Herr Lehmann, Ihr Verband konnte in den letzten Monaten einige wichtige Pflöcke einschlagen. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis?

Wer schnell zufrieden ist, kommt nicht weiter, und Zufriedenheit in der Wirtschaft birgt die grosse Gefahr von Stillstand, und Stillstand ist gleich Rückschritt. Als Verband der ungebundenen Versicherungsvermittler sind wir mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert wie etwa der Gewerbeverband, SVV oder die anderen Wirtschaftsverbände wie Economiesuisse oder der Arbeitgeberverband. Gleichzeitig sind diese Verbände auch zuverlässige Partner für unseren kleineren Verband, denn sie verfolgen wirtschaftlich die gleichen Ziele, also gesundes Wachstum und insbesondere keine unnötigen Regulierungen, welche das Erfolgsmodell Schweiz gefährden. Die Entwicklung unseres Verbandes empfinde ich als sehr positiv, um auf die Frage zurückzukommen.

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Bevor wir auf die spezifischen SIBA-Fragestellungen kommen; als alt Nationalrat mit bürgerlicher Ausrichtung, wie meinen Sie das mit der Gefährdung des Erfolgsmodells Schweiz?

Nun, wir verzetteln uns mehr und mehr in Regulatorien, die weder den Kundinnen und Kunden noch den Bürgerinnen und Bürgern einen Mehrwert bringen. Man bekommt immer mehr den Eindruck, dass wir uns in Selbstbeschäftigung üben und den Staatsapparat auf Bundes-, Kantonal- und Gemeindeebene aufblasen, sodass in einigen Jahren der Anteil an Staatspersonal und vom Staat abhängenden oder dominierten Unternehmen exorbitant zunehmen wird. Wenn wir nicht endlich Gegensteuer geben, werden in zehn Jahren bis 75 Prozent aller hiesigen Arbeitsstellen staatsnah sein und den liberalen Wirtschaftsgeist – eben das Erfolgsmodell – massiv verdrängen und somit auch gefährden. Wohin dies führt, kann man in den umliegenden Ländern beobachten. Der Think-Tank Avenir Suisse hat dazu bereits diverse Studien publiziert, die diese These untermauern. Dass diese Tendenz in links-grünen Kreisen ideologisch verankert ist, macht die Situation nicht besser, sondern sollte die KMU und den Mittelstand in der Schweiz aufhorchen lassen. Man darf den linken Ideologien, Moralisten und Weltverbesserern kein weiteres Terrain mehr zugestehen, sondern muss mit Vernunft und Augenmass politisieren. Hätten wir dieses kleine Prinzip auch bei der Energiepolitik verfolgt, müssten wir uns heutzutage nicht mit drohenden Blackout-Szenarien und zu hohen Kosten auseinandersetzen. 

Der politische SIBA-Präsident hat aber Ziele erreicht, die diesen Gefahren entgegenwirken?

Ja, und das freut unsere Branche extrem, dass wir nach jahrelangem Kampf ein Entschädigungsverbot im Bereich der zweiten Säule (BVG) abwenden konnten. Es ist uns gelungen – zusammen mit dem Gewerbeverband und weiteren Verbänden –, in Bundesbern erfolgreich sowohl den National- wie auch den Ständerat davon zu überzeugen, dass ein Courtagenverbot ein unverhältnismässiger Eingriff des Regulators wäre, welchen Bundesrat Alain Berset im Zusammenspiel mit den Gewerkschaften eingefädelt hatte, und zwar mit undemokratischen Mitteln, indem sie gegen das Vernehmlassungsgesetz verstossen haben. Nicht nur das ist den Parlamentariern sauer aufgestossen, sondern auch das generelle Verbot von Entschädigungen für wertvolle Dienstleistungen in dieser komplexen Branche. Profitieren doch KMU und deren Mitarbeitende extrem von Beratungen von gut ausgebildeten ungebundenen Versicherungsvermittlern.

Sie geben mir gleich das nächste Stichwort, nämlich die Ausbildung, und das führt zum nächsten Schwerpunkt der Revision des Versicherungsaufsichtsgesetz. Wie erfolgreich waren Sie da als Verband?

Wir konnten von Beginn an beim Gesetz und bei der Verordnung (AVO) mitarbeiten und diese auch entscheidend mitgestalten. Dabei haben wir alle Paragrafen unterstützt, die nach unserer Auffassung Sinn machen und den Kunden, aber auch den ungebundenen Versicherungsvermittlern einen Mehrwert bringen und uns als Verband in den Bemühungen für einen sauberen Brokermarkt vorwärtsbringen.

Und das hat funktioniert?

Zum Teil sehr gut und dann wieder weniger gut, weil seitens Behörden plötzlich wieder Neuerungen bzw. unnötige Regulierungen eingestreut wurden. Das macht uns schon noch Sorgen und wir hoffen, dass die Vernehmlassungseingaben zur AVO noch entsprechende Korrekturen bewirken.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Sicher! So wurde ein Artikel eingebaut, der eine detaillierte Finanzaufsicht der ungebundenen Versicherungsvermittler vorsieht, und das widerspricht unserer Auffassung nach dem ursprünglichen Geist des revidierten VAG, welches eine Missbrauchsaufsicht sein soll und kein unverhältnismässiger Eingriff in die wirtschaftliche Freiheit. Im Übrigen ist beabsichtigt – wie eingangs erwähnt –, wieder neue Stellen zu schaffen ohne Mehrwert für Kundinnen und Kunden, und dies muss auch noch von der Branche selbst finanziert werden.

Aber wir wollten doch eigentlich über die Ausbildung reden!

Genau, dies ist ein weiteres unserer wichtigen Ziele, nämlich zusammen mit dem VBV und weiteren Anbietern den Ausbildungsstand der Broker auf ein noch höheres Level zu bringen. Das VAG verlangt sogenannte Mindeststandards, welche derzeit ausgearbeitet und von uns wie auch von unseren welschen Kollegen der ACA mitgetragen werden. Zusätzlich wurde ein neuer Lehrgang für die Beratung in der zweiten Säule erfolgreich gestartet und auch spezifische Ausbildungslehrgänge für Broker. Erfreulich ist auch, dass die leidige Geschichte mit den Cicero-Credits bald der Vergangenheit angehören wird und der Aus- und Weiterbildungsnachweis auf ein neues, besseres und vernünftiges Fundament gestellt wird. 

Und nun noch ein Blick nach ganz vorne. Was streben Sie mit der SIBA an und was sind Ihre nächsten Ziele?

Wir wollen unseren Mitgliederbestand – mit qualitativ guten Brokerunternehmen – noch deutlich erweitern, diese auch zur Mitarbeit begeistern und damit einen Beitrag leisten, dass der Markt von «schwarzen Schafen» weitgehend bereinigt wird. Dann haben wir uns verpflichtet, eine Ombudsstelle für ungebundene Versicherungsvermittler einzurichten und als wichtigstes Ziel – neben vielen kleineren – streben wir die Akzeptanz als eigene Branche an, verbunden mit einer eigenen Aufsichtsorganisation, analog den Vermögensverwaltern. Aber dies braucht noch einige Gespräche und Überzeugungskraft.