Mit der Credit Suisse sitzt ab Montag erstmals eine Grossbank auf der Anklagebank des Schweizer Bundesstrafgerichts. Die Staatsanwälte werfen dem Institut und einer ehemaligen Mitarbeiterin Geldwäsche für einen bulgarischen Kokainhandelsring vor. Bei einer Verurteilung droht dem Institut eine Zahlung von rund 42,4 Millionen Franken. Schwerer ins Gewicht fallen dürfte allerdings die potenzielle Rufschädigung für die Bank, die auf eine Reihe von Skandalen und Verfahren zurückblickt. Die Credit Suisse bestreitet die Anklagepunkte.
Die 515 Seiten lange Anklageschrift liest sich wie ein Krimi. Im Zentrum steht der frühere bulgarische Spitzenringer Evelin Banev. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks wurde er Unternehmer, scheute dabei aber auch vor kriminellen Handlungen nicht zurück: In Italien und Bulgarien wurde er wegen Drogenschmuggels zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
Banevs Clan wird die Einfuhr von mehreren Dutzend Tonnen Kokain von Südamerika nach Europa mittels Kurieren per Boot und Flugzeug zur Last gelegt. Er selbst tauchte 2015 unter und wurde im September letzten Jahres in der Ukraine festgenommen. Er und sein Rechtsvertreter konnten von der Nachrichtenagentur Reuters nicht erreicht werden.
Credit Suisse stellt sich vor Ex-Angestellte
In der Schweiz ist Banev nicht angeklagt, sondern nur zwei mutmassliche Helfer und die ehemalige Anlageberaterin der Bank. «Die Credit Suisse weist die in dieser vergangenheitsbezogenen Angelegenheit gegen sie erhobenen Vorwürfe in aller Form zurück und ist auch von der Unschuld ihrer ehemaligen Mitarbeiterin überzeugt», erklärte das Institut.
Eine zweite, verwandte Anklage wirft einem ehemaligen Julius-Bär-Banker vor, dem Drogenhandelsring bei der Geldwäsche geholfen zu haben. Ein Anwalt des Bankers reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme. Die Bank Bär, die selbst nicht angeklagt ist, wollte keine Stellung nehmen.
Millionen in ein Schliessfach gebracht
Ein Vertrauensmann Banevs brachte der Anklageschrift zufolge in Rollkoffern Millionen an Bargeld in gebrauchten Scheinen zur Credit Suisse und legte das Geld in ein Schliessfach. Er wurde 2005 erschossen, als er mit seiner Frau ein Restaurant in Sofia verliess. Die Beraterin habe mit der Abwicklung von Finanztransaktionen von über 146 Millionen Franken dazu beigetragen, die kriminelle Herkunft des Vermögens zu verschleiern, so die Staatsanwälte.
Ein Vertreter ihrer Anwaltskanzlei erklärte: «Unsere Mandantin ist unschuldig und ist empört über die Anschuldigungen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass sie vollständig freigesprochen wird.» Die Anwälte der beiden angeklagten mutmasslichen Bandenmitglieder lehnten eine Stellungnahme ab.
Zu Zeiten des Bankgeheimnisses
Die Vorfälle fallen in eine Zeit, als die Vorgaben in der Schweiz zur Verhinderung von Geldwäsche noch laxer waren. Damals war es auch nicht unüblich, dass Kunden, die Steuern in ihren Heimatländern hinterziehen wollten, Bargeld bei Schweizer Banken deponierten. Erst einige Jahre später wurde dann das Bankgeheimnis unter massivem Druck des Auslandes aufgehoben.
Die Staatsanwälte werfen der Credit Suisse vor, zwischen 2004 und 2008 nicht alle erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen zu haben, um Geldwäsche der kriminellen Organisation zu verhindern. Die Credit Suisse stellt sich einer der Bank nahestehenden Person zufolge aber auf den Standpunkt, die damaligen regulatorischen Standards eingehalten zu haben.
Die Anklage müsse auch beweisen, dass das Geld aus Verbrechen stamme. Denn Banev und seine Bekannten hätten mit Hotels, Bau und Leasing auch legale Geschäfte betrieben. Die Anklage müsse zudem belegen, dass die ehemalige Kundenberaterin gewusst habe, dass es sich um illegal erworbenes Geld handelte. Und schliesslich dürfte die Bank vor Gericht auch eine Verjährung ins Feld führen, so die Person.
Der Prozess in Bellinzona ist auf rund vier Wochen angesetzt. Das Urteil dürfte aber erst einige Wochen später fallen. Die Credit Suisse kann das Urteil dann an zwei anderen Gerichten anfechten.
(reuters/gku)