Eine geradlinige, vorausschauende Frau: Das ist der erste Eindruck, der im Gespräch mit Hedwig Ulmer entsteht. Seit Juni 2020 ist sie Mitglied der Geschäftsleitung bei Helvetia Versicherungen Schweiz und leitet die Bereiche Berufliche und Private Vorsorge mit mehr als 300 Mitarbeitenden. In dieser Funktion ist sie mit ihrem Team verantwortlich, dass zum Beispiel Versprechen der Zukunft an die Versicherten – also die Auszahlung von Renten oder eine Lebensversicherung – auch wirklich nachhaltig und sicher erfüllt werden können. Es gilt, entsprechende Geldreserven zu bilden und Preise für Produkte angemessen einzuschätzen, nicht zu hoch, nicht zu tief.
Als Mathematikerin hat Hedwig Ulmer die Zahlen im Griff und strahlt gleichzeitig soziale Kompetenz aus, wenn sie mit Blick auf ihre Führungsaufgabe sagt: «Es ist mir wichtig, Transparenz, Offenheit und die gemeinsame Sache in den Vordergrund zu stellen, nicht die einzelne Person oder Partikularinteressen.» Lösungswege gemeinsam erarbeiten und mit dem Team etwas Gutes bewegen – so arbeitet Hedwig Ulmer am liebsten. Sie sieht enges Zusammenarbeiten mit verteilten Rollen auch als beste Voraussetzung, um die «enorm spannenden Aufgaben», die im Bereich Vorsorge anstehen, gemeinsam zu bewältigen.
Wie gelingt der Aufstieg in die Bereichs- und Geschäftsleitung? «Planung wird überschätzt, das Glück unterschätzt», meint Hedwig Ulmer rückblickend. Wer Verantwortung übernehmen will, braucht Mut. «Und das Wollen ist entscheidend, also nicht darauf warten, dass man zum Tanz aufgefordert wird, sondern sich zeigen. Und die Bereitschaft, auch Risiken einzugehen», sagt sie. Wer parat ist, kann mit Neugier Chancen ergreifen, die sich bieten. Hedwig Ulmer hatte auch Glück mit ihren Vorgesetzten. «Sie gaben mir eine Chance, Verantwortung zu übernehmen – während ich mit dem ersten Kind schwanger war –, und glaubten an mich.» Gleichzeitig erlebte sie Kolleginnen, Freundinnen und Familie, die sie im entscheidenden Moment ermutigt und unterstützt haben.
Im Beruf die Ausbildung monetarisieren
Aus der Leidenschaft für Mathematik hat sie einen Beruf gemacht. Schon mit 17 Jahren traf sie die Entscheidung, dass sich ein MINT-Fach am Arbeitsmarkt besser monetarisieren lässt als Theaterwissenschaften oder Kunstgeschichte – beides Fächer, die sie auch interessiert hätten. «Ich wollte aber finanzielle Unabhängigkeit erreichen», erklärt Hedwig Ulmer ihre Entscheidung. Willen, disziplinierte Arbeit, Ausdauer und Neugier: Das sind für sie weitere wichtige Zutaten, aus denen Karriere gewoben wird. Jungen Frauen legt sie ans Herz: «Seht euch bei der Berufswahl die naturwissenschaftlichen Fächer an!» Im Ingenieurberuf oder in der Mathematik stecke enorm viel Zukunftsmusik. «Das sind unglaublich spannende Disziplinen mit viel Gestaltungsmöglichkeiten. Und sie helfen uns zu verstehen, wie unsere Welt funktioniert.»
In vielen Unternehmen steht mehr Diversität oben auf der Agenda. Daher sei aktuell ein guter Moment für Frauen, um Karriere zu machen – unabhängig von der Branche, meint Hedwig Ulmer. Ihre Prognose: «Gerade für die Jungen eröffnen sich viele Chancen. Die Wege stehen offen.»