Das Parlament will das Wachstum der Krankenkassenprämien mit Kosten- und Qualitätszielen im Gesundheitswesen dämpfen. Der Mitte-Partei geht der indirekte Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative aber zu wenig weit. Sie hält am Volksbegehren fest.
Gemäss der Volksinitiative «Für tiefere Prämien - Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)» müssen Bund und Kantone zusammen mit den Akteuren des Gesundheitswesens Massnahmen ergreifen, wenn die Kosten im Vergleich zur Lohnentwicklung zu stark steigen. Der Fall wäre dies, wenn das Kostenwachstum pro versicherter Person ein Fünftel über der Nominallohnentwicklung läge.
In der abgelaufenen Herbstsession hat das Parlament das Volksbegehren zur Ablehnung empfohlen, jedoch einen indirekten Gegenvorschlag dazu verabschiedet. Mit Massnahmen im Krankenversicherungsgesetz (KVG) soll das Kostenwachstum im Gesundheitswesen mit Kosten- und Qualitätszielen gedämpft werden.
Kostenbremse-Initiative «dringender denn je»
Bundesrat und Parlament hätten den Handlungsbedarf zwar erkannt, sagte Mitte-Präsident und -Nationalrat Gerhard Pfister (ZG) am Donnerstag vor den Medien in Bern. Der Gegenvorschlag sei aber zu wenig griffig, weil das Gesetz keine Vorgaben mache für den Fall, dass die Kosten- und Qualitätsziele nicht erreicht werden. Deshalb sei die Kostenbremse-Initiative «dringender denn je».
Im Entwurf des Bundesrats waren noch Massnahmen vorgesehen im Falle von verpassten Zielen. Demnach wären die Tarifpartner, die Kantone und der Bund verpflichtet gewesen, in den Bereichen in ihrer Verantwortung zu prüfen, ob korrigierende Massnahmen notwendig sind. Solche Massnahmen hätten laut dem Bundesrat beispielsweise die Anpassung von Tarifen oder die Zulassung von Leistungserbringern betreffen können.
Das Parlament lehnte diesen Artikel im revidierten KVG aber ab - auch die Mitte-Partei sagte Nein. In der Schlussabstimmung stimmte der Nationalrat dem abgeschwächten Gegenvorschlag mit 163 zu 0 Stimmen bei 33 Enthaltungen zu, der Ständerat mit 39 zu 1 Stimmen bei 4 Enthaltungen.
Volk soll ein Zeichen setzen
Knapper war das Verdikt zur Abstimmungsempfehlung: Die grosse Kammer sagte mit 110 zu 31 Stimmen bei 55 Enthaltungen Nein zur Kostenbremse-Initiative, die kleine Kammer mit 20 zu 14 Stimmen bei 10 Enthaltungen. In beiden Räten enthielt sich die Mehrheit der SP und der Grünen der Stimme.
«Es ist jetzt an der Zeit, dass das Volk ein Zeichen gegen die Kostenverschwendung im Gesundheitswesen setzen kann», sagte Pfister. Die steigenden Krankenkassenprämien seien das Sorgenthema Nummer eins der Bevölkerung - und auch das wichtigste Wahlkampfthema der Mitte-Partei.
Mitte-Vizepräsident und -Ständerat Charles Juillard (JU) rechnete vor, dass seit der Lancierung der Kostenbremse-Initiative vor fünf Jahren die Gesundheitskosten um 12 Prozent gestiegen seien, die Nominallöhne in der gleichen Periode aber nur um 2,5 Prozent zugenommen hätten. «Eine von vier Personen kann die Prämien nicht mehr aus dem eigenen Portemonnaie bezahlen.»
Das Parlament in der Pflicht
Die Mitte sprach von einem riesigen Sparpotenzial im Gesundheitswesen - und stützte sich erneut auf einen Expertenbericht. Demnach könnten heute bereits 20 Prozent oder 6 Milliarden Franken der Kosten pro Jahr eingespart werden, und das ohne Qualitätsverlust.
«Das Problem ist nicht, dass man es nicht wüsste, das Problem ist, dass man es nicht macht», sagte Pfister. Es sei nun an der Zeit, entschlossen zu handeln, ergänzte Juillard. Der Berner Nationalrat Lorenz Hess merkte an, dass auch das Parlament in der Pflicht sei: «Wir setzen nicht alles um, was nötig wäre», sagte er. Es sei zentral, dass der Bundesrat Massnahmen auch durchsetzen könne, wenn sich die Akteure weigerten.
Die Mitte-Partei gilt als Mehrheitsbeschafferin im Parlament. Sie kann sowohl in Kooperation mit Rot-Grün als auch mit den anderen bürgerlichen Parteien Vorlagen durch das Parlament bringen. Falls die Kostenbremse-Initiative das Volks- und Ständemehr erreichen würde, wäre es erneut am Parlament, eine Lösung auf Gesetzesstufe zu verabschieden.