Nicht wenige Manager und Managerinnen verfolgen ihre eigene Agenda, anstatt eine nachhaltig erfolgreiche Unternehmensentwicklung anzustreben. Um die Handlungen des Managements mit den Interessen der Aktionäre und Aktionärinnen in Einklang zu bringen, enthalten die Vergütungspakete der meisten börsenkotierten Konzerne sogenannte aktienbasierte Instrumente oder SBC («stock-based compensation»).

Es herrschte lange Zeit die Auffassung vor, dass aktienbasierte Programme keinerlei Kosten verursachen würden. Schliesslich könnten Unternehmen Aktien auf Knopfdruck generieren, wenn die Ansprüche fällig werden. Doch ist diese Rechnung aus Sicht der Anlegerinnen und Anleger fair?    

Aktienoptionen haben zwar keine unmittelbare Auszahlung zur Folge. Allerdings erhöhen diese in den Folgejahren die Zahl der Aktien des Unternehmens. Will das Unternehmen einer solchen Wertverwässerung entgegentreten, muss es Aktien zurückkaufen. Dafür ist Geld nötig – für Aktionäre entstehen also sehr wohl Kosten.    

Aktienpakete werden immer grosszügiger  

Die Unternehmen des S&P 100 haben ihrem jeweiligen Management allein 2021 aktienbasierte Vergütungen von mehr als 112 Milliarden Dollar gewährt. Der seit dem Jahr 2012 bestehende Aufwärtstrend setzt sich somit abermals mit einem neuen Rekordwert fort – wobei die Geschwindigkeit des Anstieges jüngst noch einmal zulegte.    
 

Über den Autor  

Kai Lehmann ist seit 2014 Senior Research Analyst bei Flossbach von Storch in Köln. Ausserdem ist er Lehrbeauftragter an der TH Köln.  

Setzt man die SBC-Aufwendungen ins Verhältnis zum erzielten Umsatz oder operativen Gewinn, relativiert sich der starke Anstieg angesichts des Unternehmenswachstums zwar etwas. Dennoch bestätigen auch diese Relationen den Trend zu immer umfangreicheren Programmen.

In den vergangenen Jahren entsprachen die SBC-Aufwendungen rund 8 Prozent des erzielten operativen Gewinns, was etwa 1,5 Prozent der ausgewiesenen Umsätze entspricht. Noch vor zehn Jahren waren die beiden Relationen nur in etwa halb so hoch.    

Zu den Branchen mit den üppigsten Aktienoptions-Programmen zählen traditionell die Technologiekonzerne und die Banken. So lag das Verhältnis von Aufwand zum operativen Ergebnis bei den Technologieunternehmen aus dem US-Aktienindex S&P 100 in den vergangenen zehn Geschäftsjahren bei stolzen 14,5 Prozent – Tendenz steigend. Im Geschäftsjahr 2021 lag die Relation bei Alpha und Meta sogar bei rund 20 Prozent und bei Amazon bei mehr als 50 Prozent. Bei den Banken ist hingegen ein rückläufiger Trend erkennbar.    

Kosten werden unterschätzt  

Diese Betrachtungen geben die ökonomische Realität nur unzureichend wieder. Das wahre Ausmass der Kosten, das den Firmen und ihren Aktionären tatsächlich entsteht, wird durch die geltenden Bilanzierungsregeln oftmals unterschätzt. Denn die Schätzungen des sogenannten Fair Value werden nur einmalig zum Zeitpunkt der Gewährung vorgenommen.

Steigen die Aktienkurse nach der Zuteilung bis zur finalen Übertragung an, wird es für die Konzerne teurer. Diese dann höheren Kosten werden in den Gewinn- und Verlustrechnungen nicht mehr erfasst.    

Eine Annäherung an die wahren Kosten gelingt, wenn man der Frage nachgeht, was der Ausgleich der entstandenen Verwässerung des Aktienbestands kosten würde. Wegen der in den vergangenen Jahren zum Teil deutlich gestiegenen Aktienkurse lagen diese Kosten im Durchschnitt Jahr für Jahr etwa 30 bis 40 Prozent über den Beträgen, die die Unternehmen in ihren Berichten ausgewiesen haben. Im Gegensatz zu Aktienrückkäufen werden diese «Verwässerungskosten» durch Optionsprogramme von Unternehmen nicht offen kommuniziert.    

Positive und negative Entwicklungen angemessen berücksichtigen  

Voraussetzung für eine wirkungsvolle Angleichung von Manager- und Eigentümerinteressen sind Beteiligungsprogramme, die langfristig ausgerichtet und transparent sind. Manager sollten weder für Entwicklungen ausserhalb ihres Einflussbereichs honoriert werden, noch sollte ihre Risikobereitschaft aus der Angst vor einer unbegrenzten Verlustbeteiligung negativ beeinflusst werden.    

So oder so handelt es sich bei aktienbasierten Vergütungen keinesfalls um die eierlegende Wollmilchsau, mit der eine Harmonisierung von Manager- und Aktionärsinteressen ohne jegliche Kosten erreicht wird – und sich obendrein noch Steuern sparen lassen. Vielmehr laufen Aktionäre Gefahr, dass ihre Ansprüche durch die Hintertür verwässert werden.      

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