- Die Konsolidierung im Schweizer Brokermarkt setzt sich fort
- Kleinen und mittleren Brokern machen Digitalisierung und Regulierung zu schaffen
- Top-Broker haben ehrgeizige Wachstumspläne
Die Bedeutung des Brokergeschäfts ist enorm: In der Schweiz decken sie Schätzungen zufolge rund 50 Prozent der im Markt platzierten Prämien ab, besagt eine Untersuchung des Beratungsunternehmens Oliver Wyman. Fast 90 Prozent aller mittleren und grossen Unternehmen arbeiten mit einem Broker zusammen. Ein auf den ersten Blick attraktiver Markt.
Kleinere Broker haben es immer schwerer
Gleichzeitig ist der Brokermarkt geprägt von zahlreichen Übernahmen und Zusammenschlüssen, die fast im Wochentakt vermeldet werden, so dass Marktbeobachter schon leicht einmal den Überblick verlieren können. Die Gründe liegen vor allem in den grossen Herausforderungen, vor denen die Branche steht: Auf der einen Seite die fortschreitende Digitalisierung, auf der anderen die regulatorischen Anforderungen, welche vor allem kleineren und mittleren Brokern schwer zu schaffen machen. Denn viele sind finanziell und personell kaum noch in der Lage, die damit verbundenen höheren Kosten und Komplexitäten alleine zu stemmen.
Verlingue konzentriert sich auf Nischen-Broker
Der Markt bleibt in Bewegung und die Konsolidierung setzt sich fort, unterstrich erst jüngst Marco Buholzer, CEO von Verlingue Schweiz, in einem Interview mit HZ Insurance. Verlingue selbst ist erst 2021 aus dem Zusammenschluss von MEEX, Advantis und der S&P Insurance entstanden und beschäftigt heute 115 Mitarbeitende. Für die Schweiz umriss Buholzer seine ehrgeizigen Wachstumspläne und die strategischen Prioritäten, welche die Sicherstellung des organischen Wachstums, die Stärkung des Vertriebs und das anorganische Wachstum durch die Übernahme von Brokerunternehmungen und -Teams umfasst.
Er schränkt aber ein: «Wir werden nicht um jeden Preis dazukaufen. Wenn jemand sein Geschäft zum höchsten Preis verkaufen will, dann sind wir vermutlich der falsche Partner. Wir wollen vielmehr Menschen zusammenbringen, die eine gleiche Einstellung, das gleiche Kundenverständnis haben. Unser Target sind mittelständische oder Nischen-Broker.»
Howden drosselt das Tempo etwas
In ein ähnliches Horn stösst Felix Jenny, CEO von Howden in der Schweiz in einem Interview mit der Handelszeitung. Seit dem Markteintritt 2021 hat sein Unternehmen ein fast schon atemberaubendes Tempo vorgelegt und in den wenigen Jahren ein Dutzend Versicherungsvermittler in der Schweiz aufgekauft. Mittlerweile ist Howden schweizweit mit rund 170 Mitarbeitenden an 11 Standorten präsent.
«Wir haben zunächst einen Grundstein gelegt und das bedurfte einer gewissen Geschwindigkeit. Um unsere regionale Präsenz und unser Know-how weiter zu stärken, werden wir auch künftig Brokerunternehmen erwerben, die Teil unserer Gruppe sein wollen und die zu uns passen. Aber sicherlich nicht im gleichen Tempo wie in den letzten zwei Jahren», schränkt er gleichzeitig ein.
Die dazugekauften Broker und deren Mitarbeitende müssen ja auch integriert werden, wie der erst kürzlich erworbene Versicherungspool BSC Broker Service Center. Auch wenn Howden in der Vergangenheit aggressiv auf Einkaufstour war, spricht sich Jenny für Vielfalt in der Brokerlandschaft aus: «In unserem Geschäft geht es um Beratungsqualität und das Schaffen von spürbarem Mehrwert für die Kundschaft. Versicherungsbroker, denen es gelingt, Ihren Kunden und Kundinnen beides zu erbringen, werden immer überleben.»
