Es sei der grösste Wirtschaftseinbruch seit Jahrzehnten, schreibt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in einer neuen Prognose. Dennoch hätten sich die Aussichten seit Start der Lockerungsmassnahmen ab Ende April etwas aufgehellt. Für das Gesamtjahr erwarten die Ökonomen des Bundes nun eine Schrumpfung der Wirtschaft – also einen BIP-Rückgang – um 6,2 Prozent. «Dies wäre der tiefste Wirtschaftseinbruch seit 1975», so die sachliche Feststellung aus Bern.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Angetrieben wird dies vor allem durch den Einbruch des privaten Konsums um rund 7 Prozent, ferner durch eine tiefere Nachfrage aus dem Ausland um nahezu 7 Prozent. Besonders schwer trifft es dabei die Exporte von Dienstleistungen – Stichwort: Tourismus. Hinzu kommt ein massiver Rückgang der Investitionen von Schweizer Unternehmen.

Dies ist das Grund-Szenario. Es besagt auch, dass die Schweiz 2020 im Schnitt eine Arbeitslosenquote von 3,8 Prozent haben dürfte. Da die Unsicherheit angesichts einer nächsten möglichen Infektionswelle sehr gross ist, umrahmen die Seco-Ökonomen diese Annahmen aber mit zwei weiteren Szenarien

Szenario 1: Schnelle Erholung

Nach dem Ende des Lockdowns erholt sich die Nachfrage in der Schweiz schneller als erwartet. Die Konsumenten geben wieder Geld aus, zumal sie in den vergangen Monaten auch gespart haben. Zudem hat die Kurzarbeit Einkommensverluste abgefedert und Arbeitslosigkeit verhindert.

Auch die Weltwirtschaft erholt sich schneller, was die Nachfrage nach Schweizer Gütern und Dienstleistungen belebt. 

Somit käme es nicht zu den befürchteten «Zweitrundeneffekten», das heisst weder Entlassungs- noch Konkurswellen. Das BIP würde um rund 5 Prozent schrumpfen, die Arbeitslosigkeit «nur» auf 3,5 Prozent ansteigen. Umso schneller würde die hiesige Wirtschaft im kommenden Jahr wachsen, so dass der Verlust Ende 2021 mehr als ausgeglichen wäre.

Szenario 2: Zweite Welle

Käme es zu einer erneuten Covid-19-Welle in der Schweiz – wenn auch nur regional –, so hätte dies gravierende Folgen. Zwar träfe es erneut Branchen wie Gastronomie und Tourismus am stärksten, aber auch Detailhandel und Verkehr würden geschädigt.

In diesem Szenario würden mehr Firmen in Konkurs gehen und mehr Menschen ihren Job verlieren. Und diese Folgen hätten weitere Nebenwirkungen: Der Konsum bricht ein, die Unternehmen können weniger investieren.

Sollte es im Ausland zu neuen Covid-Ausbrüchen kommen, hätte das wiederum Auswirkungen auf die Nachfrage nach Schweizer Produkten. Die Exportwirtschaft würde stark leiden, zumal der zunehmende Protektionismus diesem Sektor ohnehin schon zusetzt. Dass sich der Handelskonflikt zwischen China und den USA wieder verschärft, ist nicht auszuschliessen. 

Trotz einer leichten Erholung werde «das Vorkrisenniveau des BIP auch Ende 2021 noch nicht erreicht sein», fasst das Seco dieses Szenario zusammen. Denn die Arbeitslosigkeit und niedrigere Investitionen auf Seiten der Unternehmen dürften das Wachstum längerfristig hemmen.

Aufgrund der Krise verschulden sich nicht nur Staaten, sondern auch Unternehmen. Das Risiko von Insolvenzen steigt dementsprechend – und bedroht nach Ansicht des Seco sogar die Stabilität der Finanzmärkte. Den Franken könnte das weiter in die Höhe treiben. 

(mlo)