Die Schweiz befand sich noch in Landesstreik-Katerstimmung, in Versailles liefen die Friedenskonferenzen nach dem grossen Weltkrieg und in Deutschland wurden Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ermordet. Vor hundert Jahren war die Welt eine andere als heute.

Wie aber sah damals das Budget eines normalen Haushaltes aus und wie unterscheidet es sich von dem, was heute die Schweizer zur Verfügung haben? Die «Handelszeitung» hat für beide Jahre, 1919 und 2019, Daten gefunden, die zwar nicht voll vergleichbar sind, aber dennoch etwas über die jeweilige Zeit aussagen.

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1919 waren die amtlichen Statistiken noch im Aufbau, entsprechend wenige Angaben findet man heute zum damaligen Konsum und Einkommen. Allerdings wurden erste «Haushaltrechnungen» geführt, über die – regelmässig erfasst – die Teuerung berechnet werden sollte.

«Angestelltenhaushalt» versus «Arbeiterhaushalt»

Ein «Angestelltenhaushalt», sozial etwas höhergestellt als ein «Arbeiterhaushalt», verdiente demnach 607 Franken pro Monat, wovon er 590 Franken für regelmässige Ausgaben verwendete. Fast die Hälfte des Geldes ging damals für Nahrungs- und Genussmittel drauf. Um die Zahlen besser mit heute vergleichen zu können, haben wir sie gemäss den Zahlen des Bundes um die Teuerung bereinigt: In Franken von heute entspricht das damalige Haushaltsbudget 2797 Franken.

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Heute stehen einem Schweizer Haushalt im Durchschnitt 10'365 Franken Bruttolohn zur Verfügung, wie die letzte verfügbare Haushaltsbudgeterhebung des Bundesamts für Statistik aus dem Jahr 2016 zeigt. Anders als 1919 werden davon jede Menge Steuern und Sozialabgaben abgezogen. Lebensmittel spielen in diesem Budget mit einem Anteil von 7 Prozent nur noch eine untergeordnete Rolle. Selbst in Franken geben wir heute weniger dafür aus als vor hundert Jahren.

Lebensmittel und Kleider sind zweitrangig geworden

Noch stärker zurückgegangen sind die Ausgaben für Kleidung, die kaum noch Spuren in den Budgets hinterlassen. Dafür reisen Herr und Frau Schweizer mehr: Für Transport, Hotels und auswärtige Verpflegung geben sie fast gleich viel aus wie fürs Wohnen.

Konsumverzicht
Der Schweizer Durchschnittshaushalt legt heute einen grossen Teil des Einkommens zur Seite. Gut 1500 Franken werden gespart, rund 180 Franken werden gespendet oder für Geschenke und Einladungen verwendet. 1919 wurden bloss 78 Franken (zu heutigen Preisen) nicht konsumiert.

Ernährung
2016 gaben Schweizer Haushalte im Schnitt 738 Franken für Lebensmittel aus (inklusive Genussmittel wie Alkohol und Tabak). Das ist nicht nur relativ, sondern auch absolut weniger als 1919. zu heutigen Preisen bezahlte ein Angestelltenhaushalt damals 1096 Franken.

Sicherheit
Ob für staatliche Leistungen (Steuern), freiwillige und unfreiwillige Versicherungen, Altersvorsorge oder Gesundheitsausgaben: Einen grossen Teil des Einkommens geben Schweizer heute für Sicherheit und Gesundheit aus. Verglichen mit 1919 hat dieser Bereich – relativ und in Franken – stark zugenommen. Steuern machen davon heute 1153 Franken aus. Deutlich mehr, als die 86 Franken für Steuern und Abgaben von 1919. 

Kleidung
Für Kleider geben wir heute weniger Geld aus als vor hundert Jahren. Der Anteil sank von 13 Prozent auf nur noch 2 Prozent.

Mobilität
Für Reisen (770 Franken) sowie Hotels und auswärtige Verpflegung (584 Franken) geben wir heute viel Geld aus. 1919 spielte das kaum eine Rolle.

Kultur + Kommunikation
Dieser Posten umfasst Ausgaben für Bildung, Freizeit und Nachrichtenübermittlung. Letzteres wurde 1919 noch nicht erfasst.

Wohnen + Energie
Daran hat sich wenig geändert: Für Wohnungen, Wohnungsausstattung und Energie geben und gaben Schweizer viel Geld aus. Der Anteil ist von 10 Prozent im Jahr 1919 auf 17 Prozent angestiegen.

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