Der Euro erlebt seit dem Jahreswechsel eine Phase der Stärke. Insbesondere zwei Ereignisse haben der Gemeinschaftswährung Schub verliehen. Zum einen die Wahl Emmanuel Macrons als neuen Präsidenten Frankreichs und zum Anderen, wie schon häufig in den vergangenen Jahren, der EZB Präsident Mario Draghi. Nachdem sich abzeichnete, dass Emmanuel Macron die Wahlen in Frankreich für sich entscheiden würde, reagierte der Markt vor allem erleichtert. Neben den Niederlanden konnte auch in Frankreich eine Machtübernahme der rechtspopulistischen Partei verhindert werden.
Somit ist das Risiko eines Auseinanderbrechens der Eurozone zunächst gebannt. Grund genug für die Investoren dieses politische Risiko aus dem Euro herauszupreisen. Doch gerade als die erste Euphorie nachliess, trat plötzlich Mario Draghi wieder auf den Plan der Marktteilnehmer. Auf dem EZB Forum im portugiesischen Sintra Ende Juni liess er zuversichtlich verlauten, dass sich die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone fortsetzen würde. Auch die Inflationsziele sollten erreicht werden können.
Euro legte trotz Draghi-Auftritt deutlich zu
Genug für den Markt daraus zu schliessen, dass eine Normalisierung der Zentralbankpolitik spätestens im kommenden Jahr zu erwarten ist. Der Euro stieg gegen den US-Dollar bis auf 1.15 und gegen den Schweizer Franken bis auf einen Wechselkurs von 1.10. In der Pressekonferenz am Donnerstag relativierte Mario Draghi jedoch die Markterwartungen, indem er klar machte, dass eine Normalisierung der Zentralbankpolitik derzeit noch nicht abzusehen sei. Über die Zukunft der Anleihekäufe von derzeit 60 Milliarden Euro pro Monat werde erst im Herbst entschieden.
Weiter stellte er klar, dass eine Ausweitung eben dieser Anleihekäufe über das Ende dieses Jahres hinaus weiter eine Option für die EZB bleibt. Insbesondere betonte Mario Draghi, dass für die EZB die Priorität auf der weiteren Entwicklung der Inflation in der Eurozone liegt. Sollten wir also keine Verbesserung auf dieser Front sehen, ist mit einer Beendigung der Anleihekäufe oder gar einer Zinsanhebung nicht zu rechnen. Den Markt schien diese Aussage kaum zu beeindrucken – der Euro legte deutlich zu.
Für die SNB waren die vergangenen Monate ein Segen
Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) waren diese vergangenen Monate jedoch ein Segen. Sowohl die Devisenreserven als auch die Sichteinlagen von Banken sanken und zeigen deutlich, dass die SNB ihre verdeckten Devisenmarktinterventionen zurückgefahren hat. Gleichzeitig zeigt uns diese Entwicklung aber auch wie stark die SNB von der EZB und dem politischen Umfeld in Europa abhängt. Während die SNB von dem positiven politischen Umfeld in Europa profitiert wird die Unsicherheit über die nächsten Schritte der EZB die Entwicklungen im Schweizer Franken weiter antreiben.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Schweizer Franken als sicherer Hafen für Investoren, auch wegen der Negativzinsen, weiter an Attraktivität verliert. Jedoch bleibt die grundsätzliche Abhängigkeit der SNB von der EZB unverändert bestehen. Die aktuelle Entwicklung im EUR/CHF ist positiv, aber eine Entwarnung für die SNB kann an dieser Stelle noch nicht gegeben werden.
* Christos Mallousis ist Markt-Analyst bei der IG Bank in Genf.