Es hat sich abgezeichnet, aber nun ist es offiziell: Die erfolgsverwöhnte Nationalbank (SNB) schreibt 2022 einen Rekordverlust. Bund und Kantone gehen leer aus. Daran änderte auch das etwas günstigere Marktumfeld im vierten Quartal nichts. Auf 132 Milliarden Franken beläuft sich der Jahresverlust. Schuld sind die Entwertung der Devisenreserven durch den starken Franken und die massiven Kursverluste auf den Anleihen und Aktien.
Der Verlust übersteigt sogar die über 100 Milliarden an Ausschüttungsreserven, die die SNB über die letzten Jahre aufgebaut hat. Deshalb wird 2023 kein Rappen ausgeschüttet, weder an Bund und Kantone, noch an die Aktionäre und Aktionärinnen, zu denen wiederum vor allem die Kantone und ihre Kantonalbanken gehören.
Auch für die kommenden Jahre sieht es nicht gut aus, denn durch den Riesenverlust ist die Ausschüttungsreserve jetzt negativ, und zwar um 39 Milliarden. Selbst in einem besonders guten Jahr, ähnlich wie 2017, als die SNB einen Gewinn von über 50 Milliarden machte, bliebe nach dem Abzug der obligatorischen Rückstellungsreserven von rund 10 Milliarden kaum mehr etwas zum Verteilen übrig.
Die Kantone haben sich an Ausschüttungen gewöhnt
Für die Kantone ist das Ausbleiben des SNB-Batzen ein Schlag, denn er war in den letzten Jahren zur Normalität geworden. Nur einmal, 2014, nachdem der Goldpreis eingebrochen war, mussten sie auf den Zustupf der Nationalbank verzichten. Zuletzt wurde der Maximalbetrag der Ausschüttungen sogar auf 6 Milliarden erhöht, wovon 4 Milliarden den Kantonen zugutekamen.
4 Milliarden zu haben oder nicht, macht einen Unterschied, aber wirklich dramatisch ist das Ausbleiben der SNB-Gelder für die einzelnen Kantone dann doch nicht. Einige haben mit dem Ausfall gerechnet, und jene, die noch mit den SNB-Millionen budgetiert hatten, können für solche Fälle auf eine Reserve zurückgreifen. Sparrunden oder sogar Steuererhöhungen wegen der fehlenden SNB-Millionen sind die Ausnahme.
Weniger Begehrlichkeiten seitens der Politik
Das Ausbleiben der Ausschüttung hat womöglich auch sein Gutes, indem es die Begehrlichkeiten seitens der Politik am «Volksvermögen» der SNB reduziert.
Denn der Verlust führt vor Augen, dass die üppigen Gewinne der letzten Jahre nicht die Regel sind, sondern vielmehr die Folge der aussergewöhnlichen globalen Geldpolitik seit der Finanzkrise.
Langfristig macht die SNB wie jede Zentralbank durch das Geldschöpfungsmonopol zwar Gewinn, und ein Teil davon soll auch dem Bund und Kantonen zugutekommen. Doch auf einen regelmässigen Geldsegen ist kein Verlass, vor allem wenn das Ergebnis so stark von den Finanzmärkten abhängt wie im Fall der SNB, deren Devisenportfolio wegen der geldpolitischen Interventionen der letzten zehn Jahre auf fast 1 Billion angeschwollen ist.
Geldpolitischer Spielraum ist wichtiger
Sowieso ist die Debatte um die Ausschüttung und die Gewinnverteilung ein Nebenschauplatz. Viel wichtiger für die Schweiz ist die Frage, ob die SNB ihr geldpolitisches Mandat erfüllt. Das heisst, ob sie die Preisstabilität gewährleisten kann und die Inflation in den Griff bekommt, ohne mit zu heftigen Zinsschritten den Immobilienmarkt in Schwierigkeiten zu bringen.
Die angehäuften Devisenreserven, die jetzt zum Riesenverlust geführt haben, sind dabei ein wichtiges Instrument, sollte der Franken auf einmal unliebsam schwächer werden und die importierte Inflation anziehen.