Das Angebot an freien Wohnungen ist knapp. Was sind Ihre vier wichtigsten Vorschläge, um eine Wohnungsnot zu verhindern?

Um eine Wohnungsnot zu verhindern, braucht es auf der Angebotsseite generell mehr Wohnraum – sowohl mehr Miet- als auch mehr Eigentumswohnungen. Dazu bedarf es folgender Rezepte:

  • Einfachere, schnellere und unbürokratischere Baubewilligungsverfahren auf der einen und Anpassungen bei den Einsprache- und Rekursmöglichkeiten auf der anderen Seite.
     
  • Flexibilisierung der rechtlichen Vorgaben beim Lärm-, Denkmal-, Heimat- und Ortsbildschutz insbesondere in den Städten.
     
  • Attraktivere Rahmenbedingungen für verdichtetes Bauen in städtischen Räumen: zum Beispiel in Form einer Erhöhung der Ausnützungsziffer oder in Form von Erleichterungen bei Aufstockungen oder Dachstockausbauten in der Regelbauweise. Gleichzeitig ist die Politik gut beraten, bei Aufzonungen auf eine Mehrwertabschöpfung möglichst zu verzichten oder zumindest einen möglichst tiefen Mehrwertabgabesatz zu wählen.
     
  • Last, but not least wäre es hilfreich, wenn die Politik nicht ständig Verschärfungen der bau- und energierechtlichen Vorschriften beschliessen würde, die das Planen und Bauen zusätzlich verteuern.
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Albert Leiser Immobilien Hauseigentümerverband

Albert Leiser leitet seit 2004 als Direktor die Hauseigentümerverbände von Stadt und Kanton Zürich (HEV). Der Immobilientreuhänder mit Jahrgang 1957 ist auch politisch sehr aktiv: Seit 1999 vertritt er die FDP im Stadtzürcher Gemeinderat. Aktuell ist er als Präsident des Organisationskomitees mit der Vorbereitung für das Stadtfest «Züri Fäscht 2023» betraut.

Quelle: ZVG

Die Mieten werden in nächster Zeit deutlich steigen. Wird diese Teuerung im Mietermarkt den Bau von neuen Wohnungen beschleunigen?

Die Erhöhung des Referenzzinssatzes wirkt sich nur dann auf bestehende Mietverträge aus, wenn der aktuelle Mietzins auf einem Referenzzinssatz von 1,25 Prozent beruht. Folglich werden längst nicht alle Mieten «deutlich» steigen.

Davon abgesehen ist es schwierig zu prognostizieren, ob sich, und falls ja, wie sich höhere Mietzinse auf den Mietwohnungsbau auswirken werden. 

Wagen Sie dennoch einen Ausblick?

Es darf nicht vergessen werden, dass neben den Hypothekarzinsen auch die Bau- und Materialkosten gestiegen sind, was sich nicht zuletzt in einer deutlich gesunkenen Bautätigkeit widerspiegelt. So wurden 2018 in der Schweiz noch über 50’000 Wohnungen gebaut, während es letztes Jahr noch rund 40’000 Wohnungen waren.

Die Zahl der Baubewilligungen lässt erahnen, dass die Bautätigkeit – zumindest kurzfristig – vermutlich noch weiter zurückgehen dürfte.

Der CO2-Ausstoss des Gebäudeparks muss sinken, damit die Schweiz ihre Klimaziele erreichen kann. Wird dieser grüne Umbau der Immobilien höhere Preise für Eigenheime nach sich ziehen?

Davon ist auszugehen. Auch ist davon auszugehen, dass energetisch optimierte Wohnbauten nicht nur für höhere Preise bei den Eigenheimen sorgen werden, sondern insbesondere auch für höhere Mieten im Mietwohnungsmarkt. 

Der Umbau der Wärmeversorgung im Gebäudepark und die zunehmend strengen energierechtlichen Vorgaben haben einen Preis, den nicht zuletzt auch die Mieterinnen und Mieter über höhere Mieten mitbezahlen werden.

Die «Handelszeitung» gibt der Immobilienbranche das Wort: Jeden Freitag nimmt eine Expertin oder ein Experte Einschätzungen zu den wichtigsten Entwicklungen im Markt vor. Lesen Sie hier einige der Gespräche aus den vergangenen Wochen:

Immobilien sind ein Pfeiler der Schweizer Volkswirtschaft – die «Handelszeitung» macht sie zu einem Schwerpunkt in der Berichterstattung.

Die Eigenheime sind heute überwiegend im Besitz der älteren Generationen. Ist dies ein Problem aus gesellschaftlicher Sicht?

Aus Sicht des Hauseigentümerverbandes ist dies per se kein gesellschaftliches Problem. Im Gegenteil: Viele ältere Menschen haben ein Leben lang gespart und sind verantwortungsvoll mit ihren Finanzen umgegangen, um sich ein Eigenheim leisten zu können. 

Auch monetär profitiert die Gesellschaft, namentlich der Fiskus, von den Hauseigentümern, die auf ihr Eigenheim jährlich Vermögenssteuern und bei selbst bewohntem Wohneigentum die fiktive Eigenmietwertsteuer bezahlen. 

Nicht zu vergessen ist die Grundstückgewinnsteuer, die allein den Gemeinden im Kanton Zürich jährlich Hunderte von Millionen Franken in die Kassen spült. Hinzu kommen zahlreiche Gebühren und Abgaben, die Hauseigentümerinnen regelmässig entrichten.

Gleichwohl ist sich der Hauseigentümerverband bewusst, dass sich viele junge, mittelständische Familien und Personen Wohneigentum heute oft nicht mehr leisten können. Der Verband macht sich Gedanken dazu, wie die Situation für Junge verbessert werden kann. 

Hochhäuser erleben in den Schweizer Städten eine Renaissance, doch die grossen Bauten sind umstritten. Wie sinnvoll sind sie bei dem Ziel, mehr Wohnraum zu schaffen?

Um die aufgrund der Zuwanderung wachsende Bevölkerung im Siedlungsgebiet aufnehmen zu können, dürfte über kurz oder lang vermutlich kein Weg an Hochhäusern vorbeiführen – trotz ihren negativen Begleiterscheinungen. Es sei etwa an das Problem des Schattenwurfs erinnert. 

Neue Internetmakler, sogenannte Proptechs, revolutionieren den Hausverkauf – traditionelle Makler sind unter Druck. Begrüssen Sie den zusätzlichen Wettbewerb, der durch diese digitalen Anbieter entsteht?

Der Verkauf einer Immobilie kann teilweise emotional sein. Eine persönliche, individuelle Betreuung mit viel Erfahrung auf der Basis von gegenseitigem Vertrauen ist dann von grösster Wichtigkeit. Eine solch persönliche Verkaufsberatung kann nur beschränkt an digitale Verkaufsplattformen mit vorprogrammierten Algorithmen delegiert werden. 

Beim HEV Zürich erhalten wir denn auch oft Anrufe von Eigentümerinnen, die die digitalen Dienstleistungen in Anspruch genommen haben und nun doch zusätzliche Unterstützung oder weitere Dienstleistungen von unseren klassischen Immobilienverkäufern benötigen.

Albert Leiser beantwortete die Fragen schriftlich.

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