Steigende Fallzahlen hier, neue Einschränkungen da: In der Coronakrise revidieren auch die Ökonomen der Credit Suisse ihre Prognosen nach unten. Für die Schweiz erwarten sie nun, dass die Wirtschaftsleistung im laufenden Quartal um 0,5 Prozent zurückgehen wird.
Claude Maurer, Head of Swiss Macro Analysis bei der CS, setzt in einem neuen Strategiepapier aber auch eine positive Note. Er listet mehrere – konkret: fünf – Gründe auf, weshalb die zweite Covid-19-Welle wirtschaftlich nicht so dramatisch ausfallen sollte.
Erstens: Weniger krasse Massnahmen.
Heute seien die Massnahmen gegen das Virus weniger einschneidend als im Frühjahr. Damals waren laut CS-Zahlen rund ein Drittel aller Güter und Dienstleistungen für die Konsumenten nicht oder nur stark erschwert erhältlich; jetzt sind es nur rund 5 Prozent. Zudem sei die internationale Mobilität einfacher als in Zeiten der geschlossenen Grenzen. Ferner wirken die Lieferengpässe aus Asien und anderen Ländern weniger problematisch.
Zweitens: Mehr Sicherheit
Die Massnahmen gegen das Virus seien bereits etwas etabliert – und «sie haben in der ersten Welle bewiesen, dass sie rasch und effizient wirken.» Insbesondere die Kurzarbeitsentschädigungen, so die CS-Analyse, dürften den stark betroffenen Branchen eine gewisse Sicherheit geben. Zudem seien wir inzwischen etwas «vertraut» mit dem Virus, so dass negative Effekte aus Gründen der Verängstigung wesentlich geringer sein sollten – sowohl bei den Konsumenten als auch bei den Unternehmen.
- Credit Suisse Economics Alert: «BIP-Rückschlag im 4. Quartal,Fortsetzung der Erholung 2021», 2. November 2020.
Drittens: Neue Zugpferde
Im Gegensatz zum Frühjahr befindet sich nun nicht mehr die ganze Welt in einem synchronen Abschwung. CS-Experte Maurer erinnert daran, dass in ersten Welle mehr als als 90 Prozent aller Länder in einer Rezession steckten. Nun aber hat Nord-Asien – insbesondere China – die Pandemie gut gemeistert und ist wirtschaftlich auf Erholungskurs.
Viertens: Weniger Stress im Finanzsystem
Auch dank neuer oder aufgestockter Instrumente der Zentralbanken sei das Finanzsystem heute besser in der Lage, Erschütterungen aufzufangen. Deshalb sei momentan auch eine sprunghafte Franken-Aufwertung weniger wahrscheinlich. Geringer sei ebenfalls die Gefahr einer Kreditklemme.
Fünftens: Medizinische Fortschritte
Schliesslich verschafft sowohl der medizinische Fortschritt als auch das Virus-Wissen von uns allen einen grösseren Spielraum. Obendrein könnte wohl bald eine Impfung greifbar sein – die CS räumt allerdings ein, dass die breite Verfügbarkeit vor Mitte 2021 «wohl nicht realistisch ist.»
Insgesamt erwarten die Experten der Grossbank, dass das Schweizer BIP in diesem Jahr um 4 Prozent abnehmen wird. Immerhin habe sich die Wirtschaft im dritten Quartal gut erholt – deutlich besser als erwartet worden war. Allerdings: «Die vergleichsweise optimistische Prognose wird aber nur eintreffen, wenn es gelingt, die Fallzahlen mit den heutigen Massnahmen zu stabilisieren oder zu senken.»
(rap)