Die Anlegerinnen und Anleger stehen vor einem der wichtigsten Gewinnzyklen der Big-Tech-Unternehmen. Das Entstehen einer ebenso leistungsfähigen KI-Alternative aus China zu einem Bruchteil der Kosten sowie ein sich verlangsamendes Gewinnwachstum der «magischen sieben» wie seit fast zwei Jahren nicht mehr haben die bevorstehende Berichtssaison in den Fokus der Anlegenden gerückt. 

Aufgrund eines hohen Risikoappetits der Anleger und Anlegerinnen sind Technologieriesen stark ins neue Anlagejahr gestartet. Bis auf die Apple-Aktien, die seit Jahresanfang knapp 9 Prozent verloren haben, sind die übrigen Magnificent-seven-Titel um 4 bis 12 Prozent angestiegen. 

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Die am Wochenende lancierte KI-Konkurrenz «Deep Seek» lässt nun Zweifel an den hohen Bewertungen und an der Nachhaltigkeit der Rekordjagd der Tech-Aktien aufkommen. Die US-Börsen notieren am Montag vorbörslich tiefrot. Der Nasdaq 100 verlor zeitweise deutlich bis zu 5 Prozent, während der S&P 500 2,4 Prozent nachgab.

Diese jüngsten Entwicklungen werden den Fokus der Anlegenden während den Ergebnispublikationen auf die Aussagen des Managements zur KI, zu deren Entwicklungsstand sowie zu den Capex richten. Die Beantwortung dieser Fragen wird für den weiteren Kursverlauf der Technologieriesen verantwortlich sein.

Die Realität könnte US-Tech einholen

Die Ergebnispublikationen von «Big Tech» beginnt am Mittwoch, mit Microsoft, Meta und Tesla. Apple folgt am Donnerstag, während Alphabet und Amazon.com nächste Woche ihre Ergebnisse veröffentlichen werden. Der Chiphersteller Nvidia wird am 26. Februar die Resultate bekannt geben. 

Sie dürfte sich für Aktienbullen jedoch gemäss Bloomberg als ernüchternd erweisen: Zwar steigen die Gewinne der sogenannten magischen sieben immer noch, aber die Wall Street rechnet mit einer signifikanten Verlangsamung des Wachstums im Vergleich zu früheren Quartalen. 

Nach einem Gewinnwachstum von 20 bis 27 Prozent im Technologiesektor in den vier vorangegangenen Quartalen wird das Wachstum auf 15 Prozent im letzten Quartal 2024 geschätzt. Der Druck besonders auf die grossen sieben Tech-Werte, der seit Ende 2022 einen Anstieg des Nasdaq 100 Index um rund 15 Billionen Dollar bewirkt hat, nimmt damit zu. 

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«Dies sollte eine ziemlich gute Gewinnsaison werden, aber die Messlatte wurde hoch gelegt, und es könnte sein, dass die Unternehmen nicht in der Lage sind, die hohen Erwartungen zu erfüllen», sagte Dan Taylor, Chief Investment Officer bei Man Numeric. «Es wird für die Gruppe sehr schwierig sein, so zu performen wie im letzten Jahr, zumal die Bewertungen gestiegen sind.» 

Die grossen Technologieunternehmen sind während der KI-Hausse in vergangenen zwei Jahren für den Grossteil des Anstiegs im S&P 500 verantwortlich – für rund 70 Prozent. In jüngster Zeit haben sich jedoch die Kursavancen dieser Unternehmen im Verhältnis zum übrigen Markt angesichts der Erwartungen schwächerer Gewinne und der Frage, wann sich alle KI-Investitionen in grösserem Umfang auszahlen werden, verlangsamt. 

Rückläufiges Gewinnwachstum bei steigenden Bewertungen

Die Gewinne der sieben Tech-Konzerne werden im vierten Quartal voraussichtlich um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen. Das wäre der kleinste Sprung seit dem ersten Quartal 2023, wie Daten von Bloomberg zeigen. Dies ist zwar immer noch deutlich mehr als das Gewinnwachstum des S&P 500 Index, bei dem ein Anstieg von 8 Prozent erwartet wird, es liegt aber unter dem im ersten Quartal verzeichneten Anstieg von 51 Prozent und ist das vierte Quartal in Folge rückläufig. 

Michael Casper von Bloomberg Intelligence sieht Grund zur Sorge. Da der Marktwert des Technologiesektors am Gesamtmark seinen Gewinnanteil um etwa 10 Prozentpunkte übersteigt, befürchtet der Aktienstratege, dass sich entweder das Gewinnwachstum verbessern oder die Bewertungen sinken müssen. «Wir wissen, wie Aktien reagieren, wenn sie nicht das erreichen, was alle von ihnen erwarten», so der Analyst. 

Betrachtet man die Preise im Verhältnis zu den erwarteten Umsätzen, sehen die Bewertungen sogar noch prekärer aus. Mit fast dem Achtfachen der für die nächsten zwölf Monate erwarteten Umsätze wird der S&P-500-Tech-Sektor so hoch gehandelt wie seit mindestens zehn Jahren nicht mehr. 

Ein Wettrüsten und eine einseitige Wette

Microsoft, Alphabet, Amazon und Meta haben im vergangenen Geschäftsjahr zusammen mehr als 200 Milliarden Dollar für Investitionen ausgegeben. Die Unternehmen haben angekündigt, im laufenden Jahr noch mehr Capex-Ausgaben für KI bereitzustellen. Neben dem Wachstum der KI-bezogenen Einnahmen werden die Anlegenden auch die Ausgabenprognosen im Auge behalten. 

Inwiefern Deep Seek mit einem Budget von nur 6 Millionen Dollar diese Prognosen durchzurütteln vermag, bleibt abzuwarten – zumal die Behauptung, für nur 6 Millionen Dollar ein KI-Modell entwickelt zu haben, bisher nicht verifiziert werden konnte. Dennoch scheint die Richtung zu günstigeren und leistungsstarken Modellen hin eingeschlagen zu sein.

Derweil gab es nur wenige Anzeichen dafür, dass die Händler auf eine grosse Enttäuschung oder einen sogenannten Black-Swan-Event vorbereitet waren. Die heutige heftige Marktreaktion ist ein Zeichen dafür. 

Die Nachfrage nach Put-Optionen – die vor Abwärtsbewegungen schützen – ist gegenüber der Nachfrage nach Call-Optionen für Aktien der «magischen sieben» nach einem Anstieg im Dezember bis zum Börsenschluss am Freitag zurückgegangen. Dies dürfte sich nun ändern.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Cash unter dem Titel «Chinas KI-Alternative stellt die Bewertungen von US-Big-Tech infrage».