Der Corona-Lockdown hat grosse Teile der Wirtschaft lahmgelegt, nicht aber den Silber- und Goldmarkt. Seit Jahresbeginn 2020 notiert die Unze Silber (31,1 g bei Reinheit von 999,9) um gut 3 Prozent im Minus, jedenfalls in Dollar gemessen. Dagegen stieg der Preis für eine Unze Gold seither um über 14 Prozent.
Werner J. Ullmann ist Analyst und CEO von BB Wertmetall AG, Lenzburg.
Marktversagen bei Silber
Warum die Differenz? Internationale Investoren haben sowohl beim physischen Gold als auch beim physischen Silber erhebliche Zukäufe getätigt. Dies ist eine Reaktion auf die Tatsache, dass die Notenbanken derzeit massive neue Geldmengen aus dem Nichts kreieren.
Beim Gold gehen Nachfrage und Preis noch sichtbar Hand in Hand. Beim Silber klafft jedoch zunehmend eine Schere zwischen der Nachfrage und der Preisentwicklung. Anders gesagt funktioniert hier der Marktmechanismus offensichtlich nicht. Oder es finden Marktmanipulationen statt.
Silber massiv unterbewertet
Interessant in der Analyse ist, dass die Ausgangsbasis für steigende Silberpreise gemessen an den Fundamentaldaten besser ist denn je. Basis dafür ist die bekannte Gold-Silber-Ratio: Sie gibt an, wie viele Silberunzen man braucht, um eine Goldunze zu erwerben. Weicht diese Ratio stark vom historischen Mittelwert ab, ist dies ein Indiz für Übertreibungen.
Bei einer Gold-Silber-Ratio von rund 100 ist Silber so unterbewertet wie wohl nie zuvor in der Menschheitsgeschichte. Gemäss Vorkommen in der Erdkruste müsste die Kennzahl bei 17 liegen. Aktuell werden je eine Unze Gold etwa 8 Unzen Silber pro Jahr gefördert. Demnach müsste sich Preisverhältnis zwischen Gold und Silber sogar bei um 1:8 bewegen.
Aufschlussreich ist ausserdem ein Blick in die Bibel: Sie nennt Silber meist vor Gold. Denn Silber galt damals als gängiges Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel, während Gold vor allem für den Werterhalt grösserer Summen diente. Vom Prinzip her hat sich an diesen Verwendungszwecken über Jahrtausende nichts verändert.
Elektromobilität steigert die Nachfrage
Silber weist die höchste elektrische und thermische Leitfähigkeit aller Metalle auf und wirkt immunisierend. Anders als Gold stellt Silber darum einen unentbehrlichen Rohstoff für verschiedene Hightech-Anwendungen dar.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Ein Elektrofahrzeug benötigt drei Mal so viel Silber wie ein herkömmliches Auto. Allein aus der Autoindustrie dürfte – unter anderem aufgrund der staatlichen Förderungsmassnahmen der Elektromobilität – die Nachfrage nach Silber stark wachsen.
Smart in Silbergranulat investieren
Mit einem stolzen Bestand von wahrscheinlich rund einer Milliarde Unzen physischen Silbers sitzt die US-Grossbank JPMorgan Chase in den Startlöchern, um bei der Rallye eine Spitzenposition einzufahren.
Wie aber sollte man in Silber investieren? Anlagen in Derivate sind riskant, da diese oft 100-mal mehr Edelmetalle verkaufen als real überhaupt vorhanden sind. Aktien von Minenunternehmen kommen in Frage, wenn man zusätzlich zu den erheblichen Wertschwankungen noch die Management- und Länderrisiken hinnehmen will.
Edelmetall-Fonds sind eine Alternative, falls die Ware vollumfänglich physisch gelagert wird. Vorteilhaft ist es, in unbearbeitetes Silbergranulat zu investieren. Dabei handelt es sich um reines Silber, bei dem man sich anders als bei Silberbarren einige Verarbeitungskosten erspart. Hinzu kommt, dass Silbergranulat in der Industrie gefragt ist, weswegen es kaum je konfisziert werden sollte.