Der faule Sommer liegt hinter uns. Spät kam er, aber er kam. Die meisten von uns haben das genossen. Im Sommer wird weniger gearbeitet, das ist ganz normal. Wenn es heiss ist, ist das Arbeiten in einigen Berufen kaum möglich. Wenn die Sonne scheint, machen die Menschen vermehrt Urlaub.

Das wenigere Arbeiten ist aber nicht nur ein Sommerthema. Vor ein paar Wochen hat uns das Bundesamt für Statistik (BFS) daran erinnert: Die Schweizer und Schweizerinnen arbeiten jedes Jahr weniger. Auf Vollzeitstellen hochgerechnet sind es seit dem Jahr 2000 0,4 Prozent pro Jahr. 

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Der Gastautor

Der Ökonom Klaus Wellershoff ist Gründer und Verwaltungsratspräsident von Wellershoff & Partners, Honorarprofessor an der Universität St. Gallen und regelmässiger Kolumnist der «Handelszeitung».

Das klingt nach wenig, ist aber ein statistischer Tsunami. Vergleichen wir: Seit Jahren reden wir uns die Köpfe heiss über das Thema der Demografie. Genauer gesagt: über die Tatsache, dass in den kommenden Jahren mehr alte Menschen in Pension gehen, als dass junge in den Arbeitsmarkt nachrücken. Das heisst, durch diesen Effekt verlieren wir in den nächsten zwanzig Jahren ein Arbeitskräftepotential im Umfang von knapp über 0,1 Prozent pro Jahr. Das ist weniger als ein Drittel des negativen Effekts der abnehmenden Arbeitsbereitschaft der Menschen. 

Nimmt man hinzu, dass von den potenziell erwerbsfähigen Menschen immer mehr Menschen nur noch Teilzeit arbeiten wollen, wird auch deutlich, warum wir einen Arbeitskräftemangel haben: Die einzelnen Menschen arbeiten schlicht immer weniger, weshalb es einen deutlichen Anstieg der Zahl der Beschäftigten braucht, wenn wir unsere Produktion aufrechterhalten wollen.

Auch für die Löhne sind die Daten des BFS von extremer Bedeutung. Wie unser Ökonom Johannes von Mandach jüngst aufgezeigt hat, erklärt die Entwicklung der Arbeitsstunden, warum das Lohnwachstum für viele Beobachterinnen und Beobachter enttäuschend niedrig ausgefallen ist. Unsere Lohnstatistiken basieren eben auf der Entlöhnung von vollzeitäquivalenten Arbeitsstellen. Je weniger pro Vollzeitstelle gearbeitet wird, desto geringer können die Löhne steigen. Oder wiederum anders ausgedrückt: Den Produktivitätsanstieg seit dem Jahr 2000 haben die Arbeitnehmenden sich in 13 Prozent höheren Reallöhnen und 9 Prozent mehr Freizeit auszahlen lassen.

Das ist für sich betrachtet eine grossartige Entwicklung. Die Nebenwirkungen der abnehmenden Arbeitsbereitschaft der Menschen sind allerdings weitestgehend unerwünscht: hohe Einwanderungszahlen wegen des tieferen inländisch verfügbaren Arbeitsvolumens und damit gefühlter Dichtestress und wohl auch ein Anstieg des politischen Populismus.