Mehrmals im Jahr wird Mailand zum Tummelplatz des nationalen und internationalen Jetsets. Zuletzt wieder Anfang März, als die jüngste Ausgabe der Mailänder Fashion Week über die Bühne ging und die Schönen und Reichen von nah und fern in die lombardische Metropole strömten. In den Mailänder Modewochen präsentieren die grossen Modemarken ihre neusten Kollektionen, schweben Supermodels über die zahlreichen Laufstege in den genauso geschichtsträchtigen wie beeindruckenden Palazzi im Herzen der Stadt. Das Zentrum des Treibens bildet das «Quadrilatero della Moda», das Modeviertel mit seinen exquisiten Boutiquen von Kultmarken wie Gucci, Prada und Versace.
Der Bezirk ist aber auch zwischen den grossen Modeevents heiss begehrt. Nicht umsonst gilt die Via Monte Napoleone, die das Viertel durchquert, gemäss einer jährlichen verfassten Studie von Cushman & Wakefield als teuerste Adresse der Welt – noch vor der Fifth Avenue in New York oder der New Bond Street in London. Hier haben die Mietpreise 2024 exorbitante Höhen erklommen. Gegenüber dem Vorjahr sind sie um 11 Prozent gestiegen, gegenüber 2022 sogar um 30 Prozent. Pro Quadratmeter und Jahr werden Mieten von rund 20'000 Euro fällig. Mit durchschnittlichen Kaufpreisen von gut 30'000 Euro pro Quadratmeter gehören Immobilien in dieser Gegend zu den teuersten in Italien. Das Modeviereck in Mailand steht sinnbildlich für Stil, Eleganz – und Luxus.
Wirtschaftlicher, kultureller und kommerzieller Knotenpunkt
Wie im «Quadrilatero della Moda» haben sich die Immobilien in ganz Mailand zuletzt erheblich verteuert. «In den vergangenen fünf Jahren sind die Preise in Mailand um bis zu 40 Prozent gestiegen, während sie in anderen italienischen Metropolen im Durchschnitt nur um etwa 10 Prozent zugelegt haben», erklärt Vittoria Leonardi vom Immobilienmakler Engel & Völkers in Mailand. Der Preisanstieg dürfte sich auch im laufenden Jahr weiter fortsetzen, nachdem dieser 2024 auf dem breiten Markt etwas ins Stocken geraten war. Laut einer Studie des italienischen Immobiliendienstleisters Tecnocasa wird in Mailand für 2025 ein weiterer Anstieg der Mindestpreise um 2 Prozent und der Höchstpreise um 4 Prozent erwartet.
Galleria Vittorio Emanuele II: Nirgendwo lässt sich schicker einkaufen.
Der Boom in Mailand hat mehrere Auslöser: Profitiert hat die globale Mode- und Finanzmetropole einerseits von ihrer internationalen Attraktivität als wirtschaftlicher, kultureller und kommerzieller Knotenpunkt sowie von der guten Erreichbarkeit im Norden Italiens. Vor allem in den vergangenen fünf Jahren sind dem Mailänder Immobilienmarkt aber noch weitere Faktoren zugutegekommen: «Die Stadt hat in neue Infrastrukturprojekte investiert, welche die internen und externen Verbindungen verbessert haben und die verschiedenen Gebiete Mailands noch einfacher zugänglich machen», weiss Leonardi. Darüber hinaus habe die lombardische Hauptstadt in mehreren Gebieten, wie Porta Nuova, Scalo Farini, Citylife, Scalo di Porta Romana oder Navigli, eine umfangreiche Stadtsanierung durchgeführt, welche die Immobilienwerte ebenfalls in die Höhe getrieben habe. «Schliesslich war die Stadt nach der Expo 2015 auch regelmässig Gastgeberin von Veranstaltungen von globaler Bedeutung, die eine wohlhabende Kundschaft anziehen und das Prestige der Stadt steigern», ergänzt die Immobilienexpertin. Bereits 2026 steht mit den Olympischen Winterspielen die nächste Grossveranstaltung mit internationaler Ausstrahlung auf dem Programm.
