Das Zeitalter des Zettabytes brach laut Berechnungen des Netzwerkausrüsters Cisco am 9. November 2016 an. An diesem Tag sprengte die weltweit im Internet kursierende Datenmenge erstmals in einem Kalenderjahr das Volumen von einem Zettabyte. Mit einem Zettabyte könnte man eine Milliarde Festplatten zu je einem Terabyte befüllen. 2018 wurden von Smartphones, GPS-Sendern und Grossrechnern bereits 33 Zettabyte produziert. Gemäss dem Branchendienst IDC wird diese Flut 2025 auf 175 Zettabyte anwachsen.
Zunehmend versucht die Finanzindustrie, es Firmen wie Google, Facebook oder Amazon gleichzutun und ebenfalls Kapital aus dem Datenmeer zu fischen. Die Banken rüsten technologisch auf und wandeln sich dabei immer mehr zu Technologiefirmen. Rund um den Globus schiessen Techzentren wie Pilze aus dem Boden. BlackRock baut in Atlanta ein Innovation Center mit Schwerpunkt Technologie mit 1000 Mitarbeitern auf. Vor einem Jahr eröffnete der weltgrösste Vermögensverwalter in Palo Alto bereits ein Artificial Intelligence Lab, vor einem halben Jahr in Budapest einen Innovation Hub.
KI – ein Modewort in der Finanzindustrie
Mehr und mehr stellen die Banken und Finanzdienstleister Mitarbeiter ein, die von Finanzen so gut wie keine Ahnung haben. «Wir rekrutieren bewusst Mitarbeiter ohne Finanz-Background», sagt Kristian West, Global Head of Equity Trading & Equity Data Science bei J.P. Morgan. Auch die UBS stellt verstärkt Datenwissenschaftler und andere Experten für künstliche Intelligenz ein. Und Morgan Stanley heuerte den Computerwissenschaftler Michael Kearns an, um die Bank in die künstliche Intelligenz zu führen.
Der Begriff künstliche Intelligenz (KI) entwickelt sich in der Finanzindustrie zum Modewort. Dabei ist die Technologie seit Jahrzehnten bekannt. Bereits in den 1950er Jahren war in einem «New York Times»-Artikel ein Programm beschrieben, das darauf trainiert wurde, Bilder zu klassifizieren. Lange führte KI ein Schattendasein – durch technologische Entwicklungen tritt sie jetzt ins Scheinwerferlicht. «Die KI-Theorie ist nichts Neues, aber jetzt kann man sie auch nutzen», sagt Eduardo Montes, CEO von MaCX Asset, einem auf KI spezialisierten Finanzdienstleister aus Zug. Der entscheidende Treiber ist die gestiegene Rechnerleistung. Schier unbeschränkte Computing Power wird von Firmen wie Amazon, Google oder Microsoft zur Verfügung gestellt. Sie vermieten die Rechnerkapazität im Minutentakt. High Performance Computing lautet das Schlagwort.
Künstliche Intelligenz ist ein Modebegriff. Von echter KI ist man noch weit entfernt. Eine Maschine ist dann intelligent, wenn sie alle Facetten des Menschen abbilden kann. Derzeit können einzelne Eigenschaften künstlich nachgeahmt werden. Verschiedene zu vereinen, ist noch nicht möglich. Noch versteht man das Prinzip, wie das menschliche Gehirn funktioniert, nicht. Experten raten vom Begriff der künstlichen Intelligenz ab, da er einen falschen Eindruck erweckt.
Daten sind der Treibstoff
Die leistungsstärkeren Rechner sind die Motoren der KI, die Daten der Treibstoff. Durch die Digitalisierung stehen immer mehr Daten zur Verfügung. Spezialisierte Anbieter bereiten Informationen über Kurse, CEO-Ansprachen, das Wetter oder die Bewegung von Containerschiffen für die Maschinen lesbar auf. Gleichzeitig sind die Kosten für die Lagerung dieser Daten kollabiert. Kostete die Speicherung eines Gigabytes 1981 noch 300 000 Franken, sind es heute 10 Rappen.
