2021 ist die Leerstandsrate in der Schweiz das erste Mal seit zwölf Jahren gesunken. Wir sehen die Gründe dafür einerseits in der höheren Nettozuwanderung aus dem Ausland und andererseits vor allem auch in der geringeren Anzahl an Schweizerinnen und Schweizern, die das Land 2020 verlassen haben.

Verantwortlich hierfür waren höchstwahrscheinlich die pandemiebedingten Unsicherheiten im Ausland und insbesondere im Euro-Raum. Diese Entwicklung dürfte 2022 anhalten, denn die Unsicherheiten im Euro-Raum und höhere Reallöhne in der Schweiz stärken den Anreiz für einen Zuzug beziehungsweise für das Verbleiben.  

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Nationalbank warnt  

Entwicklungen, die dem Schweizer Wohnimmobilienmarkt die gewünschte Unterstützung bieten, im Gegenzug wegen der hohen Nachfrage der Investoren aber auch die Preise steigen lassen: Diese haben jüngst auch die Schweizerische Nationalbank dazu bewegt, für Wohnrenditeliegenschaften eine Risikowarnung auszusprechen.

Über die Autorin

Francesca Boucard ist Mitglied von Wipswiss und Head Real Estate Research & Strategy bei Swiss Life Asset Managers. Sie ist für die Analyse der europäischen Immobilienmärkte verantwortlich. Ihr Volkswirtschaftsstudium absolvierte sie an den Universitäten Bern und Zürich.

Für Investoren sind diese starken Preissteigerungen der letzten Jahre in so gut wie allen Nutzungsklassen an zentralen Lagen genau zu beobachten.  

Logistik bleibt weiterhin eine Nische  

Bei den Retailflächen ist das Umfeld weiterhin anspruchsvoll. Wir rechnen in diesem Sektor längerfristig mit Rückgängen der Mieten, insbesondere in weniger günstigen Lagen. Grund dafür ist die anhaltende Verlagerung zum Online-Geschäft. In Spitzenlagen der Grosszentren können hingegen weiterhin gute Opportunitäten wahrgenommen werden.  

Dort locken dank der Erholung der Tourismusbranche steigende Frequenzen und höhere Standortprämien. Mit dem Anstieg des Online-Handels ist gleichzeitig eine stärkere Nachfrage nach Logistikflächen zu beobachten. Da der Logistikbereich in der Schweiz im Vergleich zu den Nachbarländern nicht nur kleiner, sondern auch verhältnismässig gut durch Service-public-Anbieter wie die Post oder SBB Cargo erschlossen ist, bleibt der Markt für Lagerhallen und Bauten eine attraktive Nische, die von Betreiberimmobilien dominiert wird.  

Büromieter verlangen mehr Flexibilität  

Jüngste Befragungen zeigen, dass zukünftig noch etwa 70 Prozent der Arbeitszeit im Büro verbracht wird. Gleichzeitig nimmt der Flächenbedarf pro Mitarbeitenden zu, da für Flächen für Projektarbeit, Austausch oder ähnliche Nutzungen zusätzlicher Platzbedarf besteht. Dies verlangt von Eigentümern, die Flächen und die Ausstattung sehr flexibel zu gestalten.  

Europa: Kluft zwischen Mietwachstum und Objektpreisentwicklung  

Die Nachfrage von Investoren nach Schweizer Immobilien wird unserer Meinung nach auch 2022 ungebrochen sein, wobei eine genauere Prüfung der Asset Qualität auf Standard, Flexibilität und Mieterbonität unabdingbar ist, gerade bei anhaltend steigenden Preisen.

Wir beobachten teilweise bereits, dass sich die Preisentwicklung zunehmend von der Entwicklung der Fundamentaldaten entfernt, und führen diese wachsende Kluft zwischen Mietwachstum und Objektpreisentwicklung auf die begrenzte Verfügbarkeit derjenigen Objekte zurück, welche die Anforderungen der Anlegerinnen und Anleger erfüllen. Gleiches gilt für ganz Europa.  

Nachhaltigkeit verlangt Investitionen    

Soziale und ökologische Kriterien gewinnen bei Investorinnen und Investoren weiter an Bedeutung. Gleichzeitig nehmen auch staatliche Regulierungen zu, beispielsweise den Lärmschutz oder die Wahl der Heizungen betreffend. Diese steigenden Nachhaltigkeitsanforderungen werden in den Bestandportfolios in den nächsten Jahren höhere Kosten auslösen und entsprechend die Performance der Anlagen beeinflussen.

Aber auch bei Ankäufen muss auf Nachhaltigkeitsstandards und mögliche finanzielle Auswirkungen geachtet werden: Denn spätestens wenn es darum geht, Mieterinnen und Mieter an den Sanierungskosten von Mietwohnungsbauten zu beteiligen, kommt auch das Thema der Erschwinglichkeit von Wohnungsmieten aufs Tapet. In vielen europäischen Städten steht dieses Thema auf der lokalpolitischen Agenda und wird 2022 aus unserer Sicht weiter an Bedeutung gewinnen.         

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