Mit einer Investition von 100 000 Franken kann man heute problemlos Hausbesitzer werden. Zumindest Mitbesitzer. Dies einfach und unbürokratisch auf Tastendruck. Möglich machen es die in den letzten Jahren aufgekommenen Crowdinvesting-Plattformen mit Spezialisierung auf Immobilien.
Hat man sich auf einer solchen erstmal kostenlos registriert, werden einem die lukrativen Investitionsangebote mit tollen Zinsaussichten per E-Mail quasi wie fette Braten durch den Mund gezogen. 5,6 Prozent Eigenkapitalrendite werden geboten, 6,3 oder auch mal 7,8 Prozent. In Zeiten von Negativzinsen und Anlagenotstand tönen solche Zahlen wie eine Himmelssinfonie.
Jeder Investor erhält einen prozentualen Anteil am Immobilienobjekt
Beim Real Estate Crowdinvesting beteiligt sich eine grössere Gruppe von Investoren über eine Internetplattform zum Beispiel an einem Mietshaus. Ist das Projekt dank genügend Investoren gesichert, erhält jeder einzelne nach Kauf und Eintrag im Grundbuch einen prozentualen Anteil am Objekt. Die Form unterscheidet sich somit vom klassischen Stockwerkeigentum, wo jeder Investor eine einzelne Wohnung erwirbt.
Laut Schätzungen aus der Branche hat das jährlich via Crowdinvesting in Immobilien investierte Geld in der Schweiz über Anbieter wie Crowdhouse, Immoyou, Crowdli, Foxstone oder Swiss-Crowd bereits einen soliden dreistelligen Millionenwert erreicht. Marktführerin ist die im Oktober 2015 online gegangene Plattform Crowdhouse.
Laut Verwaltungsratspräsident Ardian Gjeloshi hat man in den knapp über vier Jahren bereits Immobilien im Wert von rund 800 Millionen an Miteigentümerschaften und Einzelkäufer vermittelt. «Beim Immobilien-Miteigentum werden dabei rund 50 Prozent des Kaufpreises durch eine Hypothek finanziert», so Gjeloshi.
Crowdinvesting ist verlockend, aber nicht risikofrei
Da Crowdinvesting in Renditeimmobilien indes eine sehr junge Anlagekategorie ist, mahnen Experten zur Vorsicht. Es müsse sich erst noch zeigen, wie die Anlageklasse langfristig bezüglich des Verhältnisses von Risiko zu Gewinn aussehen werde, lautet etwa der Tenor am Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ).
Ob die hochtrabenden Ertragserwartungen auf längere Frist effektiv erfüllt würden, sei im Moment noch dahingestellt. Dies, zumal sich diese neue Anlageklasse bisher noch nicht in turbulenten Marktsituationen bewähren musste. Ein Beobachter gibt zu bedenken, dass sich die meisten Immobilien der Crowdfunding-Plattformen in eher strukturschwachen Regionen befänden. «Bei einer Marktkorrektur wären sie als Erste betroffen.»
Das verlockend klingende Crowdinvesting habe auch sonst den einen oder anderen Haken, schreibt etwa Raiffeisen auf ihrer Immobilienplattform Raiffeisen Casa. «Denn der Plattformbetreiber arbeitet natürlich nicht gratis und schöpft in der Regel etwa 3 Prozent Vermittlungshonorar ab. Zudem verlangt er selbstverständlich auch etwas für den Betrieb und den Unterhalt der Liegenschaft.»
In der Tat ist für Miteigentümer auf Crowdinvesting-Plattformen die Teilnahme an den meist jährlich stattfindenden Eigentümerversammlungen der einzige Aufwand. Bestimmte Anbieter übernehmen via Vollmacht selbst diesen Job für die Investoren.
Für Ardian Gjeloshi von Crowdhouse ist die Frage zu «Risiken und Nebenwirkungen» im Zusammenhang mit Crowdinvesting nicht allgemein zu beantworten. So würden sich die Risikoprofile der verschiedenen Investitionsmodelle bei den auf Immobilien spezialisierten Anbietern zum Teil erheblich unterscheiden.
«Ein Nachrangdarlehen an eine Projektgesellschaft, so wie es beispielsweise vom deutschen Marktführer Exporo angeboten wird, ist hinsichtlich des Risikos nicht vergleichbar mit einem Miteigentümer-Modell, welches wir offerieren, bei dem die Investoren im Grundbuch eingetragen werden.»
Blindes Vertrauen empfiehlt Gjeloshi gleichwohl keinem Investor, der sich für ein finanzielles Engagement via Crowdinvesting interessiert. «Man sollte sich in jedem Fall ausführlich darüber informieren, in was genau man investieren will und wie die Mechanismen beim entsprechenden Modell funktionieren.» Aufgrund der unterschiedlichen Risikoprofile und Mindestinvestitionssummen eigne sich nämlich nicht jedes Modell gleichermassen für jeden Anleger. Auch sollte ein seriöser Anbieter laut Gjeloshi stets in der Lage sein, ein entsprechendes Worst-Case-Szenario zu skizzieren.
Als Investor Ausstiegsszenario einplanen
Auch sollte man sich als Investor über den eigenen Anlagehorizont im Klaren sein. «Wer zu viel seines Kapitals in eine Anlageklasse steckt, geht ein klassisches Klumpenrisiko ein», sagt der VR-Präsident von Crowdhouse.
Wer nämlich das investierte Kapital frühzeitig wieder benötige, kämpfe allenfalls plötzlich mit einer Illiquidität seiner Investition oder sei gezwungen, mit Verlust zu verkaufen. Gerade bei Investments in Immobilien, die in der Regel auf lange Frist ausgelegt sind, sei eine entsprechende Planung sehr wichtig.
Wenn ein Anleger etwa bei Crowdhouse den Ausstieg aus seinem Investment wünsche, könne er seinen Anteil jederzeit zum Verkauf anbieten. «Wir übernehmen in diesem Fall den gesamten administrativen Aufwand und setzen alles daran, die entsprechende Veräusserung so schnell wie möglich abzuwickeln», so Gjeloshi.
Wie schnell und zu welchem Preis ein entsprechender Exit realisiert werden könne, sei aber natürlich stets von der einzelnen Liegenschaft und Marktsituation abhängig.
Dieser Artikel wurde das erste Mal publiziert am 02.02.2020.