Laut Joanne Hannaford, der Technologiechefin von Goldman Sachs, sind die Weltmärkte zu komplex geworden, als dass Menschen sie allein noch überblicken könnten. Mit Hilfe neuer Big-Data-Technologien werden die Märkte in Sekundenschnelle analysiert – neue Einblicke in die Wirtschaft werden möglich. Programme werten die Stimme von Firmenchefs bei öffentlichen Auftritten aus und versuchen sich so ein Bild von der Lage der Unternehmen zu machen. Walmart-Filialen werden mit Satelliten und Drohnen überwacht, mit historischen Bildern verglichen und eine drohende Gewinnwarnung möglichst schon im Vorfeld erkannt. Aus dem Weltraum werden die Niveaus von Öllagern überwacht und Wetten auf Ölpreis-Futures optimiert. Bei J.P. Morgan hat man per Satellit 6000 chinesische Fabriken im Blick und wertet mit diesen Informationen die Prognosen über die zukünftigen Entwicklungen des Kohlekurses auf.
Bei grossen Finanzinstituten werden solche Informationen immer häufiger in den Anlageprozess integriert. J.P. Morgan hat sämtliche Informationen auf der Plattform Spectrum gebündelt, zu der etwa Trader Zugang haben. «60 Prozent unseres elektronischen Handelsvolumens folgen den Empfehlungen unserer Machine-Learning-Plattform, die in Spectrum integriert ist», sagt J.P.-Morgan-Experte Kristian West.
Maschinen haben den Wertpapierhandel übernommen
Die Macht bereits übernommen haben die Maschinen im Wertpapierhandel. Menschliche Broker halten mit den Maschinen längst nicht mehr mit. Die Trades sind teilweise hochkomplex und erfolgen in Bruchteilen von Sekunden. Werden grosse Transaktionen nicht versteckt, schneiden die Algorithmen der sogenannten Hochfrequenzhändler bei jeder Transaktion mit. «Der gesamte Aktienhandel wird von Programmen kontrolliert. Handelt ein Grossanleger nicht über Algos, wird ihm das Hemd ausgezogen», sagt Michael Fraikin, Global Head of Research bei Invesco Quantitative Strategies. Die Art, wie gehandelt wird, habe sich in den letzten Jahren erheblich verändert. «Auf der kurzen Seite haben wir eine fast komplett computerisierte Welt», so Fraikin.
In dieser unvorstellbar schnellen digitalen Welt lassen technologieorientierte Hedge Funds wie Renaissance Technologies, Man Group oder Bridgewater Associates ihre selbstlernenden Algorithmen werken. Die sind im Datenmeer in ihrem Element. Je grösser die Datensätze, desto besser können KI-Systeme trainieren und ihre Fähigkeiten weiterentwickeln. Der aus 13 Fonds bestehende Eurekahedge AI Hedge Fund Index brachte in den vergangenen acht Jahren nur 2018 einen Verlust. Die durchschnittliche Rendite liegt über diesen Zeitraum bei fast neun Prozent.
Das Machine Learning ist ein Unterbereich der künstlichen Intelligenz. Dabei erweitern Algorithmen ihr Wissen selbständig. Das tun sie mit Hilfe von Erfahrungen, die sie im Zuge der Berechnungen machen. Mit den Erfahrungen steigt der Kenntnisstand. Eingesetzt wird Machine Learning dort, wo die Aufgabe zu komplex ist, um programmiert zu werden. Ein Anwendungsfeld wäre die automatische Vermögensverwaltung.
«Die Welt ist ein komplexes Gebilde»
Viel schwerer als bei kurzfristig orientierten Handelsstrategien tun sich die selbstlernenden Maschinen bei längerfristigen Marktprognosen. Die Variablen, die auf die Finanzmärkte einwirken, sind extrem vielfältig und verändern sich noch dazu unentwegt. «Die Welt ist ein komplexes Gebilde. Es ist eine gefährliche Sache, aus etwas Komplexem etwas Simples zu machen. Je mehr man ignoriert, desto kürzer ist der Zeitraum der Prognose», sagt Chris Boos. Er ist CEO von Arago und gehört zu den profiliertesten KI-Experten Europas.
