Gemäss einer Meldung vom Finanznachrichtendienst Bloomberg beobachten die europäischen Bankregulatoren die Situation um den österreichischen Immobilien-Mogul René Benko ganz genau. Er ist mit seiner Signa Holding in Schwierigkeiten, zu der unter anderem in die Schweizer Globus-Kaufhäuser gehören.
Die Regulatoren überprüfen, wie sich Notverkäufe der Signa Holding oder gar ein Kollaps der ganzen Gruppe auswirken würden. Weil die Kredite der Banken mit den Immobilien abgesichert seien, dürften die direkten Verluste für Finanzinstitute begrenzt sein. Deswegen sollten Banken nicht in direkt Schwierigkeiten geraten, so meinen ungenannte Experten gegenüber Bloomberg.
Allerdings könnten Notverkäufe der Signa Holding die Preise für Gewerbimmobilien insgesamt ins Rutschen bringen. Das könnte dazu führen, dass auch die Werte von andern Immobilien in den Büchern von anderen Immobilienbesitzern und Banken reduziert werden müssten. Diese Zweitrundeneffekte könnten theoretisch den Geschäftsimmobiliensektor in Schwierigkeiten bringen - die Immobilienbesitzer und die Finanzinstitute, die sie finanzieren.
Geschäftsimmobilien hätten schon abgeschrieben werden müssen
Dabei ist zu beachten, dass die Geschäftsimmobilien in den vergangenen Jahren sowieso schon arg unter Druck gekommen sind. Bürogebäude werden seit der Pandemie wegen vermehrten Homeoffice nicht mehr so stark genutzt. Auch die Kaufhäuser werden nicht mehr so stark besucht, weil viel mehr im Internet eingekauft wird. Die Lust auf Shopping scheint auch nach der Pandemie nicht mehr wirklich zurückzukommen, wie eine aktuelle Umfrage des Gottlieb Duttweiler Instituts bei 1500 Deutschschweizerinnen und -schweizern ergeben hat, über die die SonntagsZeitungs berichtet. Demgemäss verbringen die Menschen ihre Zeit lieber mit Familie und Freunden, als in die Stadt einkaufen zu gehen. Viele finden Shopping auch "langweilig", wie sie in der Umfrage angeben. So bald wird die Lust wohl nicht zurückkehren: Fast ein Fünftel aller Befragten will künftig die Einkaufszeit weiter senken.
Daraus wird klar, dass die Besitzer dieser Geschäftsimmobilien wohl schon lange Abschreibungen hätten tätigen müssen. Allerdings ist nicht klar in welchem Umfang das wirklich geschehen ist. Notverkäufe der Signa Holding könnten die nötigen Abschreibungen jetzt offensichtlich werden lassen. Wenn dann auf breiter Basis die Werte der Geschäftsimmobilien fallen, könnte das nicht nur deren Besitzer, sondern auch Finanzinstitute in Schwierigkeiten bringen, die entsprechende Kredite vergeben haben.
Dabei geht es um enorme Beträge. Alleine die 59 Millionen Quadratmeter Büroflächen in der Schweiz wurden im Jahr 2021 auf einen Wert von 325 Milliarden Franken geschätzt. Insgesamt sollen die Schweizer Gewerbeimmobilien rund 1100 Milliarden Franken Wert sein. Wenn deren Wert nur fünf Prozent fällt, müssten eigentlich 55 Milliarden Franken abgeschrieben werden.
Bereits im August hatte die Europäische Zentralbank einigen Gläubigerbanken von René Benko dazu geraten, Rückstellungen für Abschreibungen zu erstellen, wie Bloomberg berichtete. Ob die Banken das getan haben, ist unklar. Wenn sie es nicht getan haben, stellt sich die Frage, wie viel Eigenkapital sie zur Absorbierung von Verlusten haben. Je mehr sie davon haben, desto sicherer das Finanzsystem.
Thomas Jordan, der Vorsitzende des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, hat kürzlich vor sinkenden Immobilienpreisen gewarnt. Seine Warnung berücksichtigte die Situation von Benko noch gar nicht, sondern nur die Zinssituation.
Wie gravierend die Schwierigkeiten von Benko sind, zeigt sich daran, dass er sich bei der Signa Holding zurückzieht und von einem Sanierungsexperten ersetzen lässt, wie österreichische Medien berichten.
2 Kommentare
Herr Büsser. Warum sollten allfällige Firmen- und Liegenschaftenverkäufe der Signa Holding die Preise für Geschäftsimmobilien insgesamt ins Rutschen bringen? Was sind Ihre Argumente für diese These? Die Signa-Gruppe ist ein hochverschuldetes, für Aussenstehende völlig intransparentes Finanzkonstrukt und daher ein Individualfall.
Vielen Dank für den Kommentar, Herr Feusi. Gerne erläutere ich das ausführlicher:
Es geht darum, dass durch die Notverkäufe von Benko neue Referenzpreise entstehen können. Ein Beispiel:
Sie besitzen ein Bürogebäude in Zürich. Rundherum hat es weitere Bürogebäude, zwei davon gehören Benko.
Nachdem die Bürogebäude Jahrzehntelang immer voll vermietet waren, sind sie nun seit der Pandemie nie mehr voll vermietet. Zudem müssen Sie neuen Mietern beim Preis enorm entgegenkommen.
Obwohl also der Wert der Immobilien (festgemacht an den möglichen Miteinnahmen) gesunken ist, haben bisher weder Sie noch die anderen Besitzer der Bürogebäude eine Abschreibung auf dem Wert getätigt. Die Regulatoren, Ihre Kreditgeber (Banken) und auch ihre Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die Revisoren haben das bisher geduldet.
Doch nun passiert es: Benko muss verkaufen. Dadurch wird der Wertverlust der Bürogebäude (und Kaufhäuser) am Markt Sichtbar. Nun können Wirtschaftsprüfer, Kreditgeber und Regulatoren nicht mehr so einfach über den Wertverlust hinwegschauen und verlangen allenfalls Wertberichtigungen... Das kann bei den Banken passieren, dass SNB oder EZB nachfragen oder auch woanders.
Viele Grüsse
Harry Büsser