz findet sich im Gehirn. Wenn wir das Gehirn meistern können, dann können wir eine völlig andere, sehr leistungsfähige Form von KI entwickeln», sagt Inait-CEO Richard Frey. Im Gegensatz zu herkömmlichen KI-Systemen, so das Versprechen, soll die Inait-Technologie aus realen Erfahrungen lernen, statt nur Korrelationen in angefütterten Daten zu erkennen. Die Technologie basiert laut Markram auf 18 Millionen Zeilen Computercode: «Sie wurde hauptsächlich auf der Grundlage des Mäusegehirns entwickelt, aber es ist ein allgemeines Rezept und kann verwendet werden, um die Gehirne anderer Spezies zu erzeugen oder zu replizieren, von Ameisen bis – im Prinzip – zum Menschen.» Der Ansatz verspricht, weniger energiehungrig zu sein und schneller zu lernen als herkömmliche KI-Modelle, dies auch noch nach der Auslieferung an den Kunden.
Brainees: Das Team von Inait arbeitet an einer künstlichen Intelligenz, die aus realen Erfahrungen lernt.
Markram gilt als Vorreiter auf diesem Gebiet: Er initiierte und leitete das Blue Brain Project zur digitalen Nachbildung eines Nagetiergehirns. Zudem gründete er 2013 das Human Brain Project und war dessen erster Direktor. Ausgestattet mit einem Budget von einer Milliarde Franken, verfolgte es das Ziel, das menschliche Gehirn mithilfe computergestützter Modelle und Simulationen nachzubilden. 2023 endete das Projekt ohne die versprochene vollständige Gehirnsimulation.
Microsoft erhofft sich durch die Zusammenarbeit mit Inait Zugang zu fortschrittlichen Handelsalgorithmen sowie Tools für Risikomanagement und personalisierte Finanzberatung. In der Robotik will man sich auf die Entwicklung intelligenterer und anpassungsfähigerer Industrieroboter konzentrieren. «Wir glauben, dass der KI-Ansatz von Inait das Potenzial hat, der Branche einen erheblichen Mehrwert zu bringen», sagt Catrin Hinkel, Schweizer Länderchefin von Microsoft. Bereits aktiv ist Inait im Versicherungsbereich: Ihre KI-Lösung «Bumpt» zur Schadenerfassung gewann 2023 den Swiss Insurance Award.