Kind und Karriere? Passt nur schwer zusammen, so das gängige Urteil, das in den Köpfen vieler Personalchefs umherschwirrt, wie Bettina Wiese, Psychologieprofessorin an der Universität Basel, feststellt. Unflexibel, gedanklich bei Kind und Familie, desinteressiert - so lautet das Verdikt. Häufig allerdings zu Unrecht, wie viele Studien zeigen. Gerade Mütter verfügen über Organisationstalent, sind vielseitig interessiert und bereit, sich zu engagieren, um Position, Einkommen und Unabhängigkeit zu bewahren.
Die Arbeitswelt wartet allerdings nicht auf sie. Vor allem nach einer längeren Familienpause wird es schwierig, auf der Stufe wieder einzusteigen, die vor der Mutterschaft erklommen wurde. Der wichtigste Tipp für den Wiedereinsteig lautet, den Mutterschaftsurlaub kurz und das Pensum möglichst hoch zu halten.
Raus aus der Komfortzone
«Damit tun sich freilich viele Frauen schwer», sagt die deutsche Publizistin Bascha Mika, Autorin des umstrittenen Bestsellers «Die Feigheit der Frauen». Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Väter sind kaum bereit, ihr Pensum zugunsten von Kindern und Familie zu reduzieren. Freundinnen und Verwandte behandeln Frauen als Rabenmütter, wenn sie rasch wieder ins Berufsleben zurückkehren möchten. Hort, Kinderkrippen und Tagesstätten sind so teuer, dass sich der Wiedereinstieg finanziell zumindest kurzfristig kaum rechnet. Und nicht zuletzt: «Viele Mütter richten es sich in ihrer Komfortzone nur allzu gerne bequem ein», kritisiert Mika.
Nur 16 Prozent der Mütter sind in der Schweiz Vollzeit angestellt. Die Hälfte aller Frauen arbeitet weniger als 30 Stunden pro Woche. 90 Prozent der Männer arbeiten dagegen mehr als 39 Wochenstunden. Doch der Trend ist klar. Immer mehr Frauen wollen nach der Mutterschaftspause ihre berufliche Karriere fortsetzen. Oft aus finanziellen Gründen, doch häufig auch weil sie wissen, dass dies der eigenen Zufriedenheit und damit der Harmonie in der Beziehung und so dem Wohl der Kinder dient. «Das Minimum ist, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Denn wenn die Kinder gross sind, bleiben immer noch dreissig Jahre Leben übrig», meint Bascha Mika, heute Chefredaktorin der «Frankfurter Rundschau».
70 Prozent sind das Minimum
Wer sich für die Fortsetzung seiner beruflichen Laufbahn entscheidet, tut gut daran, schon frühzeitig mit seinem Partner ein paar Hürden zu überdenken. Ist eine Pensumsreduktion erforderlich? Wenn ja, welcher Partner arbeitet künftig noch wie viel? Unter 70 Prozent sollte das Pensum bei beiden nicht fallen, wenn eine Fortsetzung der Karriere angestrebt wird.
Sind die partnerschaftlichen Fragen geklärt, gilt es, die Vorgesetzten und die Personalabteilung zu überzeugen. Denn eine Wiedereinstiegsgarantie gibt es nur im direkten Anschluss an den Mutterschaftsurlaub, also nach 14 Wochen. Und auch die Anstellungsbedingungen, insbesondere das Arbeitspensum, müssen grundsätzlich unverändert bleiben. Alles andere ist Verhandlungssache.
Netzwerke gut pflegen
Gute Karten hat, wer im Anschluss an den gesetzlichen Mutterschaftsurlaub nur gerade einen unbezahlten Monat anhängen will. Gibt die angehende Mutter auch noch ein paar Ferientage daran, steigt die Bereitschaft zu einem Entgegenkommen auf Arbeitgeberseite meist sprunghaft.
Der Wunsch nach einer Pensumsreduktion ist schwieriger durchzusetzen. Mehr als 20 Prozent weniger sollten es nicht sein. Und das verbleibende Pensum sollte nicht unter 60 Prozent fallen, sonst wächst die Gefahr, dass der Arbeitgeber nicht mitspielt. Wer Karriere machen will, sollte mindestens 80 Prozent weiter arbeiten, besser wäre ein Vollpensum.
Doch auch während des Mutterschaftsurlaubs kann die Frau viel tun: Fachliteratur lesen, Branchenveranstaltungen besuchen, den Berufsund Genderorganisationen beitreten, fachspezifische Newsletter abonnieren, das Netzwerk aktiv pflegen, bei Bedarf einen Coach beiziehen und Weiterbildungskurse belegen.