Auch bei der Auswahl gewinnbringender Aktien tun sich Maschinen schwer. Aus der Sicht von KI-Rechnern, die Muster in riesigen Datenmengen finden, ist die Menge an Informationen, die es sonst zu Aktien gibt, sehr überschaubar. Sämtliche 5000 für grössere Anleger investierbaren Aktien dieser Welt liefern über die vergangenen 20 Jahre lediglich 1,2 Millionen Datenpunkte zur monatlichen Rendite. «Das klingt nach viel, ist es aber nicht», sagt Michael Fraikin von Invesco Quantitative Strategies. Zum Vergleich: Gegenwärtig werden an einem einzigen Tag im Handel mit Futures auf den deutschen Leitindex DAX drei bis sechs Millionen Datenpunkte und somit ein Vielfaches an Kurs- und Orderbuchdaten produziert.
Teilweise haben sich Banken eigene Datenschätze aufgebaut. J.P. Morgan hat rund 300 000 «Research Notes», kurze Einschätzungen nach Firmenbesuchen, digitalisiert. Algorithmen suchen beispielsweise in 40 Millionen Wörtern nach positiven und negativen Begriffen.
Erste Finanzprodukte, die KI oder AI (Artificial Intelligence) im Namen tragen, drängen auf den Markt. Meist arbeiten die Anbieter mit Natural Language Processing (NLP). Das sind Techniken zur maschinellen Verarbeitung von Sprache. BlackRock wertet mit Hilfe solcher Programme Pflichtmitteilungen oder Quartalsberichte von Firmen aus und bestückt damit unter der Marke iShares Evolved Indexfonds.
Im ETF-Bereich ein Vorreiter in Sachen KI ist EquBot. Die Kalifornier lassen sich bei der Zusammensetzung von Indizes vom Supercomputer Watson helfen. Millionen von Daten fliessen nach Unternehmensangaben in die Analyse ein. Bei dem Produkt sucht das AI-System nach den 40 bis 70 Aktien mit dem grössten Kurspotenzial. Diese ergeben dann den Index, in den der ETF investiert. Seit der Auflage im Oktober 2017 hat das Produkt sieben Prozent verloren. Vergangenen Sommer wurde ein ETF auf den Markt gebracht, der in die 80 bis 250 besten Aktien ausserhalb der USA investiert.
Digitaler Underperformer
In der Schweiz ist in Sachen KI die deutsche Acatis am sichtbarsten. Hinter diesem Unternehmen steht Hendrik Leber. Der als erfolgreicher konservativer Value-Anleger bekannte Deutsche versucht seinen Stil mit Hilfe von Technologie zu revolutionieren. Beim Acatis AI Global Equities wird die Philosophie des Value Investing mit künstlicher Intelligenz kombiniert. Im Dezember wurde das Portfolio von den KI-Modellen umgeschichtet – nur vier Aktien verkaufte das Programm nicht. Was die Performance betrifft, fällt der Leistungsausweis der Maschinen indes ernüchternd aus: Der Fonds ist seit Juli 2017 auf dem Markt und hat deutlich schlechtere Ergebnisse gebracht als der Vergleichsindex MSCI World.
Beim Acatis Global Value Total Return macht die Maschine lediglich die Vorauswahl. Fondsmanager treffen dann die finale Entscheidung. Auch dieses Produkt liegt unter dem Weltindex.
Seit 2018 wird in der Schweiz der Acatis AI Buzz US Equities Fund vertrieben. Bei diesem Produkt kooperiert Leber mit dem kanadischen Hedge-Fund-Manager Jamie Wise. Dessen KI-System sammelt monatlich auf Twitter, in Blogs und in Aktienforen wie StockTwits bis zu 20 Millionen Beiträge zu Aktien und teilt sie in «positiv», «negativ» und «neutral» ein. «Influencer», die die Massen am stärksten beeinflussen, werden stärker gewichtet. Die 75 von 350 Aktien mit der besten Stimmungslage landen im Buzz NextGen AI US Sentiment Leaders Index, in den der Fonds investiert. Entscheidend ist nur die Stimmung, Kursziele und das Preisniveau einer Aktie spielen keine Rolle. Doch auch bei diesem Produkt enttäuscht die Rendite. Seit dem 15. Mai 2018 hat der Fonds 7,2 Prozent eingebüsst – der S&P 500 lediglich 4,7 Prozent. Der Grund liegt hier im grossen Anteil von Technologieaktien. Die werden in den Foren grundsätzlich stärker diskutiert, korrigierten 2018 aber besonders ausgeprägt.
