Und sie bewegt sich doch. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) streicht die Verzinsung der Mindestreserven, die die Banken bei ihr halten müssen.

Seit die Europäische Zentralbank ihrerseits im Sommer die Zinsen auf die Mindestreserven abgeschafft hat, war der Druck auf die SNB grösser geworden, etwas gegen diese risikolosen Gewinne der Banken zu unternehmen. Denn zur Durchsetzung der Geldpolitik sind diese Zinsen auf die Mindestreserven in den Augen von Expertinnen und Experten nicht nötig.

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Der Grüne-Nationalrat Gerhard Andrey hatte bereits im Juni eine Anfrage an den Bundesrat gestellt, ob die Durchsetzung der Geldpolitik gefährdet wäre, würde auch die SNB die Mindestreserve nicht mehr verzinsen. Er bekam vom Finanzministerium eine Absage. Die SNB selbst schwieg dazu.

Ein Schritt in die richtige Richtung 

Bis anhin verzinste die SNB die Sichtguthaben der Banken mit 1,75 oder 1,25 Prozent. Allein im ersten Halbjahr hat sie den Banken dadurch Zinsen in der Höhe von mehr als 3 Milliarden Franken überwiesen.

Aus den Statistiken der SNB geht hervor, dass die Geschäftsbanken Ende August 21,7 Milliarden Franken als Mindesteinlage bei der SNB deponiert hatten. Knapp 5 Milliarden davon sind Bargeld, was nicht verzinst wird. Bleiben unter dem Strich eine bis dato verzinste Mindestreserve-Einlage von 16,9 Milliarden Franken. Auf das Jahr hoch gerechnet hat die Notenbank den Geschäftsbanken darauf knapp 300 Millionen Franken Zinsen bezahlt. Diese risikolosen Zinsgewinne streicht nun die SNB den Banken.

Bei den aussenstehende Ökonomen kommen die heute angekündigten Massnahmen gut an. «Es ist ein Schritt in die richtige Richtung», findet der emeritierte Genfer Wirtschaftsprofessor Charles Wyplosz. Zusammen mit dem Basler Kollegen Yvan Lengwiler und dem EFG-Chefökonomen Stefan Gerlach hat er heute eine Studie vorgestellt, die die enormen Zinszahlungen der Zentralbanken an die Banken ins Visier nimmt. Eine Erhöhung des Mindestreservesatzes sei durchaus eine Option, sagt Professor Lengwiler.

Für die Banken ist die Kürzung verkraftbar, schliesslich verdienen sie auf dem übrigen Teil der Überschussreserven immer noch mehrere Milliarden. Entsprechend milde fällt die Reaktion der Schweizerischen Bankiervereinigung aus: Man nehme den Entscheid der SNB zur Kenntnis. Und «es handelt sich um einen Entscheid, den die SNB im Rahmen ihrer Geldpolitik getroffen hat.»

In Deutschland hingegen liefen die Banken Sturm, als die EZB die Verzinsung der Mindestreserve-Einlagen gestrichen hatte. Auch gegen die diskutierte Anhebung des Mindestreservesatzes hagelt es Kritik.   

Weitere Anpassung bei den Sichtguthaben

Die zweite Änderung, die die SNB heute angekündigt hat, betrifft die Schwelle, aber der ein tieferer Zinssatz gilt. Der Faktor für die Limite, die bei der abgestuften Verzinsung der Sichtguthaben zur Anwendung kommt, wird reduziert. Per Anfang Dezember werde dieser von 28 auf 25 gesenkt.

Das heisst, Banken bekommen bis zum 25fachen ihrer Mindestreserve-Anforderung von der SNB den Leitzins ausbezahlt. Sichtguthaben über der Limite werden zum SNB-Leitzins abzüglich eines Zinsabschlags von 0,5 Prozentpunkten verzinst. Die Berechnungsgrundlage der Limiten bleibt laut SNB unverändert.

Dieser Schritt hat indes für die Zinseinnahmen der Banken keine Bedeutung. Denn sie können jene Gelder, welche die SNB nur noch mit Abschlag verzinst, am Geldmarkt anderen Banken zu einem höheren Zinssatz zur Verfügung stellen. Sollte das Angebot am Geldmarkt dadurch zu gross werden, und die Verzinsung sinkt dort, greift wiederum die SNB ein. Sie offeriert dann so genannte Abschöpfungsgeschäfte, um die überschüssige Liquidität zu binden, mit dem Ziel, dass die Zinsen am Geldmarkt sich auf dem Niveau des Leitzinses einpendeln. Sprich, die Geschäftsbanken bekommen in jedem Fall den Leitzins für dieses Geld.

Keine Änderung der Geldpolitik

An der aktuellen geldpolitischen Ausrichtung ändere sich durch die Anpassungen nichts, betonte die SNB. Die Anpassungen sollen laut der SNB vielmehr eine weiterhin effektive Umsetzung der Geldpolitik sicherstellen. Und sie sollen die Zinskosten der Nationalbank senken.

Das Total der Sichtguthaben bei der Nationalbank umfasst als grössten Posten die Girokonten inländischer Banken. Diese Sichtkonten bilden die Grundlage für die Steuerung der Liquidität am Frankengeldmarkt durch die Nationalbank. Über die Verzinsung der Sichtguthaben beeinflusst die Nationalbank somit das Zinsniveau am Geldmarkt.

Die Nationalbank überprüft die Verzinsung der Sichtguthaben grundsätzlich regelmässig und nimmt bei Bedarf jeweils Anpassungen vor. Zu grösseren Veränderungen war es diesbezüglich beim Abschied von den Negativzinsen gekommen. Damals führte die SNB etwa einen «umgekehrten Freibetrag» für Banken ein.

(mit Material der SDA)