Seit der Revision des Gleichstellungsgesetzes sind Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden dazu verpflichtet, alle vier Jahre eine betriebliche Lohngleichheitsanalyse durchzuführen. 2023 müssen börsenkotierte Unternehmen erstmals über ihre Erkenntnisse informieren. Zu welchen Ergebnissen ist Zurich dabei gelangt?
Zurich Schweiz hat nicht gewartet, bis der Gesetzgeber von Unternehmen verlangt, die Lohngleichheit auszuweisen. Als erste Schweizer Finanzdienstleisterin und als erste SMI-relevante Arbeitgeberin hat uns die unabhängige Stiftung EDGE schon 2017 mit dem «Move»-Label für die Gleichstellung von Mann und Frau ausgezeichnet. Ein zentraler Teil davon ist gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Seither überprüfen wir freiwillig jedes Jahr die Lohngleichheit, auch mit dem Standard-Analysetool des Bundes (LOGIB), damit wir den erforderlichen qualitativen und rechtlichen Vorlagen entsprechend handeln.
Welche Massnahmen tragen bei Zurich konkret zur Lohngleichheit im Unternehmen bei?
Wir analysieren regelmässig und systematisch die Vergütungen unserer Mitarbeitenden. Neben den üblichen jährlichen externen Vergütungsbenchmarks führen wir auch kontinuierlich interne Vergütungsstrukturanalysen durch. Ferner überprüfen wir im Rahmen unseres Performance-Management-Prozesses, ob eventuelle Bias-Tendenzen hinsichtlich des Geschlechts, Alters oder auch hinsichtlich Führungs- und Hierarchieebenen zu erkennen sind, um so umgehend die erforderlichen Massnahmen ergreifen zu können.
Neben der Lohngleichheit ist auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein grosses Thema. Was zeichnet Zurich in diesem Bereich besonders aus?
Bei Zurich leben wir eine Vertrauenskultur. Resultate zählen, nicht Präsenz. Deshalb ermöglichen wir seit Jahren mit unserem «Flexwork»-Programm für sämtliche Rollen in der Organisation die Vereinbarkeit von beruflicher Anforderung und persönlicher Präferenz. Das beinhaltet unter anderem Homeoffice, mobiles und flexibles Arbeiten, Teilzeit auf Probe, Jobsharing oder auch Sabbaticals. Stellen werden stets mit Pensen von 80 bis 100 Prozent ausgeschrieben, um auch so Flexibilität anzubieten. Zudem haben wir eines der fortschrittlichsten Elternzeitmodelle der Schweiz, das auch bei Adoptionen und für gleichgeschlechtliche Eltern gilt. Mit all diesen Angeboten fördern wir auch gezielt die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Mitarbeitenden. 94 Prozent sagen, sie seien glücklich mit ihrer Work-Life-Balance.
Was bedeutet «Vereinbarkeit» für Sie persönlich?
Als Mutter einer zwölfjährigen Tochter verbringe ich gerne so oft wie möglich am frühen Abend Zeit mit ihr. Wir tauschen uns aus, lernen zusammen, reden über allerlei. Danach setze ich mich nochmals an meinen Computer. Oder ich vermeide Wartezeiten im Pendelverkehr, indem ich zuerst ein virtuelles Meeting von zu Hause mache und später ins Büro gehe. Genau das ist «Flexwork». Ein für mich perfektes Modell, das mir erlaubt, grundsätzlich so zu arbeiten, wie es meinen Bedürfnissen entspricht, und dabei den geschäftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Dieser Freiraum sorgt für motivierte und engagierte Mitarbeitende und insgesamt für eine Organisation, die besser vorbereitet ist für die Zukunft.
Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf? Welche Herausforderungen kommen auf uns zu?
Digitalisierung und künstliche Intelligenz verändern unser Leben fundamental. Berufs- und Privatleben verschwimmen durch digitale Tools, Homeoffice und ständige Erreichbarkeit. Um nachhaltig damit umzugehen, braucht es neue Kompetenzen. Wir verstehen das als Chance. Lebenslanges Lernen und die konsequente Stärkung der Weiterentwicklungsfähigkeit, unabhängig von der Generationszugehörigkeit, sind deshalb bei Zurich zentral. Wir nehmen die Herausforderungen an und gestalten gemeinsam aktiv die Arbeitswelt der Zukunft. So begegnen wir auch dem Fachkräftemangel und berücksichtigen die Wünsche unserer Mitarbeitenden.
* Jolanda Grob leitete die Personalabteilung von Zurich Schweiz bis Ende Juni 2023, worauf sich auch das vorliegende Interview bezieht. Per 1. Juli 2023 ist sie zur Group Chief People Officer der Zurich Gruppe befördert worden.
Die Versicherungswirtschaft setzt sich für Themen wie «Lohngleichheit» und «Vereinbarkeit von Familie und Beruf» ein und bietet attraktive Arbeitsmodelle an. Eine aktuelle Erhebung der Universität St. Gallen zeigt, dass die durchschnittliche unerklärte Lohndifferenz in der Versicherungswirtschaft bei 2,95 Prozent und damit deutlich unter der vom Bund gewährten Toleranzschwelle von 5 Prozent liegt. Dem Grundsatz «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit» wird somit Rechnung getragen.
Datensammlung: Ergebnisse der Lohngleichheitsanalysen in Schweizer Unternehmen