Im November ging die Frankfurter Boutique Catana Capital mit dem UCITSFonds Data Intelligence Fund (ISIN: DE000A2H9A68) an den Start. Der Fonds setzt vollständig auf Big Data und künstliche Intelligenz. Weltweit werden vielleicht zehn Prozent der Vermögen mit Hilfe von rein quantitativen Ansätzen verwaltet. Nur fünf Prozent dieser Gelder entfallen wiederum auf KI-Strategien. «KI ist eine Nische in der Nische, jedoch mit enormem Potenzial», sagt Bastian Lechner, Geschäftsführer von Catana Capital. Wie bei Acatis liegt der Fokus auf den Nachrichten. In Echtzeit werten die Rechner pro Tag knapp zwei Millionen kapitalmarktbezogene Nachrichten aus. Der Algorithmus stellt in einem rein datenbasierten Prozess Kaufund Verkaufsempfehlungen für grosskapitalisierte europäische Aktien und Index-Futures bereit.
Ein Teilgebiet von Machine Learning. Künstliche neuronale Netze ahmen das menschliche Gehirn nach. Mit Hilfe dieser Netze schafft es die Maschine, Muster zu erkennen und diese zu überprüfen. Deep Learning wird bei komplexen Aufgabestellungen eingesetzt. Beispiele sind die Sprach- und Bilderkennung, die auf dem Smartphone bereits erlebbar ist.
Rechner überwacht Risiko
«Produkte, die Aktien über News auswählen, laufen meist ähnlich wie die Indizes. Wir haben uns bewusst für einen anderen Weg entschieden», sagt Christoph Gum, Gründer und CEO von Private Alpha Switzerland. Am 17. Dezember 2018 ging sein Team mit dem Private Alpha AI Global Opportunity Fund (ISIN: DE000A2JQKU8) an den Start. Derzeit wird noch Geld gesammelt. An die KI lagert Private Alpha die Überwachung des Marktrisikos aus. Gefüttert wird die Maschine mit allerhand technischen und fundamentalen Indikatoren, die bei der Finanzanalyse verwendet werden. Einzeltitel werden regelbasiert über Fundamentalanalyse gekauft. Derzeit rät die Maschine für die global führenden Indizes zu einer Risikoabsicherung über Futures. «Die AI wird uns in Bärenmärkten vor starken Kursverlusten schützen. Erst wenn die Maschine grünes Licht gibt, lösen wir die Absicherungen wieder auf», so Gum. Der Leistungsausweis für diese Strategie steht noch aus.
Ebenfalls auf eine Beimischung von KI setzt MaCX Asset. Das Unternehmen nutzt zur Entwicklung von Investmentstrategien sowohl künstliche Intelligenz als auch statistische und mathematische Modelle. Mit Hilfe der Machine-Learning-Programme werden in Preisdaten Muster gesucht. Diese sind kompliziert und für Menschen nicht erkennbar. Mit Hilfe dieser Informationen investiert MaCX Asset Geld von Investoren. 2018 brachten die Strategien laut Firmenangaben trotz der allgemeinen Korrektur einen Gewinn. Nach MaCX-Asset-CEO Eduardo Montes ist eine KombinaIndikatotion aus traditionellen Methoden und KI der sinnvollste Weg. «Es wird noch lange eine Mischung sein», sagt er.
Während zunehmend mit KI für Produkte geworben wird, stellt sich die Frage, ob es wahre künstliche Intelligenz in der Vermögensverwaltung heute überhaupt schon gebe. «KI nützt eigentlich noch niemand», führte Joanne Hannaford von Goldman Sachs in einem Interview aus. Da das Thema angesagt ist, wird es vom Verkauf gerne aufgenommen. «Bei Fonds, die AI im Namen tragen, ist viel Marketing dabei», sagt Ali Masarwah von Morningstar. Er hat den Eindruck, dass im Bereich KI vieles zusammengeworfen werde, was nicht zusammengehöre.
