Die Angst geht um. Seitdem die Nationalbank vergangenen Juni begann, die Leitzinsen zu erhöhen, sind am Immobilienhimmel Wolken aufgezogen. Denn mit den Zinserhöhungen haben sich auch die Hypothekarzinsen erhöht, um nicht zu sagen, verdoppelt. Das schmerzt all jene, deren Hypothekarvertrag ausläuft. Schnell fanden sich Warner, die einen dramatischen Preisverfall für Betongold prophezeiten. Und sie tun es weiterhin. 

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Die Wahrheit ist: Bad News verkaufen sich nun mal besser als Good News. Was nicht heisst, dass eine kritische Marktbeobachtung nicht guttut. Natürlich gibt es Sektoren, die nicht mehr auf Hochtouren laufen. Auf dem Markt für Renditeliegenschaften ist die Situation angespannter als auch schon. Renditeliegenschaften sind Wohn-, Gewerbe- und Geschäftshäuser, die durch die Vermietung eine Rendite abwerfen und vom Eigentümer nicht selbst genutzt werden.

Die grossen Player, Pensionskassen, Banken und Versicherungen, halten sich dort zurück. In gewissen Gegenden soll es zu Preiserossionen gekommen sein. Doch Achtung: Zu jedem Zeitpunkt gibt es Marktteilnehmer, die aus einer Notsituation heraus verkaufen und dadurch einen Preisabschlag in Kauf nehmen müssen – gerade in strukturschwachen Gegenden. In einem Markt mit wenig Aktivitäten verzerren solche Transaktionen die Statistik.

Preisanstieg von 60 Prozent

Neben der Verzerrung gibt es ein weiteres Problem: Renditeliegenschaften werden stellvertretend für die Entwicklung des gesamten Marktes herangezogen. Dabei ist Wohneigentum stabil. In den angesagten Städten steigen die Preise weiterhin: In der Stadt Zug wurde in den vergangenen drei Jahren ein Preisanstieg von 60 Prozent verzeichnet. In Zürich, Basel und Luzern um die 40 Prozent, in Bern um die 30 Prozent.

Das sind Bad News für Neukäufer. Diese warten schon lange darauf, dass nach 25 Jahren Steigflug die Preise auch wieder mal sinken. Zumal in den Zentren die Tragbarkeit für den Kauf einer Immobilie schon längst nicht mehr gegeben ist. Gerade mal 3 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer haben genügend Einkommen, um sich den Traum vom Eigenheim leisten zu können. 

Ob man es hören will oder nicht: Der Gesamtmarkt ist stabil. Das hat mehrere Gründe:  

1. Gerade mal 8 Prozent beträgt die gesamte Siedlungsfläche der Schweiz. Neueinzonungen lässt das neue Raumplanungsgesetz kaum mehr zu. Gleichzeitig wird sehr viel neuer Wohnraum durch Einsprachen verhindert, der etwa durch Verdichtung gebaut werden könnte. Damit ist das Angebot beschränkt, während die Nachfrage immer grösser wird.

2. Die anhaltende Zuwanderung von rund 80’000 Personen pro Jahr führt zu einem Nachfrageüberhang, während das Angebot nicht ausgeweitet wird. Dies führt automatisch zu höheren Preisen. 

3. Sehr viel Kapital steht aktuell an der Seitenlinie und wartet darauf, investiert zu werden. Im Durchschnitt haben die Pensionskassen zwischen 2004 und 2020 jedes Jahr Immobilien im Wert von 3 bis 4 Milliarden Franken gekauft. Die aufgestaute Summe dürfte irgendwann wieder auf den Markt kommen, da es einen Nachholeffekt gibt. 40 Prozent der befragten Pensionskassenmanager gaben kürzlich in einer Studie der Hochschule Luzern an, weiter in Direktanlagen investieren zu wollen. 

4. Wie wir jetzt gesehen haben, wirken sich Leitzinserhöhungen nicht so schnell auf die Immobilienmärkte aus. 80 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind in Langfristhypotheken gebunden. 79 Prozent der Hypothekarnehmenden schlossen im Jahr 2020 zehnjährige Hypotheken ab. Bis ihre Hypotheken auslaufen, ist der Zins womöglich schon wieder gesunken. 

5. Die Schweizer Richtlinien für Immobilienfonds und Stiftungen sind sehr strikt. Sie geben vor, dass maximal 33 Prozent Fremdkapital aufgenommen werden darf. Das heisst: Die meisten Fonds und Stiftungen halten im Durchschnitt 75 bis 80 Prozent Eigenkapital. Kaum eine Branche in der Schweiz ist mit derart viel Eigenkapital hinterlegt.