Dass vor allem der Luxusimmobilienmarkt in Mailand eine Blütezeit erlebt, ist aber hauptsächlich auf die italienische Steuerpolitik zurückzuführen. Dank einer sogenannten Flat Tax für neu in Italien ansässige Steuerpflichtige hat die Modestadt einen regelrechten Zustrom von vermögenden Privatpersonen erlebt. Das Steuermodell sieht eine Pauschalsteuer von 100'000 Euro auf im Ausland erwirtschaftete Einkünfte vor. Dies begünstigt den Kauf von Luxusimmobilien durch eine wohlhabende, internationale Klientel. «Die Bedingung ist, dass der steuerliche Wohnsitz nach Italien verlegt wird, weshalb die Nachfrage nach Immobilien durch ausländische Investoren markant gestiegen ist», erklärt Barbara Magro, Inhaberin des gleichnamigen Luxusimmobilienunternehmens Barbara Magro Luxury Real Estate.
Fünfzimmerwohnung, 183 Quadratmeter, im Loreto-Quartier. Preis: 1,78 Millionen Euro.
Besonders begehrt bei vermögenden Personen, die aufgrund der Flat Tax mit ihren Familien nach Italien ziehen, ist wenig erstaunlich die internationale Stadt Mailand. «Fast alle diese Leute suchen hier Wohnungen, Penthouses oder grosse Liegenschaften mit 300 bis 2000 Quadratmetern sowie Terrassen und Garagen – vorzugsweise im Zentrum um Brera, Porta Venezia, Corso Magenta, das ‹Quadrilatero della Moda› oder die Zona Castello», hat Magro festgestellt. Aufgrund seiner trotz allem überschaubaren Grösse finden sie in Mailand sämtliche Annehmlichkeiten in kurzer Gehdistanz vor: Im Umkreis von vierzig Minuten zu Fuss gibt es internationale Schulen, sieben Universitätskliniken, hochstehende kulturelle und gastronomische Angebote sowie zahlreiche Freizeitaktivitäten. «Darüber hinaus überzeugt Mailand durch die Nähe zu den Bergen und die kurze Distanz zum Meer. Gleichzeitig kann man von hier den Süden und den Norden Europas in wenigen Stunden erreichen», so Magro.
International wettbewerbsfähige Preise – trotz Boom
Ein weiterer Pluspunkt von Mailands Luxusimmobilienmarkt sind die international wettbewerbsfähigen Preise. Zwar wurden in Bezirken wie dem Modeviertel zuletzt neue Rekordwerte bezahlt, was angesichts des begrenzten Angebots, insbesondere bei historischen Residenzen oder neu gebauten Wohnungen mit einzigartigen Merkmalen, kaum erstaunt. «Dennoch sind, trotz dem Prestige der Stadt, die Preise für Luxusimmobilien in Mailand im Vergleich mit anderen europäischen und globalen Metropolen nach wie vor wettbewerbsfähig», weiss Engel-&-Völkers-Expertin Vittoria Leonardi. Dies mache die Stadt besonders attraktiv für Investoren, die sowohl eine Wertanlage als auch Wachstumspotenzial suchen.
Residenz auf 300 Quadratmetern nahe der Basilica Santa Maria delle Grazie. Preis auf Anfrage.
Als Reaktion auf das beschränkte Angebot hat sich auch der Neubaumarkt in Mailand stark entwickelt. Die innovativsten und prestigeträchtigsten Projekte – vor allem jene im Zentrum der Stadt – konnten dabei oft bereits «ab Plan» verkauft werden. «Inzwischen verändern neue, zunehmend ikonische Wolkenkratzer die Skyline von Mailand. Stadtteile wie Porta Nuova und Citylife sind emblematische Beispiele für diesen Trend und ziehen sowohl ausländische als auch einheimische Investoren an, die an Luxusimmobilien interessiert sind», weiss Leonardi. Wie andernorts auch wird die Entwicklung von Neubauprojekten jedoch oftmals durch Einsprachen gebremst, was zu Verzögerungen bei der Vergabe der Baugenehmigungen oder später auch auf den Baustellen führt.
