Weltfrieden. Kalorienfreies Fondue. Vernünftige Politiker. Noch eine weitere fiktive Verlockung? Investitionsprogramme, die aktienähnliches Wachstum und Kapitalerhalt versprechen.
Erfolgreiche Geldanlagen erfordern rationale Ziele. Ganz einfach: Wachstum und Kapitalerhalt sind auf kurze Sicht nicht zu vereinbaren. Aber will man Wachstum erzielen, muss man wahrscheinlich langfristig beides erreichen. Verwirrt? Lassen Sie mich das erklären.
Angesichts der Schlagzeilen über globale Kriege und angespannte Wahlkampfstimmung in Europa und den USA – wobei das abscheuliche Attentat auf den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump Letztere noch anheizt – mag «Kapitalerhalt» verlockend klingen. Aber für die meisten ist es nicht klug.
Warum? Das bedeutet, dass der Wert Ihres Portfolios niemals sinken sollte – die Beseitigung potenzieller Volatilität. Klingt gut! Aber Volatilität und Negativität sind nicht gleichbedeutend. Ein Plus von 1 Prozent und ein Minus von 1 Prozent sind gleichermassen volatil! Bei Aktien tendiert die Volatilität viel häufiger nach oben. Sie ist Ihr Freund.
Der Gastautor
Ken Fisher ist Gründer und Executive Chairman von Fisher Investments, einer Vermögensverwaltungsfirma mit Niederlassungen weltweit, die über 276 Milliarden Dollar verwaltet. Fisher zählt zu den einflussreichsten (und auch reichsten) Investmentmanagern der USA.
Betrachten Sie den amerikanischen S&P-500-Index in seiner längsten Geschichte: Die Eliminierung der Volatilität bedeutet, dass 63,0 Prozent der Monate, in denen die US-Aktien (in Dollar) seit 1926 gestiegen sind, und 73,5 Prozent aller Jahre vermieden wurden. Bei Schweizer Aktien bedeutet dies, dass 61,5 Prozent der positiven Monate seit 1969 und 70,4 Prozent aller Jahre umgangen werden!
Echte Kapitalerhaltungsstrategien beschränken sich auf Bargeld oder bargeldnahe Anlagen, die im Laufe der Zeit lediglich magere Renditen abwerfen. Wachstum? Nein! Die Schweiz ist der Beweis dafür. Fast einzigartig in Europa rentieren 10- und 30-jährige Schweizer Bundesanleihen immer noch weniger als 1 Prozent – 0,56 Prozent bzw. 0,52 Prozent. Das ist kein Wachstum und auch nicht frei von Volatilität, wie die Jahre 2021 bis 2022 gezeigt haben.
Dann kommt die Inflation. In der Schweiz lag sie seit 1921 im Jahresdurchschnitt bei 1,7 Prozent, und im Juni war sie mit 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr sogar noch niedriger. Dennoch liegen diese beiden Schweizer Renditen unter den heutigen niedrigen Inflationsraten! Wenn Sie Ihr Geld jetzt also für zehn oder dreissig Jahre in einen Safe sperren, wird die Inflation es wahrscheinlich auffressen.
Ja, 10- und 30-jährige US-Staatsanleihen rentieren mit 4,16 Prozent bzw. 4,38 Prozent, während die Inflation in den USA im langfristigen Jahresdurchschnitt bei etwa 3,5 Prozent liegt (und jetzt bei 3,0 Prozent). Aber die Volatilität bleibt bestehen und kleine Inflationsschübe können die gesamte Rendite auffressen. Zur Erinnerung: Selbst geringes Wachstum erfordert eine gewisse Volatilität.
Daher können Kapitalerhalt und Wachstum als einheitliche Ziele nicht koexistieren. Jeder, der Ihnen etwas anderes erzählt, ist ein Narr, ein Betrüger, der schlechte Produkte verhökert, ein intriganter Gauner ... oder gleich alles zusammen. Wenn Sie aktienähnliches Wachstum suchen, stellen Sie sich auf Volatilität ein. Wenn Sie das nicht können, müssen Sie mit niedrigeren Renditen rechnen. Das kann dazu führen, dass Sie Ihre Ziele sowie Ihre Spar- und Ausgabenquoten überdenken müssen.
Zwar funktionieren Kapitalerhalt und Wachstum nicht gleichzeitig, aber ein Ergebnis eines langfristigen Wachstumsziels ist, dass Sie Ihr Kapital wahrscheinlich langfristig erhalten.
Bedenken Sie: Im Zeitraum von 1925 bis 2023 waren US-Aktien in 79 rollierenden 20-Jahres-Zeiträumen nie negativ. Nie! Gleiches gilt für Schweizer Aktien in den 35 rollierenden 20-Jahres-Zeiträumen seit 1969. In diesen Zeiträumen erzielten US-Aktien durchschnittlich 806 Prozent Rendite in Dollar. Die Renditen in der Schweiz lagen bei durchschnittlich 602 Prozent in Schweizer Franken. Ein gewaltiges Wachstum!
Auf lange Sicht dürften die Aktien weiterhin Gewinne einfahren. Die menschliche Natur verändert sich zu langsam, um die Macht des Gewinnmotivs über einen relevanten Zeitraum zu schmälern.
Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass ein gut diversifiziertes Aktienportfolio in den kommenden Jahrzehnten wachsen wird – vielleicht sogar sehr stark –, selbst wenn es zwischenzeitlich zu heftigen negativen Entwicklungen kommt.
Denken Sie also langfristig. Es sollte so aussehen, als hätten Sie Wachstum erzielt und gleichzeitig Ihr Anfangskapital bewahrt. Aber all das ist auf das Streben nach Wachstum zurückzuführen.