Versicherungsbetrug ist alles andere als ein Kavaliersdelikt. Den Schweizer Privatversicherern reisst dies ein jährliches Loch von bis zu 10 Prozent der ausbezahlten Versicherungsleistungen in die Kassen, wie Zahlen des Schweizerischen Versicherungsverbands SVV aus dem Jahr 2018 zeigen.

HZ Insurance wollte von der Branche wissen, wie die künstliche Intelligenz (KI) dieses Problem beeinflusst. Die Versicherer wurden angefragt, wie der Einsatz von KI dazu beiträgt, Betrugsmuster schneller und zuverlässiger zu erkennen, und welche Effizienzgewinne dadurch erzielt wurden. 

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Gefälschte Rechnungen, Fotos oder Dokumente

Vaudoise schreibt dazu, dass KI Fälle identifizieren könne, die der Mensch aufgrund der hohen Menge nicht zwingend erkennen würde – etwa gefälschte Rechnungen, Fotos oder Dokumente. So könnten Problemfälle aus der Standardbearbeitung aussortiert werden. Die Mitarbeitenden würden darauf aufmerksam gemacht, mehr Auskünfte zum Schadenfall zu verlangen und von der KI hervorgehobene Punkte zu untersuchen.

Die Axa verspricht sich vom KI-Einsatz die Erkennung zusätzlicher Missbrauchsfälle, die man mit bisherigen Methoden nicht erkannt hätte. Weiter hoffe man, dass dank KI relevantere Verdachtsfälle ausgesteuert und genauer untersucht werden könnten. Dadurch könnten Ressourcen effizienter eingesetzt werden. 

Auch für die Allianz ist KI längst zur täglichen Helferin herangewachsen. Die Technologie gelangt dort zur Erkennung von Schadensfällen, einschliesslich der Verarbeitung natürlicher Sprache, Bild- oder Videoanalyse sowie prädiktiver Modellierung zum Einsatz. Damit lasse sich widersprüchliche oder betrügerische Sprache erkennen, Anomalien und Manipulationen in Bildern aufspüren und die Wahrscheinlichkeit von Betrug auf der Grundlage historischer Daten einschätzen.

Verdachtsfälle effizienter gekennzeichnet

Bei der Zurich würden sich KI-Methoden laut einem Sprecher sehr gut als Ergänzung zu regelbasierten Betrugserkennungssystemen eignen. Die Technologie könne grössere Datenmengen rascher auf Anomalien und Auffälligkeiten durchsuchen, und in Kombination mit regelbasierten Methoden würden Verdachtsfälle effizienter gekennzeichnet für die weitere Abklärung durch Spezialisten. Dies erhöhe sowohl die Effizienz als auch die Effektivität der Betrugserkennung, teilt der Versicherer weiter mit.

Doch welche Arten von Versicherungsbetrug können mit KI-gestützten Analyseverfahren besonders effektiv aufgedeckt werden? Und wo stösst die Technologie in der Betrugserkennung derzeit an ihre Grenzen?

Zurich schreibt hierzu, dass durch generative KI zu erwarten sei, dass künftige Betrugsversuche noch raffinierter erfolgten, etwa mittels Deepfakes. Man beobachte deshalb den Markt fortlaufend, um neue technologische Möglichkeiten frühzeitig zu verstehen und in die Prozesse einzubinden, so der Versicherer weiter.

Wertvolle Zeit sparen

Bei Axa Schweiz tönt es derweil ähnlich: Man sehe vorrangig in zwei Bereichen Zusatznutzen durch den Einsatz von KI. Etwa in der Erkennung von gefälschten oder manipulierten Belegen und Fotos. Und bei der Erkennung von Widersprüchen oder Unregelmässigkeiten in den Dokumenten eines Schadenfalls.

In Lausanne ist man der Ansicht, dass KI bei der Erkennung von Versicherungsbetrug wertvolle Zeit spare. Die KI verknüpfe Ereignisse, Personen oder Begebenheiten, indem sie Tausende von Daten abgleiche und aus jedem nachgewiesenen Betrugsfall lerne, wie die Vaudoise Versicherung gegenüber HZ Insurance mitteilte. Einzelne Fälle manuell zusammenzustellen, wäre aus personeller Sicht nur schwer oder gar unmöglich zu bewältigen, betont der Versicherer. 

Kreativität und Anpassungsfähigkeit gefordert

Die Baloise teilt mit, dass sich KI-gestützte Analyseverfahren als besonders effektiv bei der Aufdeckung von Mustern – etwa bei gefälschten Schadensmeldungen, Falschangaben und untypischen Verhaltensweisen – erwiesen haben. Allerdings gebe es technologische Grenzen, da komplexe Betrugsmethoden, die menschliche Kreativität und Anpassungsfähigkeit erforderten, schwerer zu erkennen seien. 

Wo aber Licht ist, ist auch Schatten: Dass KI zur Aufdeckung von Betrugsfällen beiträgt, ist unbestritten, so der Tenor in der Branche. Dass auf der anderen Seite auch das Betrugsrisiko steigt, ebenso, weil die technologischen Mittel zur Erstellung von Fälschungen immer besser werden. Deshalb pochen die Versicherer darauf, die KI-Algorithmen kontinuierlich weiterzuentwickeln und der Kreativität skrupelloser Personen anzupassen.

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