Im Nachgang zur Lehman-Pleite kämpfte die amerikanische Notenbank Fed mit Anleihenkäufen gegen die Kreditknappheit. Ihre Bilanz verfünffachte sich innerhalb von sechs Jahren. Seit 2008 ist sie um 3500 Milliarden oder auf 25 Prozent der amerikanischen Wirtschaftsleistung angeschwollen. An der Sitzung vom Mittwoch hat die Notenbank nun das Ende der dritten Runde der unkonventionellen Geldpolitik – «QE III» – bekannt gegeben.
Unter dem jetzt auslaufenden Programm betrug die Expansion 1600 Milliarden Dollar. Vorübergehend wurden monatlich Wertpapiere in Höhe von 85 Milliarden Dollar gekauft.
Die vier wichtigsten Fragen und Antworten zum QE-Programm, zu seinem Ende und zu den nachhaltigen Folgen:
1. Was hat die Politik bewirkt?
«Die Politik hat die Refinanzierungskosten für den Staat, für Unternehmen als auch für Haushalte tief gehalten», sagt Nannette Hechler-Fayd’herbe, Head Investment Strategy bei der Credit Suisse. Das hat Konsum und Investitionen angekurbelt und dadurch die Konjunktur als Ganzes gestärkt. Darüber hinaus habe die expansive Geldpolitik den Dollar geschwächt und die Zahl der Arbeitslosen gedrückt, indem es ein Umfeld schuf, in welchem mehr Arbeitsplätze kreiert wurden.
Thomas Berner, UBS-Ökonom für Amerika, stützt diese Aussagen. «Die Laufzeitprämien konnten tief gehalten werden», sagt er. Das sei der wichtigste Effekt der Fed-Politik gewesen. Die Laufzeitprämie bringt den Renditeunterschied zwischen langfristigen und kurzfristigen Anleihen zum Ausdruck. Es handelt sich dabei um einen Massstab für die von den Investoren erwartete Einschätzung des Zinsrisikos.
Nicht zuletzt hat das Gebaren der US-Notenbank die Aktienmärkte beflügelt. Das dritte Aufkaufprogramm wurde im September 2012 bekanntgegeben. In den letzten 25 Monaten hat der Dow-Jones-Index 70 Höchststände erreicht. «Investoren sind auf die Aktienmärkte ausgewichen, weil die Nationalbank viele Staatsanleihen aufgekauft hat», sagt der UBS-Ökonom.
Skeptiker halten dagegen, die Entwicklung der Vermögenspreise sei verzerrt, was zu neuerlichen Korrekturen führen werde. Die Stimuli hätten wenig Positives bewirkt und schädliche Preisblasen in verschiedenen Anlageklassen hervorgerufen.
2. Was bedeutet der Ausstieg für die US-Wirtschaft?
Dass die US-Notenbank nun die unkonventionelle Geldpolitik einstellt, bedeutet zunächst eines, wie beide Ökonomen bestätigen: Die Bilanz der Zentralbank wird sich nicht weiter ausweiten.
«Es wird also zu keiner weiteren, aktiven Schwächung des US-Dollars kommen», sagt die Expertin der Credit Suisse. Bondmärkte und Aktienmärkte werden sich ebenfalls langsam normalisieren. Das bedeutet: mehr Volatilität und höhere Risikoprämien.
UBS-Ökonom Berner fügt hinzu, dass das Anleihenaufkaufprogramm der Notenbank vielfach als Signal für tiefe Zinsen diente. Nun fällt diese Signalwirkung weg.
3. Was bedeutet der Ausstieg für Europa und die Schweiz?
Das Ende ist der erste Schritt zur Normalisierung der US-Geldpolitik. Es wird erwartet, dass eine Zinserhöhung der nächste Schritt sein wird. «Wenn die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der Schweizer Nationalbank anhält, sehen wir eine geldpolitische Entkoppelung des alten und neuen Kontinents», sagt die CS-Expertin.
Das führt zu einer weiteren Stärkung des Dollars, wie beide Ökonomen sagen. UBS-Ökonom Berner präzisiert, dass der Eurokurs gegenüber dem Dollar mittelfristig auf bis zu 1.20 Dollar pro Euro fallen werde. Das stützt die Konjunktur und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit: Ein schwächerer Euro und Franken machen Schweizer und europäische Produkte relativ günstiger auf dem Weltmarkt.
Dazu kommt: Ein starker US-Dollar hält die Ölpreise, die Inflation und das Zinsumfeld in den USA tief. Das hat entsprechende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft: Der tiefe Ölpreis drückt auch die europäische Inflationsrate und stärkt die produzierende Industrie.
4. Was bedeutet das für Anleger?
Die Credit-Suisse-Expertin rät Anleger zu zweierlei: Erstens ist es vorteilhaft, Anlagen im Portfolio zu haben, die in US-Dollar denominiert sind. Und zweitens soll man Ausschau halten nach Märkten und Sektoren, die von der Dollarstärke profitieren können. Das seien in erster Linie japanische und europäische Aktien – und der Automobilsektor.
Ähnliches sagt auch der US-Ökonom der UBS: Anleger können entweder direkt auf steigende Dollar-Kurse setzen oder auf jene Kurse setzen, die zusammen mit dem Dollar steigen.