Unabhängig davon steht Mailand nach wie vor im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, wenn es um die Entwicklung innovativer Projekte geht, die das Wachstum der Stadt auch zukünftig vorantreiben. «Es gibt Bauprojekte für neue Immobilien bis 2030», weiss Barbara Magro. Trotz der intensivierten Bautätigkeit und den neuen Objekten, die dank ihren Annehmlichkeiten bei den Käufern und Käuferinnen keine Wünsche offenlassen, zeigt die vermögende Kundschaft aber weiterhin eine Vorliebe für die traditionsreichen Palazzi: «Unsere wohlhabenden Kundinnen und Kunden ziehen die historischen Häuser im Zentrum den neuen Objekten in Wolkenkratzern vor», erklärt Magro.
Fünfzimmerwohnung, 180 Quadratmeter, im Quartier Porta Romana. Preis: 1,61 Millionen Euro.
Wie auch immer sich die Käuferschaft entscheidet, die Prognosen für den Mailänder Immobilienmarkt sind durchwegs positiv. Das Wachstum dürfte trotz einer leichten Beruhigung weiter anhalten, im Bereich der Luxusimmobilien mit einem Plus von gut 3,5 Prozent. «Die Modemetropole wird auch zukünftig ausländische Investoren anziehen, die an hochwertigen Immobilien interessiert sind», ist Vittoria Leonardi von Engel & Völkers überzeugt. Und dank Events wie den Olympischen Winterspielen 2026 dürfte die Stadt zusätzlich ins Rampenlicht der Öffentlichkeit rücken. Etwas zurückhaltender schätzt Barbara Magro die Lage ein: «Ich denke, dass nun eine Stabilisierung der Preise auf hohem Niveau erfolgen wird. Weiter zulegen werden wohl vor allem die einzigartigen und raren Immobilien mit Tradition», erwartet sie.
Attraktive aufstrebende Distrikte
Schnäppchen dürfte man in den bekannten Vierteln im Zentrum von Mailand mittlerweile kaum mehr machen können. Doch es gibt selbst hier noch Regionen, die interessante Kaufmöglichkeiten bei den Immobilien bieten. Attraktiv erscheinen zum Beispiel einige aufstrebende und etwas periphere Gegenden wie die auch touristisch prosperierenden Distrikte Isola mit den begrünten Hochhäusern des «Bosco Verticale» oder Navigli mit seinen Kanälen und den kleinen Restaurants. «Hierbei handelt es sich um Viertel, die Tradition und Modernität vereinen und ideal für junge Berufspersonen und Familien sind», erklärt Vittoria Leonardi. Im Stadtteil Isola lag der durchschnittliche Quadratmeterpreis laut der Immobilienplattform Immobiliare.it im Januar 2025 bei 6391 Euro. Noch im Januar 2020 notierte hier ein Quadratmeter bei 5206 Euro, was ein Plus von über 22 Prozent in fünf Jahren bedeutet. Ähnlich sieht die Entwicklung auch im Navigli aus, wo die Preise im gleichen Zeitraum von 5561 Euro um fast 17 Prozent auf 6504 Euro gestiegen sind.
Venedig-Flair im Navigli-Quartier: Umfangreiche Sanierungen haben die Preise in die Höhe getrieben.
Noch etwas günstiger sind die Stadtteile Bovisa, der dank dem Polytechnikum Mailand und städtischen Entwicklungsprojekten in ehemaligen Industriegebieten ein starkes Wachstum ausweist, sowie Dergano – ein aufstrebendes Viertel, welches Authentizität und Modernität kombiniert und mit noch erschwinglichen Preisen und einer lebhaften lokalen Gemeinschaft überzeugt. Hier liegen die Quadratmeterpreise gemäss Immobiliare.it derzeit bei 3794 Euro – ein Anstieg von 46 Prozent gegenüber 2020.
Von solchen Preissteigerungen können Investorenim Luxusimmobiliensegment im Zentrum von Mailand inzwischen nur noch träumen. Zwar dürfte die Nachfrage aus dem In- und Ausland auch in Zukunft rege bleiben, zumal das Angebot nach wie vor beschränkt ist. «Doch dort kauft man die Immobilienobjekte inzwischen zu Marktpreisen. Als werthaltiges Investment überzeugen sie zwar nach wie vor. Das grosse Geschäft wird man im Zentrum aber kaum mehr machen können», ist Luxusimmobilienexpertin Barbara Magro überzeugt.
Dieser Artikel ist im Millionär, dem Magazin der Handelszeitung, erschienen (März 2025).