Es ist eine simple Frage, die sich im Unwort «Anlagenotstand» zusammenfassen lässt: Wie kann man heute noch sein Geld anlegen, ohne dabei Geld zu verlieren? Aktien sind teuer, Bankkonti werden nicht verzinst, Obligationen werfen fast nichts ab. Und Bitcoin ist für viele Menschen tabu.
Die Antwort lautet deshalb häufig: Immobilien. Die sind zwar auch teuer, gelten aber als sichere Investition. Und sie haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten fast ununterbrochen aufgewertet.
Gar nicht selten heisst die Antwort sogar: Renditeliegenschaften. Private kaufen sich also Mehrfamilienhäuser oder einzelne Wohnungen, um die Objekte anschliessend zu vermieten. Bei der UBS werden nahezu ein Fünftel aller Hypotheken zu diesem Zweck bezogen – bei anderen Banken dürften die Lage ähnlich sein. Dieses «Buy to let» ist zwar aufwändig und nicht risikolos, aber es locken regelmässige Mieteinnahmen.
In Bern-Bümpliz ist die Rendite am höchsten
Am einfachsten haben es Vermieterinnen in den grossen Städten: In Zürich, Bern oder Genf stehen Wohnungen selten lange leer, und die Mieten sind hoch. Allerdings sind die Immobilien in den Zentren auch sehr teuer, und sie sind nur schwer erhältlich: Es werden kaum Objekte zum Verkauf ausgeschrieben.
Mit anderen Worten: Wer in der grossen Stadt zum Vermieter werden will, muss besonders scharf kalkulieren. Die Immobiliendaten-Spezialisten von Price Hubble haben in einer exklusiven Auswertung analysiert, mit welcher Brutto-Rendite Investoren in den fünf grössten Städten rechnen können. Am höchsten fallen die Einkünfte am Stadtrand von Bern aus. Am tiefsten sind die Erträge laut dem Modell in der Zürcher Innenstadt.
Die Studie von Price Hubble zeigt auch die Rendite, die in den Grosstädten Deutschlands, Österreichs und Frankreichs erzielt werden kann. Dort ist «Buy to let» ausnahmslos einträglicher. Köln Meschenich ist für Investoren demnach ein regelrechtes Immobilienparadies: 7,3 Prozent soll die jährliche Rendite im Aussenquartier der westdeutschen Metropole betragen.
Kaufgelegenheit eruieren
► Wer kaufen will, muss sich genau informieren über die Immobilienpreise, die Standortqualität und die erzielbaren Mietpreise. Das heisst, sich bei Maklern in der gewünschten Region auf die Verteilerliste nehmen lassen und die Angebote auf Online-Plattformen wie Immoscout24, Homegate und Comparis studieren. Zudem kann man eine Immobilie auf pricehubble.com schätzen lassen. Besichtigungen geben ein Gefühl für das richtige Preis-Leistungs-Verhältnis. Ein Kaufangebot nur unterbreiten, wenn man sich seiner Sache sicher ist. Von einem Bietergefecht sollte man sich nicht mitreissen lassen.
Bankfinanzierung
► Die Bank gibt in der Regel eine Hypothek bis zu 75 Prozent auf den von ihr geschätzten Marktwert einer Renditeliegenschaft. Den Rest muss man als Eigenkapital einbringen. Vorsicht: Der von der Bank geschätzte Preis der Immobilie kann auch tiefer liegen als der bezahlte Preis. Die Differenz muss man als zusätzliches Eigenkapital einbringen. Dabei darf nicht auf Gelder aus der zweiten Säule zurückgegriffen werden, denn für die Finanzierung eines Renditeobjekts darf kein Geld aus der Pensionskasse vorbezogen werden. Bei den Bankofferten also nicht nur auf den Zins, sondern auch auf die Belehnungshöhe achten. Immerhin: Bei guten Kunden geht die Bank bei der Belehnung auch mal über die 75 Prozent hinaus. Tragbarkeitsüberlegungen wie bei Eigenheimkäufern spielen bei Renditeobjekten dagegen eine untergeordnete Rolle. Wichtig sind für die Bank die möglichen Mieteinnahmen. Aber auch hier wird sie eher zurückhaltend kalkulieren und optimistische Erwartungen im Zweifelsfall dämpfen.
