Die Renten von Frauen sind in der Schweiz deutlich niedriger als diejenigen der Männer. Lassen sich Frauen das BVG-Guthaben als Rente auszahlen, erhalten sie im Mittel 1400 Franken. Das sind 40 Prozent weniger als die durchschnittliche Rente von Männern. Noch grösser ist die Kluft beim Kapital in der zweiten Säule: Männer haben im Durchschnitt rund 250'000 Franken auf der hohen Kante, Frauen lediglich 110'000 Franken – und damit weniger als die Hälfte.

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Das ist einerseits unterschiedlichen Erwerbsbiografien und Löhnen geschuldet. In der Schweiz kommt aber eine Reihe institutioneller Defizite dazu, weshalb das Land im internationalen Vergleich einen überdurchschnittlich hohen Gender Pension Gap aufweist. Dazu zählen unter anderem die Eintrittsschwelle in der beruflichen Vorsorge und die unzureichende Berücksichtigung von Betreuungszeiten im Vorsorgesystem. Aus sozialpolitischer Sicht ist das kritisch zu hinterfragen.

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Unterstützung für Reformen

Noch stockt die politische Diskussion zur Reduktion des Gender Pension Gap. Um den Ball ins Rollen zu bringen, hat Pensexpert das Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen beauftragt, Reformvorschläge zu entwickeln. Diese wurden im Rahmen einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung so wie mit vierzig Expertinnen und Experten diskutiert.

In der zweiten Säule wollen sowohl die Bevölkerung als auch die befragten Fachleute die Eintrittsschwelle abschaffen und damit auch Geringverdienende in die berufliche Vorsorge einbinden. Ausserdem sind sie der Ansicht, dass das Eintrittsalter für das Sparen in der beruflichen Vorsorge von heute 25 auf 18 Jahre gesenkt werden sollte. Nicht zuletzt befürworten sie die Möglichkeit, etwaige Lücken in der Säule 3a nachzufinanzieren, die als Folge von Auszeiten für die Kinderbetreuung oder Pflege entstanden sind.

Auch neuere Familienbilder wie Konkubinate sollten im Vorsorgesystem bessergestellt werden. Das käme zum Beispiel dann zum Tragen, wenn auch das Vorsorgevermögen unverheirateter Paare bei einer Trennung aufgeteilt würde.

Eine weitere Stossrichtung wäre, bei der Geburt eines Kindes das Altersguthaben beider Elternteile für eine bestimmte Zeit gleichmässig aufzuteilen, um so unterschiedliche Pensen auszugleichen. Bei der Pensionskasse des Hauptverdieners würden so theoretisch neu zwei Alterskonten geführt – eines für den Hauptverdiener, das andere für den Elternteil, der die Kinder betreut. Bei Frauen dürfte ein solches Splitting das Bewusstsein für die Altersvorsorge schärfen und damit zu mehr Vorsorgewissen und besseren Entscheidungen führen.

Die Politik ist gefordert

Aus der grossen Einigkeit zwischen Bevölkerung und Fachleuten lässt sich ein klarer Handlungsauftrag an die Politik ableiten. Mindestens die politische Machbarkeit der Reformvorschläge sollte geprüft werden.

Relativ einfach umsetzbar wäre eine Reduktion der Eintrittsschwelle und des Eintrittsalters. Aber auch die Öffnung der Säule 3a, eine Reduktion des Koordinationsabzugs sowie eine Erhöhung des Renteneintrittsalters kämen ohne grössere Systemeingriffe aus, könnten aber dennoch eine grosse Wirkung entfalten.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich Frauen gemäss der Studie tendenziell später als Männer mit dem Thema Vorsorge befassen und weniger Finanzkenntnisse haben. Doch für einen finanziell sorgenfreien Ruhestand ist es entscheidend, dass sich Frauen möglichst früh mit Vorsorgethemen auseinandersetzen. Mehr Eigenverantwortung wäre also zentral, aber auch Finanz- und Vorsorgeanbieter müssten das komplexe Thema aktiver ansprechen und verständlicher vermitteln. Das würde es Frauen schliesslich auch erlauben, sich aktiver in die Diskussion zur Reform des Schweizer Vorsorgesystems einzubringen und so ihren Anliegen Gehör zu verschaffen.

Nicole Büchi, Kundenberaterin Pensexpert, Luzern