Die Preise für Mehrfamilienhäuser und andere Renditeimmobilien sind am Sinken – wie tief werden sie fallen?
Die Preisentwicklung ist einerseits von der Entwicklung an der Zinsfront und andererseits vom Appetit der Investoren abhängig. Dieser Appetit ist derzeit nicht ausgeprägt, denn Anleger haben wieder attraktive Alternativen zum Investieren. Hinzu kommt: Die Politik schafft für Immobilieninvestitionen ein stetig enger geschnürtes Korsett. All dies lässt auf weiter sinkende Werte schliessen.
Besonders in den Zentren sind immer weniger freie Wohnungen ausgeschrieben, doch der Bau von neuen Mehrfamilienhäusern stockt. Wie lautet Ihr Rezept, damit der Wohnungsmangel entschärft werden kann?
Für Mietwohnungen ist das Mietrecht eigentümerfreundlicher zu gestalten. Dann werden Wohnungen auch ausgeschrieben und nicht durch Vormieter «unter der Hand» weitergegeben oder über die Kurzzeitvermietung auf Airbnb und ähnlichen Modellen der Erstnutzung entzogen.
Dann sollten für den Bau von Mehrfamilienhäusern die Auflagen deutlich gelockert werden, allerdings mit Augenmass: Flächendeckend ein oder zwei Stockwerke zu bewilligen, führt wohl nicht zum Ziel. Verdichtung sollte vielmehr konzentriert erfolgen. Gute Beispiele hierfür sind die Wohnsiedlung Hardau in Zürich oder die Siedlung Telli in Aarau.
Der CO2-Ausstoss von Immobilien muss sinken, damit die Schweiz ihre Klimaziele erreichen kann. Wird dieser grüne Umbau des Gebäudeparks die Wohnkosten erhöhen?
Im bestehenden Gebäudepark besteht dadurch ein grosser Investitionsbedarf. Soweit die Kosten der Erneuerung der Gebäude nicht dem ordentlichen Unterhalt zuzurechnen sind, resultieren höhere Investitionen, und damit steigen die Kosten für die Nutzung. Allerdings wird diese Kostensteigerung auch gemildert, denn im Gegenzug sollten die Kosten für Heizung und Warmwasseraufbereitung sinken.
Die «Handelszeitung» gibt der Immobilienbranche das Wort: Jeden Freitag nimmt eine Expertin oder ein Experte Einschätzungen zu den wichtigsten Entwicklungen im Markt vor. Lesen Sie hier einige der Gespräche aus den vergangenen Wochen:
- «Spitzenpreise werden im Moment nicht mehr erreicht»
- «Wir beobachten eine Art kleine Stadtflucht»
- «Wir kaufen nach wie vor zu»
Immobilien sind ein Pfeiler der Schweizer Wirtschaft – die «Handelszeitung» macht sie zu einem Schwerpunkt in der Berichterstattung.
Der deutsche Immobilienmarkt steckt in Schwierigkeiten, und die Preise dürften nach Einschätzung der Bundesbank deutlich fallen – nach deren Berechnung bestehen immer noch massive Überbewertungen im Markt. Werden die Folgen dieser Probleme auch in der Schweiz zu spüren sein?
Die Wertberichtigungen in Deutschland resultieren vor allem aus stark mit Fremdkapital finanzierten Transaktionen, aber auch durch erhöhte Baukosten. Durch den Anstieg der Zinsen erhöhen sich die Finanzierungskosten. Diese beiden Elemente drücken auf die Werte deutscher Immobilien.
Die Erfahrung zeigt, dass Entwicklungen in ausländischen Märkten bei uns Spuren hinterlassen können. Investoren folgen immer auch dem Herdentrieb. In erster Linie werden schweizerische Investoren betroffen sein, die in deutschen Immobilien direkt oder indirekt engagiert sind.
Datacenter und Logistikimmobilien gelten als interessante Nischen im Immobilienmarkt. Sehen Sie noch weitere Segmente im Markt, in denen sich attraktive Renditen erzielen lassen?
Ausserhalb der Segmente Wohnbau und Büroimmobilien an Eins-a-Lagen gibt es weitere gute Anlagemöglichkeiten, die attraktive Renditen bieten, beispielsweise gewerblich genutzte Gebäude. In solche Nischen erfolgreich zu investieren, setzt aber einiges voraus. Man bewegt sich schnell in Bereichen, die nicht den regulatorischen, statutarischen oder reglementarischen Vorschriften entsprechen. Darüber hinaus braucht es sehr gute Kenntnisse über den Nutzer und ein tiefes Verständnis seines Geschäftsmodells.
Ernst Schaufelberger beantwortete die Fragen schriftlich.