Dass echte KI noch auf sich warten lässt, verwundert nicht, denn die Herausforderungen sind gross. In vielen Fällen lässt die Qualität der Daten zu wünschen übrig. Diese kommen sehr unstrukturiert daher, vergleichbar mit einem zerlegten Puzzle. Häufig erkennen Maschinen dann Muster, die längst bekannt sind oder sich schwer in Strategien umsetzen lassen. Gleichzeitig ist die Gefahr von Scheinkorrelationen gross. Je komplexer die Analysen, desto grösser wird das verbreitete Problem des «Overfitting». Dauern die Analysen zu lange, werden Muster mitunter schlechter erkannt. Die Programme orientieren sich dann zu genau an den Trainingsdaten und funktionieren nicht mehr. So kann etwa ein Programm zum Lesen von Handschriften ab einem gewissen Punkt nur noch Schriften erkennen, mit denen es trainiert wurde.
Problematisch ist auch die Komplexität. Programmierer verstehen nicht, was die Finanzexperten genau von ihnen wollen. Umgekehrt können sich die Finanzexperten kaum in die digitale Welt der Computercracks versetzen.
Der Spielraum für Manipulationen der Programme ist gross. Ein Risiko bilden gezielt verbreitete Störinformationen. «Es ist frappierend, wie leicht sich Maschinen täuschen lassen», sagt Michael Fraikin. Wie die an KI forschende Hochschule Kaiserslautern aufzeigen konnte, reichen wenige, für das menschliche Auge nicht erkennbare Änderungen der Pixel in einem Bild aus, dass eine Maschine einen Gorilla mit einem Schmetterling verwechselt. Noch viel einfacher ist es, eine NLPMaschine mit negativen Kommentaren auf Twitter zu täuschen.
Vom Crash überfordert
Solche Dinge stören schon den Normalbetrieb. Verhalten sich die Finanzmärkte wie im Falle eines Crashs extrem, geraten die Programme rasch an ihre Grenzen. Beim «Flash Crash» von 2010 etwa spielten die Kurse komplett verrückt; bis heute kennt man die genauen Auslöser nicht. Auch beim Ausverkauf am 5. Februar 2018 sollen Algorithmen die Börsen nach unten gerissen haben. «Wie ein Autopilot nie in der Lage gewesen wäre, einen Jet auf dem Hudson River zu landen, können Algorithmen in Stresszeiten die Märkte nicht stabilisieren», sagte Joachim Wuermeling von der Deutschen Bundesbank bei einer Fintech-Konferenz.
In der Einschätzung Bastian Lechners von Catana Capital steht man in Sachen KI noch ganz am Anfang. Von intelligenten, also selbstbestimmt handelnden Systemen sei man weit entfernt: «Die Systeme sind gut in einer Sache, und das ist es dann auch.» Noch habe man keine Idee, wie man von «gut in einer Sache» zu gut in zwei oder mehr Dingen komme. Erst 2040 sollen die Computer mit dem menschlichen Verstand gleichziehen: Man spricht hier von «Artificial General Intelligence». Und für 2060 prognostizieren Experten die «Superintelligence», die dem Menschen überlegen sein wird. «Von der Vision eines selbstbestimmt handelnden digitalen Fondsmanagers, der sich immer weiter optimiert und ohne menschliches Zutun besonders gewinnbringende Anlageentscheide trifft, sind wir noch weit weg», sagt Michael Fraikin.
Einer, der an einem solchen Fondsmanager arbeitet, ist Chris Boos. «Muster zu erkennen, ist nichts Neues. Die Herausforderung ist es, einen Starinvestor vom Kaliber Warren Buffetts nachzubauen», sagt der KI-Experte. Dafür reiche ein einziger Warren Buffett allerdings nicht aus. Da ein Investor nicht genug Daten produziere, müsse man verschiedene erfolgreiche Investoren fragen, wie und warum sie Entscheidungen treffen, und das Programm mit diesen Informationen füttern. Einen erfolgreichen Manager könne man so multiplizieren, sagt Boos.
Eine Maschine müsse aber dann auch noch Erfahrungen sammeln. Die beinhalten Fehler, und das müsse auch erlaubt sein. «Wenn sich ein Mensch irrt, ist es menschlich. Irrt sich eine Maschine, ist sie kaputt», so Boos.
Dieser Text erschien in der Februar-Ausgabe 02/2019 der BILANZ.