Für Wohnimmobilien gilt nach wie vor: Die Lage macht’s aus. Basierend auf dem vorherrschenden Tiefzinsumfeld, einem Mangel an alternativen Investments und einem kontinuierlich hohen Bedarf nach Wohnraum in den Zentren, ist davon auszugehen, dass die Preise von Wohnimmobilien in 2020 weiter steigen werden. Wohnliegenschaften in gefragten Lagen der Schweizer Grossstädte werden auch in diesem Jahr entsprechend wesentliche Preissteigerungen erfahren.
Dies gilt insbesondere für Eigenheime, da der Fokus des Bausektors klar auf Mietwohnungen liegt und somit das Angebot an neuen Eigenheimen nicht der steigenden Nachfrage und stärkeren Kaufkraft angepasst wird.
Gleichzeitig kann davon ausgegangen werden, dass die Mieten von Wohn-Renditeimmobilien an peripheren Lagen den aktuellen Negativtrend fortsetzen werden. Zudem deuten die anhaltende Bautätigkeit und die steigenden Leerstände ausserhalb der Zentren ebenfalls auf weiter fallende Mieten hin. Eine mögliche Senkung des Referenzzinssatzes in 2020 auf 1.25 Prozent würde diesen Trend zusätzlich verstärken.
Interesse an Büros wird nachlassen
In Folge der aktuellen Abschwächung der Konjunktur ist ein leichter Rückgang der Nachfrage nach Büroflächen zu erwarten. Dies könnte zu Erhöhungen der Leerstände, insbesondere an Randlagen der Grosszentren führen. Gleichzeitig kann schweizweit von einer verringerten Bautätigkeit für Büroimmobilien ausgegangen werden. Dies wirkt der erwarteten geringeren Nachfrage nach Büroraum entgegen und wir erwarten dementsprechend eine stabile Marktsituation ohne einen wesentlichen Anstieg der Leerstände.
Einzig die Genfer Region weisst eine starke Bautätigkeit auf. Das entstehende Überangebot an Flächen wird den lokalen Markt in 2020 und darüber hinaus beschäftigen. In Sachen Renditeentwicklung ist der Büroimmobilienmarkt keine Ausnahme. So ist auch hier mit einer Fortführung der Renditenkompression zu rechnen.
Renditen können dieses Jahr weiter fallen
Ende 2019 lagen die Anfangsnettorenditen für Städte wie Zürich, Genf und Zug bereits bei rund 2,4 Prozent und könnten in diesem Jahr weiter fallen, da keine Veränderungen der Zinspolitik zu erwarten ist. Was Mieten im Büromarkt betrifft, wird die immer noch robuste Beschäftigung in 2020 einen weiteren Anstieg der Mieten stützen, obwohl in einer abgeschwächten Form.
Bei Verkaufsflächen gehen wir in 2020 lediglich in Zentren der Grossstädte von einer Renditenkompression (Ende 2019 bei rund 2,4 Prozent in Top-Lagen) und folglich steigenden Immobilienpreisen aus. Dies ist weniger auf den Erfolg des Retail-Segments im gesamtwirtschaftlichen Kontext zurückzuführen, sondern basiert viel mehr auf der Lagequalität und der Durchmischung der Nutzung als Büro und Wohnraum.
Strukturwandel bringt nicht nur Leerstände mit sich
Neben rückläufigen Mieten in allen grossen Schweizer Städten bringt der Strukturwandel im Handel in diesem Jahr auch signifikante Leerstände und Druck auf Mieten in peripheren Lagen mit sich. Hier sind innovative Konzepte gefragt, welche flexibel auf die gegebenen Umstände reagieren können.
Eine besonders erfreuliche Entwicklung konnte zum Beispiel bei Convenience- und Tankstellenshops beobachtet werden, deren Umsätze über die letzten zehn Jahre um mehr als ein Drittel angewachsen sind. Die aktuell skeptische Haltung der Immobilieninvestoren gegenüber Retail-Objekten wird in 2020 weiter anhalten.
Marie Seiler ist wipswiss Mitglied und Head Real Estate Advisory bei PwC.