Es gibt sie. Diese Minderheit von Immobilieneigentümern, die sich als Immobilienhaie gebären, überrissen hohe Preise verlangen und so viel abschöpfen, wie nur geht. Diese spezielle Spezies können wir jedes Jahr aufs Neue in Davos beobachten, wenn das WEF vor Ort tagt. Während dieser Woche reisen 2800 CEO, Topmanager, Politikerinnen, Wissenschafter und Vertreterinnen von Nichtregierungsorganisationen nach Davos, die alle Wohnraum benötigen.
Dann ist die Zeit für viele Davoser Wohneigentümerinnen gekommen, den grossen Reibach zu machen. Einfache Ferienwohnungen werden für 20’000 bis 80’000 die Woche vermietet. Ganze Ladenzeilen, Werbefirmen, Galerien, sind leer gefegt, da sie teuer ans WEF vermietet werden. Das Geschehen erinnert an Gangsterfilme aus Hollywood. Die Gangster bereichern sich – und wie in Gangsterkreisen üblich, wird die Beute aufgeteilt, damit alle stillhalten. Ähnliches am Davoser Immobilienmarkt: Damit die bisherigen Mieterinnen und Mieter, die kurzfristig rausgeworfen wurden, nicht aufmucken, bekommen sie Brotkrumen hingeworfen. So halten alle still und sind zufrieden. Wie der Fall eines Bekannten der Autorin zeigt.
Der Mieter als Mitprofiteur
Er hat ganzjährig eine Ferienwohnung in Davon gemietet, 30 Quadratmeter für 1300 Franken Mietzins im Monat. Die Bedingung des Vermieters: Während der WEF-Zeit sowie eine Woche davor und eine danach darf der Mieter die Ferienwohnung nicht benutzen. Dafür erhält er zwei Monatsmieten geschenkt. Der Vermieter verhökert indes die 30 Quadratmeter der Ferienwohnung während vier Tagen für 25’000 Franken.
Da alle Beteiligten einverstanden sind mit diesem Deal, stellt er für niemanden ein Problem dar. Der Jahresmieter könnte ja auf die Idee kommen, aufgrund eines übersetzten Mietwerts und ungerechtfertigter Bereicherung seinen Vermieter einzuklagen. Doch dieses Risiko wird durch die Vergabe der Brotkrumen verhindert. Der Mieter ist damit zum Trittbrettfahrer geworden, Mitprofiteur bei diesem Spiel ums grosse Geld.
Es ist ein Markt, der völlig ausser Rand und Band geraten ist. Mit dem Risiko, sich à la longue selbst abzuschaffen, wenn keine Wohnungen mehr für Einheimische, Polizei, Sicherheits- oder Presseleute gefunden werden. Ein Davos, das droht, zu veröden. Denn viele Läden müssen unter dem Jahr nicht mehr aufmachen, da sie während einer Woche einen ganzen Jahreszins reinholen. Wo sollen künftig Touristinnen und Einheimische einkaufen gehen? Ein lukratives, aber riskantes Geschäftsgebaren, das vielleicht irgendwann nicht mehr aufgeht.