Der Stadtzürcher Immobilienmarkt ist für Investorinnen sehr attraktiv, für Bauflächen werden Spitzenpreise geboten. Wie stark erschwert diese Magnetwirkung das Ziel der Stadt, 30 Prozent der Wohnungen gemeinnützig zu machen?
Liegenschaften Stadt Zürich ist sehr aktiv auf dem Immobilienmarkt. Trotz hohen Preisen kommen wir immer wieder an bezahlbare Liegenschaften, weil wir gut vernetzt und verlässlich sind. Aber auch weil wir angemessene Preise bezahlen können. Wichtig ist aber: Zum Drittelsziel tragen nicht nur unsere Liegenschaften bei, sondern auch jene der Baugenossenschaften und der städtischen Stiftungen.
Wie gerade angesprochen: Ungefähr ein Drittel der Bevölkerung soll künftig von gemeinnützigen Wohnungen mit Kostenmiete profitieren. Besteht die Gefahr, dass ein Teil der Mittelklasse deswegen im freien Markt noch mehr fürs Wohnen bezahlt?
Diesen Zusammenhang sehe ich nicht. Kommt hinzu, dass viele Liegenschaften immer noch privaten Eigentümerschaften gehören, die in der Regel wie wir eine faire Vermietungspraxis haben. Das spüren wir bei jenen, die uns ihre Liegenschaft verkaufen. Sie wollen, dass ihre Mieterinnen und Mieter in gute Hände kommen.
An der Bahnhofstrasse gehen Traditionsgeschäfte zu, internationale Ketten machen sich breit. Sind Verkaufsflächen in der Stadt Zürich noch attraktiv?
Für die Bahnhofstrasse kann ich nicht reden, da wir da keine Ladenflächen vermieten. Aber auf der anderen Seite der Limmat, im Nieder- und Oberdorf, sind unsere Gewerbeflächen nach wie vor gefragt. Das spürten wir zuletzt bei einer Vermietung an der Torgasse, als wir im Nu viele gute Bewerbungen hatten. Das liegt sicher auch an unseren günstigen Mieten. Anders sieht es an Randlagen aus. Da kann eine Vermietung schon harzig laufen.
Und hat der Aufschwung beim Homeoffice dem Bürostandort Zürich geschadet – lassen sich solche Räumlichkeiten einfach vermieten?
Auch was Büroflächen angeht, verzeichnen wir glücklicherweise keine nennenswerten Probleme. Wir stehen in engem Kontakt mit der Mieterschaft und agieren langfristig. Erst kürzlich konnten wir im 2015 erworbenen Bürohaus Airgate in Zürich-Seebach eine grosse Fläche neu vermieten. Der Standort Zürich ist noch immer gefragt.
Die «Handelszeitung» gibt der Immobilienbranche das Wort: Jeden Freitag liefert eine Expertin oder ein Experte Einschätzungen zu den wichtigsten Entwicklungen im Markt. Lesen Sie hier einige der Gespräche aus den vergangenen Wochen:
- «Der Mangel an freien Mietwohnungen wird sich verschärfen»
- «Topstandorte für Hotelprojekte sind rar»
- «Die Preise von Wohneigentum sind emotional gesteuert»
Immobilien sind ein Pfeiler der Schweizer Volkswirtschaft – die «Handelszeitung» macht sie zu einem Schwerpunkt in der Berichterstattung.
2040 sollen über eine halbe Million Menschen in Zürich leben – dieses Wachstum entspricht der Bevölkerungszahl der Stadt St. Gallen. Wo sollen alle diese Zuzüger eine Wohnung finden?
Das ist eine Frage für unsere Kolleginnen und Kollegen der Stadtentwicklung. Doch Liegenschaften Stadt Zürich leistet einen Beitrag. Mit zusätzlichem Wohnraum in Ergänzungs- und Ersatzneubauten. Diesen Monat werden zum Beispiel in der Wohnsiedlung Eichrain 126 Wohnungen bezogen. In den nächsten zehn Jahren kommen rund 1200 weitere dazu. Nicht zu vergessen ist die geforderte Mindestbelegung unserer Wohnungen. Der Flächenkonsum unserer Mieterschaft ist tief.
Der Lärmschutz und andere Auflagen erschweren den Wohnungsbau – laut der Credit Suisse sind 1000 Vorhaben für neue Wohnungen wegen Einsprachen blockiert. Sollten Vorschriften gelockert werden, damit mehr Wohnungen entstehen?
Das ist eine politische Frage, die aktuell in Bern diskutiert wird. Dass die lang etablierte «Zürcher Praxis» nach einem entsprechenden Bundesgerichtsentscheid nicht mehr weitergeführt werden kann, schränkt auch unsere Wohnbauprojekte ein – doch hier scheint sich offenbar etwas zu tun. (Anm. d. Red.: Zürcher Praxis: Wenn die maximal erlaubten Lärmwerte nicht an allen, sondern mindestens an einem (zum Lüften geeignetem) Fenster jedes lärmempfindlichen Raums eingehalten werden.)
Mit seinen 205 Metern ist der neue Roche-Turm ein Zwerg unter den Gebäude-Giganten der Welt. Wir stellen die Rekord-Hochhäuser kurz vor.
In Zürich und anderen grossen Städten sind Hochhäuser wieder en vogue. Wie wichtig sind solche Bauten für die Stadtentwicklung – und wieso wecken sie so viele Widerstände?
Hochhäuser sind schon seit den 1970er Jahren Teil des Zürcher Stadtbildes. Diese Geschichte geht weiter, daran zweifle ich nicht. Hochhäuser sind eine Form der Verdichtung und leisten einen Beitrag zum Wohnungsangebot in der Stadt Zürich – auch im bezahlbaren Segment. Liegenschaften Stadt Zürich ist Eigentümerin zweier prominenter Hochhaus-Wohnsiedlungen und kennt die Vor- und die Nachteile – wie das anonymere Wohnen – aus langjähriger Erfahrung gut. Hochhäuser wecken auch Widerstand, weil sie neue Massstäbe setzen in einem Quartier und im schlechten Fall ein Machtsymbol darstellen.
Astrid Heymann beantwortete die Fragen schriftlich.