SNB-Chef Thomas Jordan tut es erneut. Er senkt den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent. Der Schritt mag auf den ersten Blick erstaunen, schliesslich ist die Inflation zuletzt wieder gestiegen, auf 1,4 Prozent. Die SNB geht aber nicht von einer weiter steigenden Inflation aus. Der zugrunde liegende Inflationsdruck sei nochmals gesunken, sagt SNB-Präsident Thomas Jordan.

Die bedingte Inflationsprognose wurde gegenüber der letzten Sitzung sogar leicht gesenkt. Die Inflation soll demnach dieses und nächstes Jahr zwischen 1 und 1,5 Prozent liegen und dann auf 1 Prozent sinken. Das heisst, sie liegt gemäss SNB über den gesamten Prognosezeitraum hinweg «im Bereich der Preisstabilität» bei durchschnittlich 1,25 Prozent. Ohne Zinssenkung läge sie noch tiefer, sagt Jordan.

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Optimistische Inflationsprognose

Als Grund für die optimistische Inflationsprognose nennt er unter anderem die geringen Zweitrundeneffekte: Der Druck von den Löhnen wie auch durch die Kostenweitergabe der Unternehmen sei moderat.

Die Entwicklung der Mieten macht der SNB ebenfalls keine Sorgen. Diese waren zuletzt wegen der Anhebung des Referenzzinses deutlich gestiegen und für einen Grossteil der Inflation verantwortlich. Doch die SNB hält den Effekt für vorübergehend.

Frankenstärke ausgebremst

Mit ein Grund für den Zinssenkungsentscheid dürfte auch die Entwicklung an den Devisenmärkten gewesen sein. Ende Mai war beim Euro-Franken-Kurs die Parität in Griffnähe, doch dann drehte der Markt. Erst senkte die EZB die Zinsen, dann setzten das politische Beben in Strassburg und die Nervosität rund um die französischen Wahlen dem Euro zu. In wenigen Tagen stürzte der Euro-Franken-Kurs auf unter 0.95 ab.

Nach dem Zinsentscheid ist der Euro-Franken-Kurs auf 0.954 gesprungen. Damit scheint der Aufwertungstrend des Frankens etwas gebremst. 

Zur Frage, ob der Euro-Kurs den Ausschlag gegeben habe, sagt Jordan, man berücksichtige bei der Inflationsprognose verschiedene Faktoren und Risiken. Politische Unsicherheit und die Aufwertung des Frankens gehörten da auch dazu.

Keine expansive Geldpolitik

Jordan betont aber, dass die Senkung des Leitzinses keine expansive, also konjunkturstimulierende Geldpolitik bedeutet. Der gegenwärtige Zins wirke weder expansiv noch restriktiv. 

 

Die Zinsänderung gilt ab morgen Freitag. Sichtguthaben der Banken bei der SNB werden bis zu einer bestimmten Limite zum SNB-Leitzins verzinst und oberhalb dieser Limite zu 0,75 Prozent.

Die SNB hatte den Leitzins im März entgegen den Erwartungen um 0,25 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent gesenkt – als eine der ersten Nationalbanken. Davor hatte die SNB wegen der gestiegenen Inflation ab Juni 2022 den Leitzins in fünf Schritten von seinerzeit minus 0,75 Prozent auf plus 1,75 Prozent erhöht und danach zweimal unverändert belassen.

 

Patrik Berger von Handelszeitung
Patrik BergerPatrik Berger ist Redaktor Wirtschaft bei der Handelszeitung.Mehr erfahren
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Peter Rohnerist Chefökonom der Handelszeitung.Mehr erfahren