Der stark in die Kritik geratene Negativzins ist für SNB-Präsident Thomas Jordan aus geldpolitischen Gründen weiterhin unentbehrlich. Er sei sich aber bewusst, dass der Negativzins mit «Nebenwirkungen» verbunden sei, sagte er in einer Rede vor Pensionskassen-Vertretern.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) prüfe darum den geldpolitischen Nutzen und allfällige Kosten dieser Massnahme «besonders gründlich», versicherte Jordan am Donnerstag an der PK-Netz Tagung in Bern laut Redetext. «Wir halten nur solange am Negativzins fest, als der Nutzen die Kosten übersteigt.» Die SNB sei sich auch bewusst, wie kritisch die Lage für die Pensionskassen wegen der anhaltend tiefen Zinsen sei.
Negative Zinsen seien «aussergewöhnlich» und sollten «vorübergehender Natur» sein, sagte der SNB-Präsident. Die jüngste Überprüfung habe die SNB an ihrer Lagebeurteilung im September vorgenommen. «Sie hat ergeben, dass der Negativzins und die Bereitschaft, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren, weiterhin unentbehrlich sind, um dem Druck auf den Franken entgegenzuwirken und dadurch die Preisentwicklung zu stabilisieren und die Wirtschaftsaktivität zu unterstützen», resümierte er.
Kein Zeitpunkt
Eine sofortige Aufhebung des Negativzinses läge schlussendlich auch nicht im Interesse der Pensionskassen, gab sich Jordan überzeugt. Würde der Franken ohne den Negativzins aufwerten, würde das nämlich die Schweizer Wirtschaft «stark bremsen». In einem solchen Szenario würden die langfristigen Zinsen kaum steigen und die Aktienkurse würden wohl unter Druck geraten.
Er könne auch keinen Zeitpunkt nennen, ab dem der Negativzins nicht mehr nötig sein werde, sagte der SNB-Präsident. «Ich kann Ihnen nur sagen, dass der Zeitpunkt wesentlich vom Verlauf der globalen Konjunktur und der Entwicklung der internationalen Finanzmärkte abhängen wird.»
Gegen Pensionskassen-Beitrag
Für «keine gute Idee» hält es Jordan, die SNB-Erträge aus den Negativzinsen als «Kompensation» an die Pensionskassen auszuschütten. Jede Verknüpfung von Geldpolitik und Sozialpolitik berge nämlich die Gefahr von Zielkonflikten mit dem «eigentlichen Auftrag» der SNB. «Damit die Nationalbank ihr Mandat erfüllen kann, dürfen unsere Entscheide allein von geldpolitischen Erwägungen abhängen.»
Auch unverzinste Girokonten für Pensionskassen lehnte Jordan in der Rede ab. Damit der Negativzins die gewünschte geldpolitische Wirkung entfalte, muss er «möglichst flächendeckend» auf den Girokonten bei der SNB erhoben werden. Bei einer solchen Ausnahmeregelung dürften zudem umgehend auch andere Akteure ein Recht auf Gleichbehandlung fordern.
Auch der SNB sei es ein Anliegen, dass das Schweizer Vorsorgesystem seine zentrale Funktion weiterhin bestmöglich erfüllen könne. Gleichzeitig sei die Nationalbank aber «nicht für die Sozialpolitik zuständig». «Der Beitrag der SNB zu einer soliden Vorsorge besteht darin, die Preisstabilität in unserem Land aufrechtzuerhalten.»
Laute Kritik
An dem vor rund fünf Jahren eingeführte Negativzins der SNB gibt es immer stärkere Kritik. Vergangene Woche hatte die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) in einer Studie die «unübersehbaren Risiken und Folgeschäden» der Negativzinsen angeprangert. Diese seien mittlerweile von der «Notmassnahme zum Normalzustand» geworden. Der Branchenverband der Banken forderte, dass nun «der Weg für einen Ausstieg aus dem Krisenmodus» geebnet werden müsse.
(awp/mlo)