Klamme Rentensysteme und rekordtiefe Zinsen trüben die Aussichten auf ein unbeschwertes Leben im Alter. Während einige Nachbarländer das Pensionierungsalter angehoben haben, gilt in der Schweiz weiterhin die Rente ab 65 Jahren beziehungsweise 64 für Frauen.

Die Realität sieht allerdings häufig anders aus: Die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer geht nämlich noch früher in den Ruhestand – meist jene, die es sich finanziell leisten können. Denn die finanziellen Einbussen durch Frühpensionierungen können laut einer Studie der Credit Suisse gravierend sein.

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So erklärt sich auch, dass die Frühpensionierung oftmals unfreiwillig erfolgt: Ein Viertei aller vorzeitigen Rentner scheiden nicht unbedingt aus dem Arbeitsleben aus, weil sie es wollen. Viele fallen Betriebsschliessungen und Umstrukturierungen zum Opfer. Infolge der Corona-Krise dürfte sich das Problem verschärfen: Unternehmen entlassen ältere Mitarbeitende früher in den Ruhezustand, um ihre Belegschaft zu reduzieren und so Kosten zu sparen.

Besonders betroffen von unfreiwilligen Frühpensionierungen seien Menschen mit niedrigerem Einkommen und tieferem Ausbildungsniveau, so die CS-Ökonomen. Sie haben berechnet, mit welchen finanziellen Einbussen Frührentner zu rechnen haben – bei ohnehin schon sinkenden Renten: «Kaufkraftbereinigt sinken die Renten bei den mittleren Einkommen real von 57'091 Franken bei einer ordentlichen Pensionierung im Jahr 2010 auf rund 48'457 Franken bei einer solchen im Jahr 2025 – ein Minus von 15 Prozent», so der Bericht.

Pensionierungswelle bis 2029

Doch auch die Folgen für den Arbeitsmarkt sind gravierend – vor allem wenn die Babyboomer in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. Im Jahr 2029 erreicht die Pensionierungswelle ihren Höhepunkt. Bis dahin werden in der Schweiz 1,1 Millionen Menschen in den Ruhestand gehen.

Das Problem dabei: Bald gehen mehr Menschen in Rente als neue, junge Arbeitskräfte hinzukommen. Je grösser die Abhängigkeit einzelner Branchen von älteren Arbeitnehmern, desto härter trifft sie der Fachkräftemangel. Besonders gravierend könnte dies im etwa Gesundheitswesen sein. Aber auch in der Landwirtschaft und der öffentlichen Verwaltung arbeiten heute besonders viele ältere Beschäftigte, die bald ersetzt werden müssen.

Weniger Frühpensionierungen in Zukunft

Allerdings: Trotz der immer noch hohen Zahl an Frühpensionierungen sei dieser Trend bereits seit einigen Jahren rückläufig. Und wegen ohnehin sinkender Renten und der finanziellen Einbussen wird der frühe Abschied aus dem Arbeitsleben immer schwieriger zu finanzieren – und dürfte wieder seltener werden.

«Die Politik könnte durch eine graduelle Anpassung des Rentenalters an die demografische Entwicklung sowie durch eine stärkere finanzielle Belohnung von Spätpensionierungen zusätzliche Anreize schaffen, länger zu arbeiten. Damit liesse sich der je nach Branche wachsende Fachkräftemangel reduzieren und die Nachhaltigkeit des Rentensystems erhöhen», sagt CS-Ökonom Jan Schüpbach.

Damit Menschen auch über das Rentenalter hinaus arbeiten, sollten Frühpensionierungen noch stärker finanziell bestraft und Spätpensionierungen belohnt werden. Das fordert auch die OECD in ihrem Bericht «Working better with Age». Die derzeit geplante AHV-Reform geht nach Einschätzung von Jan Schüpbach jedoch in die falsche Richtung: Zwar würden auch Frühpensionierungen unattraktiver, aber vor allem würde der Anreiz verringert, nach 65 zu arbeiten. Wünschenswert sei stattdessen eine flexiblere Pensionierung und ein höheres Rentenalter entsprechend der höheren Lebenserwartung heutiger und künftiger Rentnergenerationen.

(mlo)