Immer wieder flattern sie in den Briefkasten, die Prospekte, die mich davon überzeugen wollen, dass der Traum vom Eigenheim noch möglich ist. Nicht selten wandern sie, in der überteuerten Mietwohnung angekommen, direkt ins Altpapier. Denn: Der Immo-Traum gehört zu einer anderen Generation.
Und zwar der Generation, die mit Bierchen im Gärtchen ihres Häuschens sitzt, welches sie in grauer Vorzeit zu einem Bruchteil des Preises der heute gelisteten Objekte erworben hat. Wobei ebendiese Häuschen seit Vertragsunterzeichnung nochmals rund 900’000 Franken an Wert gewonnen haben.
Das soll nicht heissen, dass die vorangehende Generation für ihr Haus mit Garten nicht geschuftet hat. Sondern dass die Haltung «Wenn die Generationen Y und Z sich nur anstrengen und richtig arbeiten würden, können sie das genauso einfach» fehlgeleitet ist. Denn die Ausgangslage ist grundverschieden. Lagen die Preise pro Quadratmeter für Eigentum im Kanton Zürich im Jahr 2000 noch bei 6000 Franken, stiegen sie dieses Jahr auf satte 15’000 Franken. In den letzten 23 Jahren legten die Quadratmeterpreise um mehr als 160 Prozent zu. Eine Zunahme, bei der das Einkommen nicht mithalten konnte. Der Medianlohn in der Schweiz stieg nämlich im selben Zeitraum von 5220 Franken um knapp 27 Prozent auf 6’665 Franken monatlich an.
Des Weiteren geht es heute deutlich länger, um das Geld für Eigentum anzuhäufen. Die Mieten haben sich massiv erhöht, nicht zuletzt vor Kurzem mit der Anhebung des Referenzzinssatzes auf 1,5 Prozent. Höhere Fixkosten bedeuten weniger Sparpotenzial. Doch das braucht man, um den Mindestbetrag von 20 Prozent an Eigenkapital für eine Hypothek aufzubringen. Verdient man in Zürich den Medianlohn und zahlt den Durchschnittspreis von 2500 Franken einer 3,5-Zimmer-Wohnung, bleiben noch etwas mehr als 4000 Franken dafür übrig. Hinzu kommen hohe Krankenkassenprämien, sich stets verteuernde Konsumgüter und die Einzahlungen in die Säule 3a, die sich angesichts des kritischen Stands der AHV durchaus noch lohnen könnten.
Wer dennoch optimistisch bleibt und sich über Eigenkapital und Hypothekenzinsen informiert, stösst schnell auf Beratungsfloskeln, die empfehlen, vor dem Eigentumserwerb die Ansprüche herunterzuschrauben oder aufs Land zu ziehen.
Bevor ich aber meine Ansprüche herabsetze und auf kleinem Raum irgendwo in Hundwil mein eigenes Häuschen habe, bleibe ich lieber überzeugte Mieterin – und damit stolzer Teil der sogenannten «Generation Rent».
5 Kommentare
Es hängt jetzt auch davon ab, ob wir uns mit einer 10-Mio Schweiz "begnügen" oder mit der kommenden Generation auf eine 20-Mio Schweiz zusteuern.
Liebe Frau Ruffiner
Da kann ich Ihnen gar nicht zustimmen, schon eher useyourbrain!!
Ja, ich bin schon 70 Jahre und habe mein ganzes Leben in der Gastronomie und Hotellerie gearbeitet -- also eine eher Tieflohn-Branche.
Ja, es stimmt, die Zeiten waren in den 80er Jahren einfacher. Aber es stimmt gar nicht, dass wir unsere Ansprüche nicht anpassen mussten!
Seit der Heirat haben wir nie zur Miete gewohnt! Keine Unterstützung der Eltern! Aber nur ein altes Auto und billig, oder keine Ferien! Und die erste Wohnung halt nicht luxuriös und trotzdem schön und auch nicht Downtown!
Ich kann Ihnen sagen "irgendwo in Hundwil" ist es auch lebenswert!
Immobilien machen Menschen immobil. In jungen Jahren wollte ich nie eine Immobilie, sondern flexibel sein um jederzeit interessante Job Opportunities irgendwo auf der Welt wahrnehmen zu können. Das geht am besten als Mieter.
Liebe Frau Ruffiner
Mit dem letzten Satz kommen Sie genau auf das Problem der heutigen Generationen: Die Ansprüche decken sich immer weniger mit den realen und ökonomischen Möglichkeiten einer Person. Man will alles, sofort! Kein Warten, nichts mehr von sich einschränken und auf ein Ziel hin sparen. Heute kann man ja alles mieten, leasen, oder im Abo haben. Es gibt unzählige Sharing-Plattformen, die einem weis machen wollen, man kann immer und alles und zu jederzeit haben. Die Wirtschaft hat aber noch nie wirklich so funktioniert, jedenfalls nicht auf längere Zeit... Wie wäre es, die Ansprüche wieder einmal zu überdenken und auf ein erträgliches Mass zu bringen?
Guten Tag und vielen Dank für Ihren Kommentar.
Mein Anliegen ist nicht das Warten. Ein Raiffeisen-Report besagt, dass es durchschnittlich 9-10 Jahre dauert, um das Eigenkapital für Eigentum anzusparen (sofern man von Durchschnittswerten ausgeht). Das ist eine machbare Zeitspanne, vor allem, wenn man erst in seinen Zwanzigern ist. Mein Anliegen ist, dass die Generation vor meiner, ihre Ansprüche gar nicht erst senken musste, um Eigentum erwerben zu können.
Beste Grüsse, Olivia Ruffiner (Redaktion Handelszeitung)