Erstmals übersteigt der Frauenanteil in Verwaltungsräten der grössten Schweizer Arbeitgeber 20 Prozent. Das sei zwar erfreulich, aber reiche noch lange nicht aus, wenn in drei Jahren 30 Prozent erreicht werden soll, heisst im neusten Schilling-Report; der Bericht der Personalberatungsfirma Guido Schilling durchleuchtet die Spitzen der 100 grössten Schweizer Arbeitnehmer.
Um von heute 21 Prozent auf die Marke von 30 Prozent zu steigen, müsste jeder frei werdende Verwaltungsrats-Sitz bis 2022 nur mit Frauen besetzt werden.
Nach dem Abwärtstrend der vergangenen Jahre tut sich auch wieder etwas in des Geschäftsleitungen: Dort halten Frauen inzwischen 9 Prozent der Sitze In SMI-Unternehmen liegt die Quote bei 10 Prozent; die Börsenkonzerne schneiden auch bei den Verwaltungsrätinnen mit 24 Prozent besser als der Durchschnitt der Schweizer Firmen.
Interne Beförderung
Laut der Untersuchung werden 68 Prozent der Vakanzen in den Unternehmen intern besetzt - davon 64 Prozent mit Frauen. So lässt dieser hohe Anteil an Frauen, die intern gefördert werden, auch zu hoffen übrig. Immerhin setzen sich mittlerweile einige Konzerne das Ziel, Frauen in Führungspositionen zu fördern. Guido Schilling stellt fest, dass es noch nie so viele interne Beförderungen gab wie 2018.
Diese Entwicklung sei sehr zu begrüssen und verbessere die Chancen von Frauen, in Unternehmen aufzusteigen. Der Führungsexperte schätzt, dass es noch 10 Jahre dauern könnte, bis es in den Unternehmen genügend weiblichen Nachwuchs, insbesondere im mittleren Management gibt. Immer mehr Unternehmen geben sich dafür auch klare Vorgaben.
Schweizer Unternehmen
So hat etwa Nestlé jüngst einen Plan verabschiedet, den Frauenanteil bis 2022 in den 200 wichtigsten Führungspositionen auf 30 Prozent zu erhöhen. Dazu fördert der Lebensmittelriese etwa bezahlten Elternurlaub und flexible Arbeitszeiten sowie spezielle Mentoring-Programme.
Bisher gibt es in der Schweiz nur ein Unternehmen, bei dem der Frauenanteil in den Chefetagen mehr als 25 Prozent ausmacht: Zurich hat drei Frauen im Top-Management. Ansonsten haben nur Roche, Novartis und UBS je zwei Konzernleitungs-Managerinnen. Alle anderen haben nur eine oder gar keine Top-Kaderfrau.
Insgesamt gibt es heute 16 Schweizer Unternehmen, die komplett auf Frauen im Verwaltungsrat verzichten. Dazu gehören beispielsweise Alpiq, Gategroup, Oerlikon oder Stadler.
Firmenchefs gefordert
Dem aktuellen Report zufolge beschäftigen 88 Prozent der Unternehmen mindestens eine Verwaltungsrätin. Noch nie wurden so viele vakante VR-Sitze mit Frauen besetzt. Doch im aktuellen Tempo könne die magische Marke von 30 Prozent nicht geknackt werden, sagt Headhunter Guido Schilling, der jährlich den Frauenanteil an der Spitze von Schweizer Unternehmen untersucht. Um dieses Ziel ohne gesetzliche Regelung zu erreichen, seien die höchsten Lenker in den Firmen gefordert.
Mit einem Anteil von jeweils 45 Prozent und 40 Prozent ist der Anteil von Ausländern in den hiesigen Geschäftsleitungen und Verwaltungsräten sehr hoch. Dass die Schweiz zur Besetzung der Top-Jobs weiterhin auf Zuwanderung aus dem Ausland angewiesen ist, bereitet Schilling Sorge.
Besser als in der Privatwirtschaft haben es Frauen im öffentlichen Sektor: Dort wurden im vergangenen Jahr 38 Prozent der vakanten Spitzenpositionen mit Frauen besetzt. Der Schlüssel zu einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis sei die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und das habe die öffentliche Verwaltung schon lange erkannt.
International abgeschlagen
Andere Länder schneiden besser ab: Den Frauenanteil in Unternehmensleitungen auf 30 Prozent gehoben, haben laut einer Studie der Allbright-Stiftung 23 der britischen Unternehmen; in den USA sind es 30 Prozent und in Schweden sogar 34,5 Prozent.
Einen Beitrag dazu leistet etwa eine gesetzliche Frauenquote: Deutschland führte 2016 eine 30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte ein. In den Dax-Unternehmen stieg der Frauenanteil 2018 auf 33 Prozent – deutlich mehr als die 24 Prozent in SMI-Unternehmen.
Doch auch ohne Quote liesse sich das erreichen: Das zeigen Länder wie Grossbritannien, Schweden, Finnland und Dänemark, die eine hohen Frauenanteil haben. Spitzenreiter im europäischen Vergleich ist Frankreich mit einem Anteil von 44 Prozent Frauen im Verwaltungsrat, gefolgt von Norwegen mit 40 Prozent. Schlechter als die Schweiz schneiden in Europa nur zwei Länder ab: Irland mit 19 Prozent und Griechenland mit 9 Prozent.