Wie sich mit einer Lebensversicherung Geld waschen lässt? Indem man am Anfang ungewöhnlich viel Geld einzahlt, den Wohnsitz kurz nach Vertragsabschluss ins Ausland verlegt, den Begünstigten wechselt und eine vorzeitige Rückzahlung ‒ am besten noch in bar ‒ veranlasst. Auffällig ist auch, wenn der Vertrag vorzeitig aufgelöst wird, selbst wenn dabei signifikante Verluste oder erhebliche Steuernachteile entstehen, die dem Nutzniesser offensichtlich gleichgültig sind.
Versicherer müssen jeden Vertragspartner prüfen
Versicherer sind daher angehalten, die oben genannten Indikatoren als Risikofaktoren zu werten und alle Versicherungsabschlüsse und Vertragsanpassungen sowie ungewöhnliche Vorgänge, die ein bestimmtes Risiko überschreiten, genau zu prüfen. Als Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz müssen Versicherer jeden Vertragspartner und, soweit vorhanden, wirtschaftlich Berechtigten bereits vor Begründung der Geschäftsbeziehung identifizieren. Dazu gehört der Abgleich mit Sanktionslisten und eine PEP-Prüfung. Die Prüfungen müssen nicht nur bei Vertragsabschluss, sondern bei nahezu allen Aktionen ausserhalb der normalen Beitragszahlungen erfolgen.
Künstliche Intelligenz in der Versicherungsbranche
Mehr zum Thema Künstliche Intelligenz finden Sie im HZ Insurance Special «KI in der Versicherungsbranche».
Hohe Datenmengen sorgen für steigenden Personalbedarf
Einer Studie unter Versicherern der Versicherungsforen Leipzig und der Anwaltskanzlei BRP Renaud und Partner zeigt, dass drei Viertel aller befragten Studienteilnehmer von einem steigenden Personalbedarf im Bereich Compliance ausgehen. Das liegt vor allem auch an der enorm hohen Datenmenge sowie den mittlerweile sehr langen Sanktionslisten.
Die maschinelle Bearbeitung erfolgt dabei «nur» in der Risikoeinstufung. Liegen genügend Kriterien vor, wird ein Fall als «Treffer» eingestuft und der Compliance-Abteilung übergeben. Eine Bewertung findet im Rahmen der Risikoeinstufung also nicht statt. Diese erfolgt durch Mitarbeitende der Compliance-Abteilung.
«False Positives» binden manuelle Ressourcen, insbesondere für die Prüfung von kniffligen Fällen.»
Naturgemäss treten dabei eine Vielzahl von «falschen» Treffern (False Positives) auf, die zwar pro forma ein Risiko darstellen, bei näherer Betrachtung aber harmlos sind. Das bindet manuelle Ressourcen, insbesondere für die Prüfung von kniffligen Fällen. Ein Ansatzpunkt ist, die durch die Risikoprüfung aufgeworfenen False-Positive-Fälle durch Künstliche Intelligenz mithilfe von Machine Learning zu erkennen und auszufiltern.
Machine Learning führt zur Reduktion um 57 Prozent
Dazu nutzt die KI eine Vielzahl bereits geprüfter Fälle, um aus den Erfahrungen der menschlichen Compliance-Mitarbeitenden zu lernen. Erste Praxiseinsätze zeigen, dass sich beim Sanktions- und PEP-Listen-Check die Anzahl der manuell zu prüfenden Fälle um 57 Prozent senken lassen. Ein weiterer Vorteil: Auch die durch Compliance-Mitarbeitende nachträglich als «False-Positives» gekennzeichneten Fälle, die von der KI zunächst nicht erkannt wurden, können später zum Retraining des Machine-Learning-Algorithmus genutzt werden, um so die Filterrate weiter zu optimieren.
Cloud-Dienste für die KI-Anwendung
Für Versicherer bedeutet die Anwendung der KI eine Umstellung in der IT. Die steigende Datenverarbeitung und Prüfung der KI erfordern zusätzliche Rechenkapazitäten, die in Zukunft voraussichtlich weiter ausgebaut werden müssen. Hier bieten sich Cloud-Lösungen an, die auch spezielle KI-Hardware einsetzen können, um die grossen Datenmengen effizient zu verarbeiten und sich als Software-as-a-Service leicht an die eigenen Bedürfnisse anpassen lässt. (pm/hzi/sec)