Mietzins festlegen
► Um das Risiko und den Aufwand angemessen zu entschädigen, ist gemäss gängiger Finanzregel eine Bruttorendite von jährlich 4 Prozent auf den Kaufpreis zuzüglich allfälliger Renovationskosten anzustreben. Bei einem Wert des Wohneigentums von 1 Million Franken wären das also 40 000 Franken jährlich oder 3333 Franken monatlich (plus Nebenkosten). Aber vielerorts zeigt sich, dass Mieter nicht bereit sind, so viel zu bezahlen. Doch auch 3 Prozent Bruttorendite (2500 Franken Miete) können genügen, denn die Selbstkosten sind bei tiefen Zinsen gering. Natürlich würde nicht die gesamte Immobilie mit der Hypothek finanziert, sondern höchstens 75 Prozent, im Beispiel also 750 000 Franken. Der Rest von 250 000 Franken muss aus erspartem Eigenkapital finanziert werden. Für Hypothek und Amortisation werden demnach 2 Prozent von 750 000 Franken fällig. Das sind 15 000 Franken. Wenn die Mieteinnahmen 2500 Franken pro Monat betragen, erhält man 30 000 Franken Einnahmen pro Jahr. Der Gewinn vor Steuern und vor Rennovationen et cetera wäre also 15 000 Franken. Bezogen auf das Eigenkapital von 250 000 Franken entsprechen die 15 000 Franken Gewinn einer Rendite auf dem Eigenkapital von 6 Prozent. Die 15 000 Franken müssen dann als Einkommen versteuert werden ausser man gründet für die Immobilie eine Gesellschaft. Das kann sich lohnen, wie im Text auf Seite 25 zu lesen ist, denn dann muss die gegründete Immobiliengesellschaft den Gewinn versteuern, was günstiger ist. In welchem Verhältnis die Mieten zu den Immobilienpreisen stehen, ist ein sehr wichtiger Faktor. Daraus berechnet sich die Bruttorendite, die davon ausgeht, dass die gesamte Immobilie mit Eigenkapital finanziert wird – siehe im Text links und in den Tabellen unten links.
Mieter finden
► Die Vermietung erfolgt über dieselben Online-Plattformen, die man schon für den Kauf genutzt hat. Erfolgsfaktoren sind hervorragendes Bildmaterial, aussagekräftige Beschreibungen und ein akzeptabler Mietpreis. Idealerweise liegt dieser leicht unterhalb eines Schwellenwerts (also eher 1950 als 2000 Franken), weil sonst die Gefahr besteht, dass man vom System herausgefiltert wird. Mietinteressenten sollte die Wohnung möglichst persönlich gezeigt werden. Die idealen Mieter sind solvent und bleiben viele Jahre. Bleiben akzeptable Interessenten aus, muss man mit dem Mietzins runter, auch wenn es wehtut.
Selbst verwalten oder auslagern?
► Vermieten ist nicht immer ein Honiglecken. Geht die Waschmaschine oder der Geschirrspüler kaputt, werden die Mieter raschen Ersatz verlangen. Das verursacht nicht nur Kosten, sondern auch Umtriebe. Kleinreparaturen bis 150 Franken gehen zwar zulasten der Mieter. Aber das kann natürlich unangenehme Diskussionen mit sich bringen. Und auch ein Mieterwechsel ist nicht immer eine angenehme Sache. Denn nicht jeder Mieter sieht ein, dass er für unüblich starke Abnützung oder selbst verursachte Schäden haftet. Also die Vermietung einem Spezialisten überlassen? Für ein Einzelobjekt wird es schwierig werden, überhaupt eine professionelle Verwaltung zu finden. Und selbst, wenn: Agenturkosten von 3,5 bis zu 6 Prozent auf den Mietzins machen eine externe Verwaltung wenig attraktiv, zumal die Mietersuche weiterhin Sache der Eigentümer ist. Soll die Verwaltung auch für die Suche nach Neumietern zuständig sein, steigen die Kosten rasch auf 12 Prozent.
Risiken beachten
► Vermieten ist ein risikoreiches Geschäft. Das grösste Risiko sind Leerstände oder zahlungsunfähige Mieter. Steht eine Wohnung auch nur ein oder zwei Monate leer, ist die Nettorendite eines Jahres weg. Wer es sich leisten kann, sollte also auch bei Immobilien diversifizieren. Das heisst, mehrere Wohnobjekte zur Vermietung an mehreren Standorten erwerben. Zudem: Der aktuell extrem tiefe Hypozins ist nicht in Stein gemeisselt. Künftig kann er durchaus wieder auf 4 oder mehr Prozent steigen. Und auch die Häuserpreise müssen nicht zwangsläufig immer weiter nach oben gehen. Sie können auch fallen, wie beispielsweise in den 1990er Jahren, als die Preise um über 20 Prozent einbrachen. Dann könnte die Bank Nachschuss verlangen. Darum: Auch nach dem Kauf müssen genügend Reserven bleiben, um schlechte Zeiten zu überstehen. Experten beziffern diese auf bis zu 25 Prozent des Kaufpreises der Immobilie.
(Harry Büsser/Fredy Hämmerli)