Velofahren, Bergsteigen, Marathonlaufen – der ehemalige CEO der Swisscom, Carsten Schloter, galt sowohl sportlich, als auch in seiner Managerposition als verbissen. In Führungspositionen scheint der Leistungssport Anklang zu finden. So spielte Heinz Karrer, neuer Präsident des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse, lange Zeit Handball in der Schweizer Nationalmannschaft.
Pascal Jenny, Organisator des «Sport Unternehmer Forum» und Tourismusdirektor in Arosa, versucht eine Brücke zwischen den Bereichen Sport und Wirtschaft zu schlagen – und lädt dazu in dieser Woche zu den Themen «Spitzensportler als heute erfolgreiche Wirtschaftleute» und «Wirtschaftliches Netzwerken» diverse Unternehmer und ehemalige Spitzenhandballer ein. Neben Wetter-Moderator Felix Blumer referieren die Aargauer SP-Ständerätin Pascale Bruderer und der Ökonom Klaus Wellershoff, heute CEO von Wellershoff und Partner.
Wieso ist Ihnen – gerade auch in Ihrer Rolle als Tourismusdirektor von Arosa – die Verknüpfung von Sport und Wirtschaft wichtig?
Pascal Jenny: Nehmen wir das Beispiel Arosa: In dieser Region ist der Sport sehr stark verankert. Zudem hat die Wirtschaft hier ebenfalls eine lange Tradition – dies zum einen aufgrund der hohen Tourismusabhängigkeit von Arosa und zum andern wegen der vielen Gäste aus der Führungsebene, welche ökonomische Denkweisen in unser Bergdorf bringen. Damit meine ich nicht nur die Schönen und Reichen, denn auch etliche KMUs haben sich bei uns niedergelassen. Der Sport macht Arosa gleichzeitig zu einer wichtigen Tourismusregion.
Was hat Ihnen der Handball in beruflicher Hinsicht gelernt?
Der Handball war neben meinem Studium und der Ausbildung die wichtigste Erfahrung für meine berufliche Tätigkeit. Man muss sich schon sehr früh im Team profilieren können und hat oft einen autoritären, klaren Vorgesetzten vor sich. Zudem sieht man beim Sport das Resultat schneller als sonst wo, damit muss man lernen umzugehen. Auch damit, dass man direkt kritisiert wird, aber wiederum auch gelobt.
Auch der neue Economiesuisse-Direktor Heinz Karrer übte Handball als Spitzensport aus. Glauben Sie, dass er unter anderem durch den Spitzensport ein so erfolgreicher Manager geworden ist?
Heinz Karrer war ein sehr guter Handballspieler. Ich denke, dass der Sport sicherlich ein wichtiger Faktor in seiner Laufbahn ist – das sagt er ja auch selbst. Wenn man einmal die Managerposition inne hat, ist vor allem die Erfahrung im Team unabdingbar. Als Führungsposition im Handball merkt der Leader schnell, dass eine Mannschaft um ihn herum bestehen muss, sonst funktioniert es nicht. Der Leader sollte aber auch mal jemanden anderen vorne hinstellen können.
Welche für die Karriere wichtigen Fähigkeiten bringt der Spitzensport hervor?
Hier muss man den Einzel- vom Teamsport unterscheiden: Beim Einzelsport lernt man sicherlich zu kämpfen, aber auch mit Sieg und Niederlage umzugehen. Der Teamgedanke jedoch, der in einer Managerposition extrem wichtig ist, kann man im Einzelsport weniger gut erlernen. Dass der Teamgedanke sehr wichtig ist, zeigt auch meine Erfahrung: Ich kenne im Vergleich zu ehemaligen Teamsportlern weniger Einzelsportler, die in Unternehmen grosse Teams führen.
Wo haben Spitzensportler erfahrungsgemäss Mühe im Beruf?
Hierbei muss man sich zwei Sachen bewusst werden: Das eine ist Geduld, die gelernt werden muss. Dies beherrschen nur wenige. Im Sport ist es oft so, dass man mit den Teammitgliedern ab und an zu wenig Geduld hat. Irgendwann kommt der Sportler aber zur Einsicht, dass er nur so gut ist, wie das schwächste Glied in der Kette. Es braucht also jedes einzelne Teammitglied, um erfolgreich zu sein. Der zweite wichtige Punkt ist, dass man als Manager die Teamkollegen nicht überfordert. Im Spitzensport ist man sich einen hohen Rhythmus gewohnt, was ihm Beruf sicherlich nicht funktioniert. Ein erfolgreicher Manager aus dem Spitzensport ist der, der die Ansprüche auch mal herabsetzen kann. Im Grunde hat ein Hochleistungs-Sportler sehr oft zu hohe Ansprüche an sich selbst und auch an sein berufliches Umfeld, das ist wohl ein Faktum.
Welche Persönlichkeitsmerkmale haben Handballspieler typischerweise?
Wir sind taktisch denkende Berufsleute aus dem Sport. Handball ist meines Erachtens die strategisch anspruchsvollste Sportart, die es gibt. Ausserdem auch sehr komplex zu verstehen. Mir persönlich hat dies vor allem geholfen, vernetzt zu denken.
Welche Sportart bringt Ihrer Meinung nach die für den Beruf erfolgreichsten Persönlichkeitsmerkmale hervor?
Da muss ich ja fast Handball sagen (lacht). Nein, ich denke auch andere strategische Sportarten wie Volleyball, Basketball sind in beruflicher Hinsicht sehr von Vorteil. Denn da benötigt man aufgrund fehlender finanzieller Anreize im Sport, parallel zur schulischen, eine sportliche Ausbildung. Schlussendlich hat man also zwei Ausbildungen gemacht, was sich später im Beruf auszahlt. Weniger sinnvoll für einen Managerberuf sind Sportarten, die durch hohe finanzielle Mittel unterstützt werden, wie beispielsweise Fussball, wo bereits junge Spitzensportler die berufliche Ausbildung vernachlässigen können.
Inwiefern zahlt sich eine duale Karriere später im Beruf aus?
Spitzensportler kommen dadurch, dass sie die Doppelbelastung kennen, in beruflichen Situationen sicherlich besser zurecht. Das lernt man bereits in jungen Jahren. Diese Doppelbelastung erfuhr ich vor allem in meiner Kantizeit: Da bin ich Morgens in den Schulunterricht gegangen, habe teilweise über Mittag trainiert, dann wieder zum Schulunterricht und bin dann am Abend noch ins Mannschaftraining. Dies führt zu einer hohen Präsenzzeit und gleichzeitig zu einer Belastung, mit der man lernt umzugehen. Man sollte im Alter aber auch vorsichtig sein und sich nicht selbst überschätzen. Irgendwann kommt man an den Punkt, wo diese Doppelbelastung zuviel wird und dies unter Umständen auch gefährlich werden kann.
Von welcher Sportart kann ein Manager mehr profitieren: Einzel- oder Teamsport?
Eine körperliche Betätigung im Team aber auch eine abwechselnde Tätigkeit, wie beim Ballsport, kann für die Managerposition eine wichtige Erfahrung sein. Diese zwei Dinge sind sicherlich intellektuell herausfordernder, als 'nur' auf einem Velo zu sitzen und zu fahren. Da sehe ich schon einen wichtigen Unterschied.