Qualibroker will in Qualitätsunternehmen investieren
Mit mehr als 400 Mitarbeitenden an 10 Standorten in der Schweiz zählt auch die Qualibroker-Swiss Risk & Care Gruppe zu den führenden Playern im Markt. Ihre Strategie in den kommenden Jahren konzentriert sich auf die drei Hauptachsen Akquisitionen, organisches Wachstum und die Einführung von Service-Lösungen, erklärt CEO Jean Maurice Callier.
«Was die externen Akquisitionen betrifft, so werden wir diese Strategie fortsetzen, um unsere Position als kundennaher Broker aufrechtzuerhalten», betont er. Erst vor rund einem Jahr vollendeten Qualibroker und Swiss Risk & Care ihren Zusammenschluss, der sie im Schweizer Markt in die Oberliga katapultierte. Und seit 2010 wurden insgesamt 25 Akquisitionen getätigt, die meisten davon in der Westschweiz.
Dieser Weg soll konsequent weitergegangen werden, sagt Callier: «Unsere Ergebnisse ermöglichen es uns, weiterhin in Qualitätsunternehmen zu investieren. Es handelt sich dabei um eine langfristige Arbeit, die wir mit Respekt und einem offenen Ohr für unsere potenziellen Brokerkollegen vornehmen. Über die finanziellen Interessen hinaus geht es immer um eine gemeinsame unternehmerische Vision. Diese ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration in unsere Gruppe. Unser menschenorientierter Ansatz hat es uns ermöglicht, jedes Jahr ein bis zwei Akquisitionen von hoher Qualität zu tätigen.»
Kessler & Co achtet auf die passende Philosophie
Ihre Marktposition als umfassende Risiko-, Versicherungs- und Vorsorgeberatung für mittlere und grosse Geschäftskunden weiter ausbauen will auch die Kessler & Co AG, mit rund 350 Mitarbeitenden ein weiteres Schwergewicht im Schweizer Markt.
«Unsere Branche steht vor Herausforderungen wie steigende Investitionskosten in IT, Umgang mit AI, Fachkräftemangel und auch regulatorischer Natur. Die Teilrevision des VAG hat die Dynamik sicherlich nochmals angekurbelt. Seit Jahrzehnten und gerade auch in diesem Umfeld waren und sind wir neben dem wichtigen organischen Wachstum auch aktiv daran interessiert, akquisitorisch zu wachsen, wie jüngst mit der Übernahme des Versicherungsbroking-Portfolios von Trianon oder der Übernahme von City Broker in Bern», zählt Managing Partner Christian Kessler die jüngsten M&A-Aktivitäten des Familienunternehmens auf und ergänzt: «Unser Augenmerk bei möglichen Akquisitionen liegt primär auf der strategischen und kulturellen Ebene. Stimmt die strategische Ausrichtung der beiden Unternehmen und deren Führung überein? Können wir für unsere Kunden neue Fähigkeiten entwickeln und unsere Kompetenzen erweitern? Passen die Mitarbeitenden in unsere Philosophie einer langfristig denkenden Familienfirma? Diese Fragen müssen wir für eine erfolgreiche Übernahme positiv beantworten können.»
Aon Schweiz, mit rund 380 Mitarbeitenden ein weiterer grosser Fisch im Schweizer Brokerteich, wollte sich auf Anfrage nicht zu möglichen M&A-Aktivitäten äussern. Trotzdem wird deutlich: Die Konsolidierung im Schweizer Markt wird sich weiter fortsetzen - auch wenn das Tempo in Zukunft vielleicht nicht mehr so hoch sein wird, wie in den vergangenen Jahren. Natürlich lassen sich die Top-Broker nicht gänzlich in die Karten schauen, aber ein Trend scheint sich abzuzeichnen: Qualität steht vor Quantität, lautet die Devise.